Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Stromtrassen: Hochspannung im Ausschuss
> Der Bund und Bayern suchen nach einer Lösung im Streit um den Netzausbau.
> Das Klima zwischen den Kontrahenten ist inzwischen sehr gereizt.
Bild: Reichen die? Stromtrassen in Bayern
FREIBURG taz | Ob am Dienstagabend der Durchbruch gelingt im Streit um die
Stromtrassen? Dann nämlich wird der Koalitionsausschuss zusammenkommen, um
endlich eine gemeinsame Linie in dieser schwierigen Angelegenheit zu
finden. Auf der einen Seite wird Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer
(CSU) stehen, der neue Hochspannungsleitungen in seinem Land ablehnt,
unterstützt von zahlreichen Bürgerinitiativen und manchen Umweltverbänden.
Auf der anderen Seite Bundeswirtschaftminister Sigmar Gabriel (SPD), der
die neuen Trassen für zwingend hält, um Windstrom aus dem Norden in den
Süden zu bringen. Er wiederum hat seine Mitstreiter unter anderem in den
Branchenverbänden der erneuerbaren Energien.
Das Klima zwischen Bayern und dem Bund ist in dieser Frage inzwischen sehr
gereizt. Auch der „Bayerische Energiedialog“, in dessen Rahmen Experten und
Lobbyisten monatelang über das Thema diskutierten, ging Anfang Februar ohne
ein greifbares Ergebnis zu Ende.
Am Wochenende wurde nun bekannt, dass Gabriel offenbar bereit ist, Bayern
Zugeständnisse zu machen: Die neue Leitung von Wolmirstedt bei Magdeburg
ins bayerische Gundremmingen – die sogenannte Süd-Ost-Trasse – könnte
weitgehend entlang bestehender Routen geführt werden. Dafür müssten die
Masten nur um ein paar Meter erhöht werden, heißt es. Und wo es keine
Masten gibt, sollen die Kabel in der Erde verlegt werden.
Eine zweite Trasse unterdessen, die von Wilster in Schleswig-Holstein nach
Grafenrheinfeld in Bayern führen soll – Projektname: SuedLink –, könnte
Seehofer als Verhandlungsmasse nutzen, um Unterstützung für bayerische
Gaskraftwerke herauszuschlagen. Denn Seehofer kommt es vor allem auf eines
an: Er will vermeiden, dass Bayern am Ende nur anderen Bundesländern Strom
abkauft und damit Anteile an der Wertschöpfung im Strommarkt verliert.
## Nur ein Aspekt
Doch solche regionalen Interessen sind nur ein Aspekt in der
vielschichtigen Debatte über die Notwendigkeit von Stromtrassen. Denn auch
aus energiepolitischer Sicht gehen die Meinungen darüber, ob und wie nötig
neue Stromautobahnen sind, auseinander. Während Energieminister Gabriel
immer wieder betont, neue Nord-Süd-Verbindungen seien unverzichtbar für die
Energiewende, widersprechen andere.
Der in Aachen ansässige Solarenergie-Förderverein Deutschland zum Beispiel
stützt Seehofers Position. Es sei zu befürchten, dass die Leitungen „in
Schwachwindzeiten hauptsächlich klimaschädlich erzeugten billigen
Braunkohlestrom nach Bayern transportieren werden und damit dessen Absatz
steigern“. Die geplanten Stromtrassen dienten somit „allenfalls dem
Stromhandel, nicht aber dem Klimaschutz“.
Ähnlich argumentiert auch der Bund für Umwelt und Naturschutz: „Die
umstrittene Gleichstromtrasse Süd-Ost ist in dieser Form für eine
dezentrale Energiewende nicht nötig.“ Ebenso kritisch steht auch die
Vereinigung Eurosolar den Hochspannungstrassen gegenüber: Gerade ein
dezentraler Ausbau der erneuerbaren Energien böte „die Chance, Strom genau
dort zu erzeugen, wo er benötigt wird“.
## Kosten für Netzausbau noch unklar
Gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche Netzausbau-Unterstützer im
Spektrum der Energiewende-Befürworter: „Auf allen Spannungsebenen sind
Netzoptimierungs-, Netzverstärkungs- und Netzausbaumaßnahmen
auszuschöpfen“, so der Bundesverband Windenergie. Es sei „entscheidend,
dass der bislang stark verzögerte Netzausbau beschleunigt wird“, denn ein
leistungsfähiges Übertragungsnetz stelle „in der Regel die kostengünstigste
Option für die Integration von erneuerbaren Energien in das Stromsystem
dar“.
Auch der Bundesverband Erneuerbare Energie macht sich für einen zügigen
Netzausbau stark und warnt nach dem ergebnislosen bayerischen
Energiedialog: „Politisch verschuldete Netzengpässe könnten Bürger und
Unternehmen mittelfristig teuer zu stehen kommen.“
Teuer dürfte andererseits aber auch der Netzausbau werden. Wie teuer, das
wird sich nun womöglich im Koalititionsausschuss entscheiden – auch
aufgrund der Zugeständnisse, die der Bund den Bayern machen könnte.
24 Feb 2015
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Bayern
Energiewende
Bund
Strom
Stromtrassen
Ökostrom
Bayern
Energiewende
Schwarz-rote Koalition
Schwerpunkt Atomkraft
Energiewende
## ARTIKEL ZUM THEMA
Angst vor der Energiewende: Es geht drunter und drüber
Im Thüringer Wald entsteht eine neue Stromtrasse. Weil die Koalition
Akzeptanzprobleme fürchtet, muss nun neu geplant werden.
Neue Stromtrassen in Deutschland: Ganz schön lange Leitung
Der neue Plan für die Stromnetze liegt vor. Er ist eine Niederlage für
Horst Seehofer. Die von ihm bekämpfte Ost- Süd-Trasse soll noch länger
werden.
Kommentar Umbau der Stromwirtschaft: Billiger Norden, teurer Süden
Man könnte die Stromwirtschaft ändern. Die Idee: zwei Preiszonen für
Deutschland. Hat der Süden Mangel, könnte sich das in den Preisen spiegeln.
Schwarz-roter Koalitionsausschuss: Private Geldgeber sollen's richten
Die GroKo will der drohenden Konjunkturschwäche mit Rahmenbedingungen für
private Investitionen begegnen. Man wolle Wachstum und Beschäftigung
sichern.
Diskussion um Stromtrassen: Deutschland als Zweistromland
Statt neue Leitungen von Nord nach Süd zu bauen, könnte der Strommarkt
geteilt werden. Das hätte viele Vorteile.
Streit über Stromtrassen: Eine Frage des Widerstandes
Der Windstrom muss in den Süden. Aber die Leitung will niemand haben. Wer
sich wehrt, bleibt vielleicht von den riesigen Masten verschont, so der
Eindruck vieler Anwohner.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.