| # taz.de -- Heinz Buschkowsky tritt ab: Tschüs, Großmäulchen! | |
| > Der Mann mit der großen Klappe geht. Berlin-Neuköllns Bürgermeister, seit | |
| > fast 15 Jahren im Amt, hat seinen Abschied für den 1. April verkündet. | |
| Bild: Heinz Buschkowsky in typischer Chefpose. | |
| BERLIN taz | Eine Ära geht zu Ende. Anders kann ein Text wohl nicht | |
| anfangen, wenn der berühmteste Bezirksbürgermeister Berlins seinen Abschied | |
| ankündigt. Heinz Buschkowsky, Neuköllner Bürgermeister für insgesamt fast | |
| 15 Jahre, Bezirks- oder Senatsbeamter sein gesamtes Berufsleben lang, tritt | |
| zum 1. April zurück. | |
| Unerwartet kommt der Abtritt nicht. Der 1948 geborene Sozialdemokrat, | |
| Neuköllner von Geburt, hat das Rentenalter längst erreicht. Unklar war | |
| bislang, ob er sein Amt bis zum Ende der Legislaturperiode behalten würde | |
| oder vorher an seine designierte Nachfolgerin Franziska Giffey, derzeit | |
| Stadträtin für Bildung, übergibt. | |
| Nun also der erste April. Die Wahl dieses Datums verweist auf eine Seite | |
| Buschkowskys, die bei den vielen Kontroversen über seine Person, seine | |
| politischen Haltungen und sein Handeln und Reden für und über seinen Bezirk | |
| kaum zum Vorschein kam: Der Mann hat Humor. | |
| Der zeigte sich etwa, wenn der Bürgermeister, klein und rund von Statur, | |
| bei der Preisverleihung eines Malwettbewerbs vor Neuköllner Grundschülern | |
| seine Hosenträger vorführte und beichtete, dass er die trage, weil er | |
| geträumt habe, er werde seine Hose bei der Rede verlieren. Ein typischer | |
| Kinderalptraum, plötzlich halbnackt dazustehen: Die SchülerInnen kugelten | |
| sich am Boden vor Lachen. Sie mochten den komischen Mann. | |
| Auch dass Buschkowsky an Wochenenden, hemdsärmelig und ohne großes | |
| Aufsehen, bei kleinen Veranstaltungen auftaucht und mit Menschen spricht, | |
| die oft gar nicht wissen, wen sie da vor sich haben, ist vielen nicht | |
| bekannt, die den Bürgermeister nach seinen großen Auftritten und lauten | |
| Sprüchen in überregionalen Fernsehtalkshows beurteilen. | |
| Dort trifft der Bürgermeister auf Menschen, die so sind, wie er sie mag und | |
| möchte: solche, die sich engagieren für ihren Bezirk, Eltern, die ihre | |
| Kinder begleiten, wenn diese im Kinderzirkus auftreten. Da ist es ihm egal | |
| oder vielleicht sogar gerade lieb, wenn darunter Migranten sind. | |
| ## Neukölln, der beliebteste Bezirk | |
| Das klang anders, wenn Buschkowsky seine Talkshow-Auftritte hatte oder | |
| seine Bücher schrieb – „Multikulti ist gescheitert“: Neukölln ein riesi… | |
| Problembezirk, in dem kriminelle arabische Großfamilien ganze Kieze, | |
| türkische Väter ihre Familien terrorisieren und es im Norden keine | |
| ordentliche Currywurst mehr gibt (was übrigens nicht stimmt, bloß ist sie | |
| oft nicht aus Schweinefleisch). | |
| Das haben ihm viele übel genommen, in- und außerhalb Neuköllns und Berlins, | |
| auch in seiner Partei SPD. Dort gilt Buschkowsky vielen als der Praktiker | |
| der Sarrazin’schen Theorie. Doch von den klar rassistischen Thesen seines | |
| Parteigenossen hat sich der Neuköllner Sozialdemokrat nicht nur in seinen | |
| Büchern deutlich distanziert. | |
| Neukölln jedenfalls ist heute, am Ende der Ära Buschkowsky – und auch das | |
| könnte ein Aprilscherz des Bürgermeisters sein –, nicht nur der | |
| bekannteste, sondern auch der beliebteste Bezirk. Trotz oder vielleicht | |
| auch wegen dessen Schwarzmalerei: Junge hippe Zuzügler aus aller Welt | |
| wollen genau hier leben und verkaufen auf dem Designerwochenmarkt des | |
| Bezirks T-Shirts mit Buschkowskys Konterfei und der Aufschrift „The Big B“. | |
| Einfacher macht diese Entwicklung den Bezirk nicht: Vegane Eisdielen | |
| verdrängen türkische Gemüseläden, Modedesigner den arabischen Friseur, | |
| coole Clubs die Altberliner Eckkneipen. Mieten schnellen in die Höhe, Armut | |
| wird verdrängt. Für Buschkowskys voraussichtliche Nachfolgerin bedeutet | |
| das: Sie wird andere, aber nicht weniger Probleme zu lösen haben als „The | |
| Big B“. | |
| Bisher hat sich Bildungsstadträtin Giffey als gelassene Pragmatikerin | |
| gezeigt, weit entfernt von den teils schrillen Tönen des alten Sozis. Man | |
| darf gespannt auf den Moment sein, in dem sie aus dessen Schatten tritt. | |
| 27 Jan 2015 | |
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| Alke Wierth | |
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