| # taz.de -- Islands feuerspeiende Vulkane: Absolut cool, heiß und unberechenbar | |
| > Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull lähmte 2010 den Flugverkehr und | |
| > förderte den Tourismus. 30 aktive Vulkane gibt es auf der Insel. | |
| Bild: Der Vulkan Eyjafjallajökull spuckt glühende Lava in die Luft. | |
| Nichts als schwarzer Sand, graues Meer, grauer Himmel. Konturen in die | |
| Landschaft bringen einzig die aufgehäuften Sandhügel, Minidünen. Sie sollen | |
| den Lavasand aufhalten, der sich weiter ins Landesinnere frisst. Der 350 | |
| Kilometer lange Strand an der Südküste Islands wirkt in diesen | |
| Wintermonaten wie das Tor zum Hades. | |
| Dahinter mächtige Vulkane, donnernde Wasserfälle, riesige Gletscher in | |
| schönstem Eisbonbonblau. Eine bizarre, energiegeladene Landschaft. Ein | |
| Viertel Islands ist von einem Vulkangürtel bedeckt. Die Insel besteht | |
| hauptsächlich aus schwarzem Vulkangestein, bewachsen mit Flechten und Moos. | |
| Nur 1,5 Prozent der Insel ist bewaldet. | |
| „Vor 20 Millionen Jahren tauchte Island aus dem Meer auf. 874 kamen | |
| Wikinger aus Norwegen mit ihren Schiffen, ihren Pferden und Schafen | |
| hierher“, erzählt unser kompetenter Begleiter und Fahre Žorvaršur Ingi | |
| Žorbjörnsson. Der kleine Ingi, der eher einem Hobbit als einem Wikinger | |
| ähnelt, ist stolz darauf, Wikinger-Nachkomme zu sein: „Klar, sie waren | |
| stark und kriegerisch“, sagt er in bestem Deutsch, das er in der Schweizer | |
| Hotelfachschule gelernt hat. | |
| Feuer, Wasser, Erde, Eis: riesige Gletscher, schäumende Geysire, brodelnde | |
| Vulkane, staubtrockene Geröllwüsten. Auf Island fühlt man sich dem Ursprung | |
| der Erde nahe. „80 Prozent unseres Energiebedarfs wird durch erneuerbare | |
| Energien, vor allem heißem Wasser, gedeckt“, sagt Ingi. „Alle reden über | |
| erneuerbare Energie. Wir nutzen sie.“ | |
| „Sogar hinter der Aschewolke unseres Vulkans Eyjafjallajökull hat ein | |
| Silberstreif gesteckt“, freut sich auch der isländische Vulkanologe Magnus | |
| T. Gudmundsson von der Universität Reykjavík. Dass der Tourismus inzwischen | |
| wichtigster Wirtschaftszweig noch vor der Fischerei ist, liegt am | |
| Marketingerfolg des Eyjafjallajökull. | |
| Sein Ausbruch 2010, der durch anhaltenden Ascheregen den internationalen | |
| Luftverkehr für ein paar Tage lahmlegte, hat das weltweite Interesse für | |
| die Insel geweckt: Die Zahl der Islandbesucher ist seither um 20 Prozent | |
| jährlich angestiegen. | |
| „30 aktive Vulkane befinden sich auf der Insel, die genau auf der Grenze | |
| zwischen der nordamerikanischen und der eurasischen Platte liegt, | |
| Erdbewegungen gehören da zum Alltag“, doziert Gudmundsson in seinem kleinen | |
| Büro und fährt mit dem Zeigestock über die Karte Islands. | |
| Die 103.100 Quadratkilometer große Insel, so groß wie Bayern und | |
| Baden-Württemberg zusammen, liege auf dem Mittelatlantischen Rücken. Hier | |
| berühren sich die eurasische und die nordamerikanische Platte. Sie streben | |
| unaufhörlich auseinander – pro Jahr etwa ein bis drei Zentimeter. „Dabei | |
| strömt immer wieder Magma nach oben und verändert so ständig die | |
| Landschaft“,sagt Gudmundsson. Unter der gesamten Insel brodelt eine | |
| gewaltige Ansammlung von Magma. In den vergangenen Jahrhunderten erlebte | |
| man hier durchschnittlich alle fünf Jahre eine Eruption. | |
| ## Ein Vulkan unter dem Gletscher | |
| Der Eyjafjallajökull, der für Publizität in der ganzen Welt sorgte, sei | |
| nicht nur ein Vulkan, sondern auch Gletscher. „Vulkanausbrüche unter dem | |
| Eis der Gletscher bergen eine besondere Gefahr: ein Gletscherlauf kann | |
| durch Schmelzwasser entstehen, dass sich durch die Hitze der Eruption | |
| bildet und unter dem Gletscher staut. Meistens vergehen Tage, bis das | |
| Schmelzwasser am Fuß des Gletschers durchbricht und in einer gewaltigen | |
| Flut die Ebenen überschwemmt“, erklärt Gudmundsson. | |
| Wir fahren mit dem Superjeep in das Lavatal, wohin sich der | |
| Eyjafjallajökull 2010 ergoss. Jetzt im Winter auf der Fahrt von Reykjavík | |
| in den Süden des Landes begegnen wir fast nur den zottigen Islandpferden, | |
| die der Kälte trotzend eng beisammen stehen. Ohne Pferde wäre die | |
| Besiedlung Islands kaum möglich gewesen. Die kleinen, stämmigen | |
| Islandpferde sind gute Schwimmer, zähe Arbeitstiere, Exportgut und Stars | |
| junger Mädchen. Island ist ein Reiterparadies für den Familienurlaub. | |
| Eyjafjallajökull bedeutet übersetzt so viel wie Inselgletscher. Ingi | |
| steuert den Jeep mit den Riesenreifen über Lavageröll und durch Flussläufe. | |
| Das Gelände ist unwegsam, schroff, voller Hindernisse, unzählige Flüsse | |
| stellen sich in den Weg. „Ohne Führer in der Natur ist man in Island | |
| schnell verloren“, sagt er. Die Landschaft ändere sich: „Der klare | |
| Gletschersee, der hier auf der Nordseite des Vulkans die Landschaft prägte, | |
| ist sei dem Ausbruch 2010 verschwunden.“ | |
| Island ist wild und vor allem einsam. Immer mehr Bauern verlassen ihr | |
| Gehöft. In Reykjavík, der isländischen Hauptstadt, wohnen rund 38 Prozent | |
| der 320.000 Isländer. | |
| ## Anlaufstelle: Campingplatz | |
| Ben Rhen, der 28-jährige ehemalige Sportstudent aus Bremen, arbeitet ganz | |
| hinten im abgelegen Tal bei Porsmörk. Er ist seit einem Jahr Volonteer in | |
| der Campinganlage Volcano Huts. „Im Sommer haben wir hier locker 300 bis | |
| 400 Besucher am Tag. Viele Wanderer. Einige essen hier, andere bleiben über | |
| Nacht.“ Ben findet es hier „absolut cool, heiß und unberechenbar“. Und d… | |
| launische Wetter? „Regen bin ich ja aus Bremen gewohnt“, sagt der | |
| durchtrainierte große Ben. | |
| Gudey Valberg hat einen Bauernhof auf der Südseite des Vulkans. Sie und | |
| ihre Familie waren dabei, als der Vulkan 2010 ausbrach. Inzwischen teilt | |
| sie das bedrohliche Erlebnis mit 75.000 Besuchern jährlich. Die Familie | |
| betreibt in Hvolsvöllur ein Eyjafjallajökull-Informationszentrum | |
| „Die Touristenbusse kamen bis auf unseren Hof. Es ist besser, sie hier zu | |
| empfangen“, sagt die schüchterne Bauersfrau. Ein Film über die Folgen des | |
| Vulkanausbruchs zeigt die Evakuierung der Familie und die Wiederherstellung | |
| des Gehöfts mithilfe vieler Freiwilliger. „Vor allem die Asche überall war | |
| das Problem“, sagt Gundey. „Die austretenden Gase nahmen uns die Luft zum | |
| Atmen.“ Mit 5 Euro Eintritt und Lava-Souvenirs ist das kleine | |
| Informationszentrum kein schlechtes Zubrot für den abgelegenen Bauernhof. | |
| Der Süden Islands ist auch in den Wintermonaten gut besucht. Reisebusse mit | |
| Engländern, Deutschen, Japanern, Chinesen und Amerikanern halten an den | |
| Sehenswürdigkeiten des Südens: am riesigen Wasserfall Gullfoss und beim | |
| Großen Geysir, Vater aller Geysire. Er bricht zwar nur mehr sehr selten aus | |
| und seine Wassersäule hat sehr an Potenz verloren: von der ehemaligen | |
| Rekordhöhe von 170 Meter erreicht er gerade noch 10 Meter. Heute wird er | |
| längst vom Geysir Strokkur mit einer Wassersäule von 25 Metern übertroffen. | |
| ## Heißes Bad in der Blauen Lagune | |
| Das Ziel aller Island-Urlauber ist die blaue Lagune. Reisegruppen mit | |
| Rollköfferchen nehmen hier noch kurz vor dem Abflug ein Bad. Es ist das | |
| teuerste und überfüllteste Bad Islands. Das heiße Wasser kommt aus dem | |
| umliegenden Geothermalkraftwerk. In den 40 Grad warmen Außenbecken kann man | |
| zu jeder Jahreszeit baden und das mit Algen, Mineralsalzen und Kieselerde | |
| angereichte Wasser in die Haut dringen lassen. Ein Elfengebräu. Sonst wäre | |
| die hohen Preise für die daraus hergestellte Kosmetik kaum zu erklären. | |
| Wo das Klima rau, die Natur wild und die Nächte lang sind, werden | |
| Naturgeister lebendig. Der Glaube an die Naturgeister, die Huldufólk, ist | |
| in der isländischen Gesellschaft verwurzelt. Nach einer Studie der | |
| Universität Island glauben 62 Prozent der Befragten, dass die Existenz von | |
| Elfen möglich sein kann. Ingi, unser Begleiter, äußert sich dazu nur knapp: | |
| „Ja, es gibt die anderen Menschen.“ | |
| Er kennt sie schon, diese Frage, vor allem von deutschen Touristen. In | |
| Deutschland hat der [1][Journalist Wolfgang Müller] mit seinen | |
| Feengeschichten auch in der taz die Naturgespenster bekannt gemacht. Er | |
| konstruierte auch den Begriff Elfenbeauftragte für Erla Stefánsdóttir, die | |
| dann für Island Tourismus drei Elfenkarten zeichnete. Kein schlechter | |
| Mythos für die feuerspeiende Insel. | |
| *Diese Reise wurde unterstützt von islandprotravel und wow air | |
| 7 Mar 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Edith Kresta | |
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