# taz.de -- Citizen Science in der Diskussion: Warnung vor den Biohackern | |
> Im Wissenschaftsbetrieb mögen nicht alle die engagierten | |
> Bürgerwissenschaftler. Sie könnten Sicherheitsstandards unterlaufen, wird | |
> befürchtet. | |
Bild: Bei den Vogelzählungen sind viele „Laienforscher“ dabei. | |
BERLIN taz | Ist Citizen Science eine Gefahr für die Wissenschaft? Schon | |
möglich, antwortete der Physiologe Günter Stock auf die | |
gespielt-provokative Frage, mit der die [1][Helmholtz-Gemeinschaft | |
Deutscher Forschungszentren] Anfang dieser Woche zur Debatte nach Berlin | |
eingeladen hatte. Während die Sprecher der größten deutschen | |
Forschungsorganisation den neuen Trend zur „Bürgerwissenschaft“ für eine | |
gute Sache hielten und unterstützen, hob Günter Stock mahnend den Finger. | |
Sorge bereitet dem Präsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der | |
Wissenschaften und früheren Forschungschef des Pharmaunternehmens Schering | |
die Bewegung des „Biohackings“, die sich in den USA verbreitet. In privaten | |
Garagenlabors werden Erbgutanalysen und Gentech-Experimente durchgeführt. | |
So sollten dort zum Beispiel auch [2][gentechnisch veränderte | |
„Leuchtpflanzen“] produziert werden, die dann weltweit per Internet | |
bestellt werden könnten. | |
Die „Maker-Bewegung“ des Selbermachens bemächtigt sich der Biotechnologie. | |
„Ich sehe das kritisch, weil eventuell Sicherheitsstandards weder | |
eingehalten noch kontrolliert werden können“, mahnte Stock. | |
„Aufgrund mangelnder umfassender Kenntnis der möglichen Folgen könnte es | |
also zu unerwünschten Nebeneffekten kommen, was wiederum der Wissenschaft | |
selbst schaden könnte.“ Johannes Vogel, Leiter des Museums für Naturkunde | |
in Berlin und Förderer der Internetplattform „Bürger schaffen Wissen“, | |
begrüßte das zivilgesellschaftliche Engagement für die Forschung | |
rundheraus. Dies treffe sich mit der „Bringschuld der Wissenschaft“ | |
gegenüber der Gesellschaft. | |
Ob durch Citizen Science auch neue Themen eingebracht werden können, deren | |
Bearbeitung das Wissenschaftssystem bisher verweigert hatte, wurde in der | |
der Diskussion nur angerissen, aber zu wenig vertieft. | |
Dass Wissenschaft eines außerwissenschaftlichen „Korrektivs“ bedarf, war | |
erstaunlicherweise allgemeiner Konsens in der Helmholtz-Runde. Stock | |
wiederholte seine Kritik am Einfluss zivilgesellschaftlicher Organisationen | |
auf die Forschungspolitik, [3][worüber die taz im Sommer berichtet] und | |
damit eine breite Diskussion in der Wissenschaftspolitik ausgelöst hatte. | |
Der Einfluss derartiger Pressure Groups auf die Forschung könne verheerend | |
sein, warnte Stock am Beispiel der Entlassung der EU-Wissenschaftsberaterin | |
Anne Glover. „Und in der grünen Gentechnik liegt Deutschland um 15 Jahre | |
gegenüber USA zurück“, konstatierte der Akademiepräsident. Womöglich aber | |
auch Glück im Unglück: So sind hierzulande viel weniger | |
bürgerwissenschaftliche Biohacker unterwegs. | |
22 Jan 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.helmholtz.de/wissenschaft_und_gesellschaft/die-bringschuld-liegt… | |
[2] http://www.glowingplant.com/ | |
[3] /Demokratisierung-der-Wissenschaft-/!141685/ | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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