| # taz.de -- Kommentar Soli und Kindergeld: Einfach, aber unehrlich | |
| > Angela Merkel setzt bei der Abschaffung des Solidaritätszuschlags auf | |
| > eine populäre Lösung. Und die ist ungerecht. | |
| Bild: Nicht bei allen Bürgern beliebt. | |
| Der Soli ist ein Lieblingsärgernis der Deutschen. Wie solidarisch muss die | |
| Bevölkerung noch sein? Ist denn nicht schon jeder Kreisverkehr in | |
| Ostdeutschland neu asphaltiert? Sind die Innenstädte Brandenburgs nicht | |
| längst so aufgehübscht, dass die Ruhrgebietler vor Neid erblassen? | |
| Kanzlerin Angela Merkel hat nun offenbar den Soli als Wahlkampfschlager | |
| entdeckt. Sie will den Solidaritätszuschlag – im Gleichschritt mit der CSU | |
| – ab 2020 schrittweise senken. Es klingt ja nur logisch: Die | |
| Steuereinnahmen sprudeln, eine Verstetigung des Soli ist | |
| verfassungsrechtlich problematisch, und Steuergeschenke kommen immer gut | |
| an. Schließlich hat die CDU die letzte Wahl auch wegen ihres Neins zu | |
| Steuererhöhungen so grandios gewonnen. So weit, so einfach. Mutig, ehrlich | |
| oder nachhaltig ist Merkels Strategie aber nicht. | |
| Die Staatshaushalt steht wegen einer Ausnahmesituation so gut da: Die | |
| deutschen Zinszahlungen liegen historisch niedrig. Gut ausgebildete | |
| Fachkräfte aus den EU-Krisenstaaten strömen ins Land. Die Wirtschaft wächst | |
| und wächst. All diese Effekte sind aber nicht von Dauer, eigentlich müsste | |
| die Regierung in solch guten Zeiten finanziell vorsorgen. Gleichzeitig ist | |
| der Investitionsbedarf enorm. Viele Kommunen sind derart verarmt, dass sie | |
| Bibliotheken oder Schwimmbäder schließen müssen. Und die deutschen | |
| Investitionen in Bildung oder Infrastruktur liegen dramatisch unter dem, | |
| was sich ein reiches Industrieland leisten könnte. | |
| Daher wäre es richtig, die durch den Soli-Wegfall entstehenden | |
| Einnahmeausfälle etwa durch einen höheren Spitzensteuersatz auszugleichen. | |
| Doch Merkel setzt lieber auf die falsche, aber populäre Lösung. Ähnlich | |
| beim Kindergeld. Finanzminister Schäuble punktet mit der Ankündigung, das | |
| Kindergeld zu erhöhen. Davon profitiert wieder die gut verdienende | |
| Mittelschicht, während Arme leer ausgehen, weil das Kindergeld auf Hartz IV | |
| angerechnet wird. | |
| Die SPD steht diesem doppelten Flirt mit der gut situierten bürgerlichen | |
| Mitte hilflos gegenüber. Die Familienministerin würde gern schlecht | |
| verdienende Familien besserstellen, blitzte aber bei Schäuble ab. Und der | |
| Soli? Da empören sich viele Spitzengenossen zu Recht. Sie wissen aber auch, | |
| dass Steuererhöhungen beim wählenden Teil der Bevölkerung schlecht | |
| ankommen. Merkel macht einfach die bessere PR. | |
| 4 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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