# taz.de -- Schuldenkrise in Griechenland: Ein Grexit wäre die teuerste Lösung | |
> Wie lange kann Griechenland ohne Hilfe durchhalten? Und was kostet ein | |
> Euroaustritt? Die EU hält sich mit Antworten zurück. | |
Bild: Tsirpas könnte versuchen den Schuldendienst einzustellen – mit weitrei… | |
BRÜSSEL taz | Wer derzeit in Brüssel erfahren möchte, wie es in | |
Griechenland weitergeht, erntet nur Achselzucken. Nicht einmal die | |
Eurogruppe, die die Verhandlungen mit der neuen Regierung in Athen führt, | |
möchte Auskunft geben. Ihr Chef, der Niederländer Jeroen Dijsselbloem, | |
erklärte knapp, dass ein Schuldenschnitt nicht infrage komme – und kündigte | |
eine Reise nach Athen an. | |
Dabei sind Fakten derzeit die wichtigste Munition im Ringen um die Zukunft | |
Griechenlands. Der frisch gebackene griechische Finanzminister Janis | |
Varoufakis versuchte die Gemüter zu beruhigen: „Ich kann versichern, dass | |
ich in der Eurogruppe keine Lösung suchen werde, die gut für die | |
griechischen, aber schlecht für die irischen, slowakischen, deutschen, | |
französischen und italienischen Steuerzahler ist“, teilte er per Twitter | |
mit – ohne aber Zahlen zu nennen. | |
Am 28. Februar läuft das aktuelle, 1,8 Milliarden Euro schwere | |
Hilfsprogramm aus. Danach kommt eine Anschlussfinanzierung – oder Athen | |
geht pleite. An den Finanzmärkten kann sich Griechenland nicht mehr | |
finanzieren, nachdem die deutsche Kampagne für einen Euroaustritt die | |
Zinsen in die Höhe getrieben hat. Theoretisch könnte Athen trotzdem noch | |
eine Weile ohne EU-Hilfe durchhalten. | |
Nach all den harten Sparmaßnahmen erwirtschaftet Griechenland wieder einen | |
Primärüberschuss – also ein Budgetplus vor dem Schuldendienst. Laut | |
Internationalem Währungsfonds IWF könnte es dieses Jahr 3 bis 5 Prozent | |
erreichen. Das sollte für die laufenden Geschäfte genügen. | |
## Es reicht nicht | |
Allerdings: Es reicht nicht, um auch noch die Schulden zurückzuzahlen. | |
Allein an Zinsen werden im Februar und März 4 Milliarden Euro fällig. Im | |
Sommer kommen dann die dicken Brocken: 2,62 Milliarden werden im Juni an | |
Schulden fällig, im Juli 5,12 Milliarden und im August 3,69 Milliarden | |
Euro. Mit 6,68 Milliarden davon steht Athen bei europäischen Institutionen | |
in der Kreide. | |
Experten sprechen von einem „verfluchten Sommer“. Die neue Linksregierung | |
könnte allerdings versuchen, den Fluch gegen Brüssel zu wenden und den | |
Schuldendienst einfach einzustellen. Gleichzeitig könnte sie eine neue | |
Parallelwährung für innergriechische Geschäfte einführen. Diese Idee hatte | |
die Commerzbank schon 2012 vorgeschlagen, auf dem Höhepunkt der Eurokrise. | |
Das würde die Europäische Zentralbank wohl nicht lange mitmachen. | |
Wenn die EZB den griechischen Banken den Geldhahn abdreht, ist Schluss. | |
Dann ist das Land pleite, und der Schuldenberg von 317 Milliarden Euro | |
(fast 180 Prozent der Wirtschaftsleistung) würde womöglich nie | |
zurückgezahlt. | |
Das wiederum würde vor allem die Eurozone treffen, die rund 60 Prozent der | |
griechischen Schulden hält. Beim IWF liegen nur 10, bei der EZB nur 6 | |
Prozent. Die größte Summe müsste dann wohl Deutschland abschreiben. | |
Deutsche Kredite belaufen sich geschätzt auf 65 Milliarden Euro. Bei einem | |
Schuldenschnitt käme Berlin vermutlich günstiger weg. | |
28 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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