# taz.de -- Flughafen-Untersuchungsausschuss: Oh Nehdorn! | |
> Ex-Flughafenchef Hartmut Mehdorn lobt seine eigene Arbeit, teilt gegen | |
> andere kräftig aus – und bekommt eine Rüge, weil er das Wort „Neger“ | |
> ausspricht. | |
Bild: Da lacht er noch: Mehdorn in der U-Ausschuss-Sitzung | |
Auftritte von Hartmut Mehdorn sind stets ein Fest für die Medien, | |
schließlich ist der umstrittene Manager bekannt für markige Worte. Und so | |
erwartet den seit einer Woche ehemaligen Geschäftsführer der | |
Flughafengesellschaft ein Blitzlichtgewitter, als er am Freitagmorgen das | |
Abgeordnetenhaus betritt. Die Erwartungen an ihn als Zeugen im | |
BER-Untersuchungsausschuss sind hoch – und werden nicht enttäuscht. | |
Ohne Blatt vor dem Mund verteilt Mehdorn Breitseiten: Horst Amann, der | |
frühere technische Geschäftsführer, „hat mir von Anfang signalisiert, dass | |
er mich nicht braucht“. Der Aufsichtsrat, bestehend aus den Ländern Berlin | |
und Brandenburg sowie der Bundesregierung, pflege eine „Misstrauenskultur“ | |
gegenüber der Geschäftsführung, die „letztlich der Grund war für mich, zu | |
gehen“. Außerdem sei bei den Politikern „immer Wahlkampf“, was | |
Entscheidungen verzögert habe. | |
Schon scheint es, als habe Mehdorn die meisten Abgeordneten überzeugt, da | |
passiert der Lapsus. Als er erklären soll, wie er mit dem anonymen | |
Schreiben umgegangen sei, das auf einen korrupten Mitarbeiter hinwies, sagt | |
er, das Papier habe sich als „zu vage“ erwiesen: „Man kann hinter jedem | |
Busch einen Neger sehen.“ Für das N-Wort kassiert er eine Rüge vom | |
Ausschussvorsitzenden Martin Delius. | |
Ohnehin konnte die demonstrativ zur Schau gestellte Entspanntheit des | |
Zeugen nur schlecht kaschieren, dass es auch für Mehdorn am Freitag um | |
teils hochbrisante Fragen ging – aufgeworfen nicht zuletzt durch die | |
Aussage Amanns vor dem Ausschuss zwei Wochen zuvor. Der von Mehdorn | |
geschasste Technikchef hatte diesem indirekt vorgeworfen, in dem | |
Korruptionsverdachtsfall nichts unternommen zu haben. | |
Ende Februar war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Neuruppin | |
gegen G., einen führenden Mitarbeiter des Flughafens, wegen des Vorwurfs | |
der Bestechlichkeit ermittelt. Auf Amanns Vorschlag und G.s Betreiben hin | |
hatte der Aufsichtsrat im Dezember 2012 veranlasst, dass die | |
niederländische Firma Imtech, am BER für wichtige Teile des bis heute nicht | |
funktionierenden Brandschutzes zuständig, eine Nachzahlung von 65 Millionen | |
Euro bekam. G. soll dafür nach unbestätigten Berichten von Imtech bis zu 2 | |
Millionen Euro bekommen haben. | |
Von dem Bestechungsvorwurf habe er bereits seit Sommer 2013 gewusst, räumt | |
Mehdorn ein. Doch seien die Angaben des anonymen Whistleblowers damals | |
nicht konkret genug gewesen, habe seine Revisionsabteilung festgestellt – | |
auch die Staatsanwaltschaft, die eingeschaltet worden sei, habe diese | |
Ansicht geteilt. Ins Rollen gekommen waren die jetzigen Ermittlungen durch | |
einen anderen anonymen Brief, den Imtech im Dezember erhalten hatte und der | |
laut Mehdorn von seiner Compliance-Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft | |
übergeben wurde. | |
In einer anderen Sache bestätigt Mehdorn allerdings Amanns Aussage. Jener | |
hatte erklärt, Nachzahlungen wie jene an Imtech hätten Ende 2012 – die | |
Eröffnung des Flughafens war gerade zum zweiten Mal verschoben worden – | |
viele Firmen gefordert. Man habe zahlen müssen, um die Baustelle wieder ans | |
Laufen zu bekommen. Auch Mehdorn sagt, die Zahlung „war wichtig, um Imtech | |
zu halten“; die für Starkstrom zuständige Firma sei zentral für die | |
Fertigstellung des BER. Dass bis heute nicht abschließend geprüft wurde, ob | |
diese Forderungen berechtigt sind, stellt Mehdorn, wieder anders als Amann, | |
als einen normalen Vorgang dar: „Das ist überall auf der Welt so: Erst bei | |
der Schlussabrechnung wird alles abgerechnet.“ | |
Darin liege auch kein Risiko für die Flughafengesellschaft, solche | |
Geschäfte seien „mit Rückbürgschaft abgesichert“. Zwar bleibe das Risiko, | |
dass die Firmen am Ende mehr verlangten, als man bereit sei zu zahlen, so | |
„dass man sich vor dem Kadi wiedersieht“ – aber dieses sei einkalkuliert. | |
Überhaupt rühmt sich Mehdorn, in seinen fast zwei Jahren als | |
Geschäftsführer die meisten Probleme auf der Dauerbaustelle gelöst zu | |
haben: „Der BER ist wieder auf dem Gleis.“ In 25 Jahren, verspricht er in | |
Richtung Steuerzahler, werde sich der Flughafen „selber tragen und seine | |
Schulden tilgen“. | |
Bei den Abgeordneten kommt das im Großen und Ganzen gut an. In einer | |
gemeinsamen Presseerklärung von CDU und SPD stellt der CDU-Abgeordnete | |
Stefan Evers fest: „Wir müssen Herrn Mehdorn dankbar sein, dass er nach dem | |
Desaster des Jahres 2012 neue Perspektiven eröffnet hat. Die realistische | |
Aussicht auf eine Fertigstellung des Flughafens bis Mitte 2017 konnte er | |
auch im Untersuchungsausschuss untermauern.“ | |
20 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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