# taz.de -- Menschenrechtler über Lage auf der Krim: Entführungen und Folter | |
> Oppositionelle werden drangsaliert, Journalisten eingeschüchtert. Amnesty | |
> International legt eine verheerende Bilanz der Krim-Annexion vor. | |
Bild: Für Gegner der Annexion lebt es sich auf der Krim seit einem Jahr gefäh… | |
BERLIN afp | Ein Jahr nach der Annexion der Krim durch Russland hat Amnesty | |
International eine verheerende Bilanz der Menschenrechtslage vorgelegt. | |
Zahlreiche Kritiker seien entführt und gefoltert worden, ohne dass die neue | |
Regierung sichtbar Ermittlungen führe, erklärte die | |
Menschenrechtsorganisation am Mittwoch. Mindestens ein entführter | |
Oppositioneller sei später tot aufgefunden worden. Die unabhängige Presse | |
werde zum Schweigen gebracht und den Krim-Tataren werde verboten, an ihre | |
eigene Kultur zu erinnern. | |
„Die Haltung der De-facto-Regierung und ihrer russischen Meister lässt sich | |
leicht zusammenfassen: 'Mag es, verschwinde oder halt den Mund'“, sagte | |
Amnestys Direktor für Europa und Zentralasien, John Dalhuisen, bei der | |
Vorstellung des Berichts. | |
Mindestens sieben Menschen seien entführt worden und ihr Schicksal sei | |
unbekannt, heißt es darin. Das Verschwinden von drei Krim-Tataren hat die | |
Menschenrechtsorganisation selbst dokumentiert. Darunter sei Reschat | |
Ametow, ein 39-Jähriger, der während einer Demonstration im vergangenen | |
März verschleppt worden sei. Seine Leiche sei später mit Folterspuren | |
aufgefunden worden, niemand sei dafür zur Rechenschaft gezogen worden. | |
Andrij Schekun, Direktor der Organisation Ukrainisches Haus, sei von | |
prorussischen Milizionären gefangenen genommen, elf Tage festgehalten und | |
dabei mit Elektroschocks malträtiert worden, bevor er dem ukrainischen | |
Militär übergeben worden sei. Drei weitere Mitglieder der Organisation | |
blieben vermisst. „Die De-facto-Regierung sagt uns, sie ermittele in allen | |
Fällen von Verschleppungen und Folter“, sagte Dalhuisen. „Aber wir haben | |
dafür keinen einzigen konkreten Nachweis.“ | |
Um Medien zum Schweigen zu bringen, werde ein „Klima der Angst“ geschaffen, | |
schreiben die Amnesty-Aktivisten weiter. Vor anderthalb Monaten seien 30 | |
bewaffnete und maskierte Mitglieder einer Spezialeinheit in die Büros des | |
Tataren-Senders ATR eingedrungen, hätten den Sendeabbruch erzwungen und | |
Dokumente der vergangenen elf Monate beschlagnahmt. Mehrere Journalisten | |
und Blogger hätten die Krim längst verlassen. Die Nachrichtenagentur QHA | |
der Krim-Tataren habe bis heute keine neue Lizenz erhalten. | |
Es gebe derzeit offenbar nur wenig Motivation in der internationalen | |
Gemeinschaft, Russland zur Rückgabe der Krim an die Ukraine zu drängen, | |
sagte Dalhuisen. „Aber sie sollte doch mindestens mehr Druck auf Russland | |
ausüben, damit die Rechte aller Bürger der Krim respektiert werden.“ | |
18 Mar 2015 | |
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