# taz.de -- IG-Metall-Vorstand über ÖPP: „Der Staat ist in der Verantwortun… | |
> IG-Metall-Vorstand Wolfang Lemb lehnt Öffentlich-Private Partnerschaften | |
> nicht ab. Privatkapital sei bei knappen Kassen kein Problem. | |
Bild: Wer finanziert die Straßen? | |
taz: Herr Lemb, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat eine Kommission | |
einberufen, die womöglich neue Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) | |
entwickelt. Warum machen Sie da mit? | |
Wolfgang Lemb: Wir wurden vom Minister eingeladen, vermutlich weil wir als | |
IG Metall seit vielen Jahren eine beteiligungsorientierte | |
Wirtschaftspolitik einfordern. Die Aufgabe der Kommission ist zudem nicht, | |
ÖPPs vorzubereiten, sondern insgesamt Möglichkeiten zu finden, den | |
Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur aufzulösen. Dass es den | |
gibt, bezweifelt ja keiner mehr. | |
In der Kommission sitzen große Versicherungskonzerne. Denen geht es nicht | |
um Infrastruktur, sondern um renditestarke Anlagemöglichkeiten in Form von | |
ÖPPs. Dienen Sie Gabriel als Feigenblatt? | |
Ich bestreite nicht, dass es in der Kommission unterschiedliche Sichtweisen | |
gibt. Unsere Position als Gewerkschaft ist, dass es eine Verantwortung des | |
Staates für öffentliche Investitionen gibt. Darum fordern wir, dass | |
öffentliche Investitionsausgaben bei der Berechnung der Schuldenbremse | |
nicht berücksichtigt werden. Dadurch hätte man bis 2018 einen Spielraum von | |
150 Milliarden Euro, ohne von den Restriktionen der Schuldenbremse | |
gefesselt zu sein. | |
Aber lehnen Sie ÖPP ab? | |
Wir sehen zunächst den Staat in der Verantwortung. Aber wenn man zu dem | |
Ergebnis kommt, dass das alles nicht ausreicht, dann schließen wir auch | |
ÖPPs nicht aus. Das heißt aber nicht, dass wir solche Modelle favorisieren. | |
Eine Alternative aus unserer Sicht wäre beispielsweise, Anleihen | |
herauszubringen, bei denen der Staat weiter entscheidet, welche | |
Investitionsfelder bedient werden. Dieses Anleihekonzept sollte soziale | |
Belange berücksichtigen – also nicht zur Finanzierung hoher Renditen für | |
private Investoren dienen. | |
Wie soll so eine Anleihe ohne Beteiligung Privater funktionieren? | |
Private Investoren bringen die Gelder, aber der Staat muss die Kontrolle | |
darüber haben, wofür das Geld verwendet wird – und die Höhe der Rendite | |
muss begrenzt werden. Das Geld sollte zur Gestaltung der Energiewende, für | |
Verkehrsinfrastruktur, für Forschung und Bildung und die Verbesserung der | |
digitalen Infrastruktur verwendet werden. | |
Wer soll diese Anleihen denn ausgeben? | |
Eine Möglichkeit wäre etwa die staatliche Förderbank KfW. Sie könnte das | |
allerdings nicht alleine abwickeln. Es gibt noch kein fertiges Modell. | |
Wenn private Investoren Geld für Infrastruktur geben, ist das ein ÖPP, das | |
sagt sogar Hans Eichel. | |
Noch mal: Wir sind keine Befürworter von ÖPP-Modellen. Private können nicht | |
alles besser als der Staat. Nach Feststellung des Bundesrechnungshofes sind | |
Öffentlich-Private Partnerschaften bei fast allen Autobahnen teurer als | |
eine öffentlich konventionelle Finanzierung. | |
Aber was Sie schildern, ist ein ÖPP. | |
Zunächst muss man doch noch mal festhalten, dass der Staat sich zurzeit so | |
günstig Geld leihen kann wie nie zuvor. Das ist der Vorteil staatlicher | |
Anleihen gegenüber anderen Lösungen. Wenn sich das aber nicht in | |
praktisches politisches Handeln umsetzen lässt, dann müssen andere Modelle | |
diskutiert werden. Dann plädieren wir für einen öffentlich gesteuerten | |
Zukunftsfonds. | |
Der Abschlussbericht soll demnächst fertig sein. Glauben Sie, dass Sie sich | |
mit der Allianz auf eine gemeinsame Position einigen können? | |
Das hängt davon ab, wie weit unsere Vorschläge Berücksichtigung finden. | |
Tatsache ist: Wir werden erst am Ende eine Entscheidung treffen, ob wir den | |
Bericht mittragen oder nicht. | |
Vielleicht sind die Interessen ja gar nicht so gegensätzlich. Bei der | |
MetallRente, in die 500.000 Ihrer Mitglieder einzahlen, kooperieren Sie mit | |
Allianz und Ergo. Kommt es Ihnen vielleicht ganz gelegen, wenn die | |
Versicherungen durch die Kommission schöne Renditen bekommen? | |
Ich bitte Sie, da unterstellen Sie einen Zusammenhang, den ich zurückweise. | |
Ja, wir kooperieren für die MetallRente mit der Allianz. Aber das | |
beeinflusst doch nicht unsere politischen Entscheidungen. | |
10 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
Kai Schlieter | |
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