# taz.de -- „Islamistische Gefährder“ in Bremen: Terrorwarnung, alles ruhig | |
> Wegen Hinweisen auf „Aktivitäten potenzieller islamistischer Gefährder“ | |
> verstärkte die Polizei ihre Präsenz in Bremen. Bisher ist alles ruhig. | |
Bild: Verstärkte Polizeipräsenz mit sichtbaren Waffen in Bremen. | |
BREMEN taz/dpa | Wegen einer Terrorwarnung hat die Polizei in Bremen am | |
Samstag die Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt verstärkt. Hinweise auf | |
„Aktivitäten potenzieller islamistischer Gefährder“ seien am Freitagabend | |
von einer Bundesbehörde gekommen, teilte die Polizei am Samstag mit. Auf | |
öffentlichen Plätzen, vor dem Rathaus und der Bürgerschaft, dem Bremer | |
Parlament, standen Mannschaftwagen der Polizei. Auch der Schutz der | |
Jüdischen Gemeindehauses und der Synagoge wurde verstärkt. | |
Nach Berichten von Radio Bremen soll es am Samstagmittag zu einer Festnahme | |
gekommen sein. Ob diese Zusammenhang mit der Warnung steht, ist bislang | |
unklar. Die Polizei bestätigte die Festnahme zunächst nicht. Insgesamt | |
würde die noch Lage derzeit noch bewertet, sagte eine Sprecherin von | |
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Man hoffe im Laufe des Tages mehr | |
Informationen geben zu können. | |
Zuletzt hatte die Polizei am 15. Februar in [1][Braunschweig kurzfristig | |
den Karnevalsumzug] wegen konkreter Hinweise auf eine Anschlaggefahr mit | |
islamistischem Hintergrund abgesagt. Am 19. Januar hatte die Polizei in | |
Dresden die Pegida-Demonstration und alle anderen Kundgebungen verboten. | |
Auch hier sah sie eine konkrete Gefahr. | |
In Bremen wirk sich die Warnung kaum auf das öffentliche Leben aus. Viele | |
BremerInnen sind an diesem sonnigen Samstag draußen unterwegs und genießen | |
das gute Wetter. Familien machen Fahrradausflüge, Gruppen von Junggesellen | |
ziehen alkoholisiert durch die Straßen. Auch am Hauptbahnhof und in der | |
Innenstadt scheint auf den ersten Blick alles wie immer: AktivistInnen von | |
Amnesty International demonstrieren gegen Folter, gegenüber der | |
Bürgerschaft informieren drei Leute unter einem Pavillion über die | |
Zwangsgebühren der GEZ. Das Bundesliga-Nordduell zwischen Werder Bremen und | |
dem VfL Wolfsburg soll am Sonntag wie geplant stattfinden. | |
## „Für uns ist das nichts Neues" | |
„Bombendrohung? Habe ich gar nicht mitbekommen“, sagt eine Frau, und | |
tatsächlich ist die erhöhte Polizeipräsenz kaum von der bei einem | |
Sitzungstag der Bürgerschaft zu unterscheiden, an jedem Spieltag von Werder | |
Bremen sind mehr Patrouillen zu sehen. Nur die kleinen Trupps von | |
PolizistInnen, die sich durch die Massen in den Einkaufspassagen schieben | |
und mit Maschinengewehren bewaffnet sind, geben einen Hinweis darauf, dass | |
heute etwas anders sein könnte. | |
Auch vor der Jüdischen Gemeinde im zentrumsnahen Stadtteil Schwachhausen | |
ziehen vier PolizistInnen ihre Runde. Drei Wagen stehen auf dem Gelände | |
hinter einem hohen Zaun. „Die Posten wurden verstärkt, aber ich bin mir | |
ziemlich sicher, dass das nur pro forma ist“, sagt Grigori Pantijelew, | |
Sprecher und Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Bremen. Er wurde erst am | |
frühen Nachmittag über die Bedrohung informiert. „Für uns ist das nichts | |
Neues“, sagt er. Die Sicherheitsstufe sei seit dem letzten Sommer erhöht, | |
als es im Zuge des Gaza-Krieges zu antisemitischen Demonstrationen gekommen | |
sei. Eine Bedrohung sieht er stärker in dem allgemeinen Anstieg | |
antisemitischer Ressentiments. „Die Juden in Deutschland wissen seit | |
Jahren, dass sie in der Öffentlichkeit sicherheitshalber keine Kippa tragen | |
sollten“, so Pantijelew. | |
Bremen gilt als eine Hochburg radikaler Islamisten. Nach Angaben von | |
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) wurden zuletzt rund 360 Salafisten vom | |
Verfassungsschutz beobachtet. Mindestens 16 Islamisten aus Bremen sind nach | |
Syrien gereist, um dort zu kämpfen, so die Erkenntnisse der | |
Sicherheitsbehörden. Vier sollen bereits wieder zurückgekehrt sein, zwei | |
starben offenbar bei Kämpfen. | |
Die beobachteten Salafisten verkehrten bislang hauptsächlich in zwei | |
Vereinen. Im Visier der Behörden stand lange Zeit vor allem der „Kultur- | |
und Familienverein“ (KuF), der in Bremen-Gröpelingen eine Moschee betrieb. | |
Fast alle der nach Syrien ausgereisten Islamisten sollen dort verkehrt | |
sein. Der Verein stand im Verdacht, gezielt junge Menschen anzuwerben. Im | |
Dezember 2014 wurde er von Innensenator Mäurer verboten. | |
## Ausreiseverbote im April 2014 | |
In der Moschee wurde nach Informationen der Sicherheitsbehörden eine | |
äußerst radikale Form des Salafismus gelehrt. 2011 verurteilte das | |
Oberlandesgericht in München zwei KuF-Gründungsmitglieder wegen Werbens für | |
das Terrornetzwerk Al-Kaida sowie ihr nahestehende terroristische | |
Organisationen. Einer der beiden Angeklagten wurde zu dreieinhalb Jahren | |
Haft verurteilt, weil er nach Überzeugung des Gerichts in ein | |
Al-Kaida-Ausbildungslager nach Afghanistan reisen wollte. | |
Im April 2014 beschlagnahmte die Polizei in Bremen die Reisepässe von | |
sieben mutmaßlichen Salafisten und erteilte ihnen Ausreiseverbote. Bei | |
Hausdurchsuchungen wurden Gas- und Schreckschusspistolen, ein | |
Elektroschocker sowie Handys und Computer sichergestellt. | |
Vor Bedrohungen durch islamistischen Terror warnen die Sicherheitsbehörden | |
in Deutschland häufiger. Eine offizielle Terrorwarnung, verbunden mit | |
deutlich verschärften Sicherheitsvorkehrungen, gab es laut | |
Bundesinnenministerium aber bisher erst einmal nach den Anschlägen vom 11. | |
September 2001 in den USA: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
warnte im November 2010 vor einem Terroranschlag. Er sagte damals, es gebe | |
„relevante Sachverhalte“. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden bundesweit an | |
Bahnhöfen, Flughäfen und Landesgrenzen erhöht. Die Polizei sperrte wenige | |
Tage später für längere Zeit Kuppel und Dachterrasse des Reichstagsgebäudes | |
- es gab Hinweise, dass islamistische Terroristen unter anderem einen | |
Angriff auf das Haus planen könnten. | |
28 Feb 2015 | |
## LINKS | |
[1] /Terrordrohung-in-Braunschweig/!154759/ | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
## TAGS | |
Salafisten | |
Polizei | |
Terrordrohung | |
Bremen | |
Einsatz | |
Saudi-Arabien | |
Polizei | |
Salafisten | |
Freiheit | |
Bremen | |
Polizei | |
Terrorismus | |
Schwerpunkt Pegida | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Überwachung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unglaubwürdige Terror-Hinweisgeberin: Aufgeblasener Terror-Alarm | |
Nachdem die Stürmung des IKZ am „Bremer Terror-Tag“ für unrechtmäßig | |
erklärt wurde, bestreitet nun die Tippgeberin des Verfassungsschutzes ihre | |
Aussagen. | |
Terrorverdächtiger über Islamismus: „Die V-Leute wären arbeitslos“ | |
Das Islamische Kulturzentrum in Bremen wurde im Februar das vierte Mal | |
durchsucht. Der Vorsitzende wehrt sich gegen Kriminalisierung. | |
Antiterroreinsatz in Bremen: Schwere Pannen als tolle Chance | |
Doppelbelastungen und strukturelle Überforderung: Ein Sonderermittler | |
kritisiert die Bremer Polizei für den Antiterroreinsatz Ende Februar. | |
Nach dem Terroralarm in Bremen: Innensenator verteidigt Großeinsatz | |
Die jüdische Gemeinde der Stadt bleibt weiter unter verstärktem Schutz. | |
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) hält das polizeiliche Vorgehen für | |
angemessen. | |
Kommentar Terrorwarnung in Bremen: Vage Hinweise, zu große Geschütze | |
Die Sicherheitsbehörden sind in einer schwierigen Lage. Doch der Eindruck | |
verstärkt sich, dass derzeit wenig reicht, um harte Reaktionen zu | |
provozieren. | |
Anti-Terror-Einsatz in Bremen: Hinweise auf Kriegswaffen | |
Nach der Darstellung des Bremer Innensenators ging die Gefährdung von | |
muslimischen Extremisten aus. Diese sollen sich Waffen verschafft haben. | |
Anti-Terror-Einsatz in Bremen: Zwei Verdächtige wieder frei | |
Die Polizei teilt mit, dass weiterhin eine Gefährdungslage bestehe. Zwei | |
zuvor festgenommene Personen seien jedoch inzwischen wieder auf freiem Fuß. | |
Terrordrohung in Braunschweig: Karnevalszug fällt aus | |
Wegen angeblicher Terrorgefahr wird die Braunschweiger Narrenparade | |
„Schoduvel“ abgesagt. Andere Umzüge sind nicht konkret gefährdet. | |
Legida, Bärgida, Magida, Bagida: Ohne Dresden kaum Pegida | |
Der islamkritischen Bewegung gelingt es nicht, in anderen Städten Massen zu | |
mobilisieren. Bundesweit waren es nur wenige Tausend – aber 45.000 | |
Gegendemonstranten. | |
Kommentar Demoverbot in Dresden: Aus Rassisten werden Märtyrer | |
Die Absage der Pegida am kommenden Montag ist nicht das Ende der Bewegung. | |
Im Gegenteil: So stilisieren sie sich als Helden der Meinungsfreiheit. | |
Laura Poitras über ihren Snowden-Film: „Es hätte auch eine Falle sein könn… | |
Laura Poitras hat eine Doku über Snowden gedreht und benutzt zu Hause nur | |
noch das Festnetztelefon. Sie stand schon auf einer Liste mit | |
Terrorverdächtigen. |