# taz.de -- Frauen in der Berliner Politik: Heraus zur Damenwahl! | |
> Nach der Berlin-Wahl im September wird wohl die Hälfte der Bezirke von | |
> Frauen regiert werden. Ändert sich damit auch die Politik? Ein Blick nach | |
> Neukölln. | |
Bild: Nachfolgerin eines harten Hundes und nun seit fast einem Jahr im Amt: Fra… | |
Die Gewinnerin der kommenden Berlinwahlen steht schon fest: die | |
Frauenquote. Nach dem 18. September könnten sechs von zwölf Berliner | |
Bezirken eine Bürgermeisterin an der Spitze haben. Bisher gilt das bereits | |
für Tempelhof-Schöneberg, Neukölln, Lichtenberg und | |
Friedrichshain-Kreuzberg. In Steglitz gilt die jetzige | |
CDU-Bildungsstadträtin Cerstin Richter-Kotowski als gesetzt, in Pankow hat | |
die junge SPDlerin Rona Tietje Chancen. | |
Also erst mal Applaus für die Damen. Und dann die Frage: Was bedeutet diese | |
Nachricht eigentlich? Was ändert sich, wenn eine Frau die Geschicke eines | |
Bezirks lenkt? Ändert sich überhaupt etwas, für Akteure im Kiez, für die | |
frauenpolitische Agenda, im politischen Umgangston – und ist es nicht | |
diskriminierend, eine solche Frage überhaupt zu stellen? Weil es ohnehin | |
egal sein sollte, ob da jetzt ein Mann oder eine Frau sitzt? | |
Zeit also, einmal nach Neukölln zu schauen und sich mit Franziska Giffey zu | |
verabreden, die dort seit beinahe einem Jahr im Amt ist. Natürlich, sagt | |
Giffey, spiele es eine Rolle, dass sie eine Frau ist. Zum Beispiel, wenn | |
Vertreter von konservativen muslimischen Vereinen ihr als Frau nicht die | |
Hand reichen wollen – auch nicht bei einem öffentlichen Termin, wenn sie | |
das Amt repräsentiert. Zum Beispiel, wenn ihr Gegenüber sie erst ernst | |
nimmt „in dem Moment, wenn ich spreche, wenn ich Kompetenz zeige“. | |
Sie hätte nicht gedacht, sagt Giffey, dass sie mal die Feministin in sich | |
entdecken würde. Aber dann erlebe sie eben doch in ihrer täglichen Arbeit, | |
dass man sich das als Frau vehement einfordern müsse: Gleichbehandlung. | |
Augenhöhe. | |
Bezeichnend auch: Horcht man in den Bezirk hinein, bei Vereinen und | |
Stadträten, beschreiben diese den Politikstil ihre Bürgermeisterin mit | |
typisch weiblichen Attributen. Da ist eine, die sich kümmert, die zuhört. | |
Das sagt etwas aus – über Klischeebilder in den Köpfen. Auch wenn jeder | |
sofort einschränkend sagt: Natürlich sei das auch eine | |
Persönlichkeitsfrage. | |
Und ändert sich denn nun etwas an den tatsächlichen politischen Inhalten, | |
wenn eine Frau an die Spitze kommt? In Neukölln fällt Franziska Giffey | |
jedenfalls nicht dadurch auf, dass sie sich nun etwa für klassische | |
Frauenthemen starkmachen würde. | |
Und die CDU-Abgeordnete Hildgard Bentele sagt, wenn mehr Frauen | |
Führungspositionen hätten, bringe das natürlich noch gar nichts, weil es | |
kein Umdenken in der Gesellschaft bewirke – etwa in der Frage, wie sich | |
Männer und Frauen die Familienarbeit aufteilen. | |
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hingegen konstatiert: „Quote | |
wirkt“, und verweist stolz auf den Erfolg von 25 Jahren | |
Landesgleichstellungsgesetz, das in den Landesbetrieben mehr Frauen in | |
Spitzenpositionen gebracht habe – was sich auch auf die private Wirtschaft | |
ausgewirkt habe. Die Männer seien vielerorts nicht mehr unter sich, das | |
verändere natürlich die Wahrnehmung in der Gesellschaft: Frauen in den | |
Topetagen würden zu einer Selbstverständlichkeit. | |
Die „Frauenfrage“, sie bleibt kompliziert. Am 8. März ist wieder Frauentag: | |
„Gemeinsam Grenzen einreißen“ ist das Motto einer großen Demo, die am | |
Sonntag am Rosa-Luxemburg-Platz losmarschiert. Darauf können sich wohl alle | |
irgendwie einigen. | |
Dieser Text ist Teil des aktuellen Themenschwerpunkts in der taz.berlin. | |
Darin außerdem eine lange Recherche und ein Interview, was Frauen laut der | |
CDU-Bildungsexpertin bewegen können. | |
5 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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