# taz.de -- Kluft zwischen Reich und Arm: Ein Prozent hat mehr als der Rest | |
> Derzeit gehören 48 Prozent des weltweiten Reichtums einem Prozent der | |
> Bevölkerung. Das zeigt eine Studie der Menschenrechtsorganisation Oxfam. | |
Bild: Mehr kaufen, mehr kaufen, mehr kaufen. | |
DAVOS taz | Die Vermögen der Superreichen sind im Vergleich zum Besitz der | |
großen Bevölkerungsmehrheit weltweit stark gestiegen. Die 80 reichsten | |
Personen der Erde besaßen 2014 mehr Kapital als die gesamte ärmere Hälfte | |
der Weltbevölkerung. | |
Das zeigt die Streitschrift „Alles haben und noch mehr wollen“, die die | |
Menschenrechtsorganisation Oxfam anlässlich des Weltwirtschaftsforums im | |
schweizerischen Davos veröffentlicht hat. Das diesjährige privat | |
organisierte Treffen der politischen und ökonomischen Entscheider, zu dem | |
auch immer mehr NGOs anreisen, beginnt am 21. Januar. | |
Die 80 Reichsten kamen demnach auf ein addiertes Vermögen von 1,9 Billionen | |
US-Dollar, nach aktuellem Kurs etwa 1.600 Milliarden Euro. Das ist ein | |
Drittel mehr als noch vor vier Jahren. Ein wesentlicher Grund sind die | |
gestiegenen Aktienwerte der Unternehmen. | |
Winnie Byanyima, Geschäftsführerin von Oxfam International und | |
Co-Vorsitzende des diesjährigen WEF, sagte, die Ungleichverteilung hemme | |
das globale Wachstum. Arme Leute könnten weniger an der Wirtschaft | |
teilnehmen, als es wünschenswert sei. | |
## Seriöse Datenlage | |
Auf der Liste der Superreichen stehen beispielsweise die US-Investoren | |
Warren Buffet (50 Milliarden Euro), Michael Bloomberg (28 Milliarden) und | |
George Soros (20 Milliarden), sowie die Deutschen Ludwig Merckle (sieben | |
Milliarden) und Curt Engelhorn (Boehringer, vier Milliarden). Oxfam hat für | |
diese Berechnungen die Daten der Forbes-Liste der Milliardäre benutzt. | |
Andere Angaben stammen nach Information der Organisation aus den weltweiten | |
Vermögensstatistiken der Schweizer Bank Credit Suisse. Demnach besaß das | |
reichste eine Prozent der Weltbevölkerung im vergangenen Jahr 48 Prozent | |
allen Vermögens. Die übergroße Mehrheit der Erdenbürger – 99 Prozent – | |
teilte sich die übrigen 52 Prozent. Das Vermögen der Reichen hat damit | |
ungefähr wieder die Höhe vom Beginn der 2000er Jahre, also von vor der | |
Finanzkrise, erreicht. | |
## Ziel: Macht und Einfluss | |
Oxfam wies daraufhin, dass die ökonomische Elite ihre wachsenden Einkommen | |
und Vermögen massiv dafür verwende, die Politik zu beeinflussen und dort | |
ihre Interessen durchzusetzen. US-amerikanische Banken, Versicherungen und | |
Fonds hätten 2013 rund 400 Millionen Dollar für Lobbying ausgegeben, der | |
europäische Finanzsektor 150 Millionen. Solche Bemühungen haben laut Oxfam | |
dazu geführt, dass Banken während der Finanzkrise mit Milliarden zu Lasten | |
der Steuerzahler unterstützt wurden. | |
Pharma- und Gesundheitskonzerne hätten in den USA 2013 fast 500 Millionen | |
Dollar für Lobbying aufgewendet, erklärte Oxfam. Hilfen gegen die | |
Ebola-Epidemie in Westafrika seien ihnen dagegen nur kleine Millionensummen | |
wert gewesen. | |
Um die zunehmende Auseinanderentwicklung zu bremsen, forderte Oxfam höhere | |
Steuern für große Vermögen. Die Organisation unterstützt die Idee einer | |
globalen Vermögens- und Kapitalsteuer, die der französische Ökonom Thomas | |
Piketty ins Gespräch gebracht hat. Außerdem sollten die Löhne der | |
Beschäftigten in aller Welt angehoben werden. Statt der kärglichen | |
Mindestlöhne, die heute oft die Untergrenze der Bezahlung darstellten, | |
sollten Arbeitnehmern existenzsichernde Einkommen gezahlt werden – auch in | |
den asiatischen Zulieferfabriken. | |
19 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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