# taz.de -- Atomverhandlungen mit dem Iran: Die letzte Meile ist die schwerste | |
> Die Verhandlungen über Irans Atomprogramm gehen in die vorerst | |
> entscheidende Runde. Aber noch längst nicht alle Streitpunkte sind | |
> geklärt. | |
Bild: Der umstrittene Schwerwasserreaktor Arak. Er soll umgebaut werden | |
GENF taz | Bei den Verhandlungen über das iranische Nuklearprogramm in | |
Lausanne am Genfer See wurden in der letzten Woche „substanzielle | |
Fortschritte in Schlüsselberatungen gemacht“. Eine Einigung bis zur selbst | |
gesetzten Frist 31. März sei in „greifbarer Nähe“. Diese optimistische | |
Einschätzung verbreiteten die Außenminister der vier westlichen | |
Verhandlungsstaaten USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland am | |
Samstagabend nach einem Treffen in London. | |
Ähnlich zuversichtlich hatten sich zuvor die Außenminister Russlands und | |
Chinas geäußert. Der iranische Außenminister sah schon Mitte letzter Woche | |
„nur noch eine zu lösende Frage“ auf dem Verhandlungstisch. Die westlichen | |
Außenminister verweisen allerdings noch auf „mehrere Differenzen“ und eine | |
„Kluft“, für deren Überwindung Iran verantwortlich sei. Die Führung in | |
Teheran habe „schwierige Entscheidungen zu treffen“. | |
Vollständig geklärt wurden nach Informationen der taz aus | |
Verhandlungskreisen bislang zwei der vier zentralen Streitfragen. Für den | |
Schwerwasserreaktor Arak wurde ein Umbau vereinbart. Danach soll die | |
Produktion von Plutonium, das als Spaltmaterial für Atomwaffen dienen | |
könnte, nicht mehr möglich sein. Zudem einigten sich die | |
Verhandlungsstaaten darauf, dass das Abkommen, das dem Iran Einschränkungen | |
bei der Nutzung der nuklearen Technologie auferlegt, eine Laufzeit von zehn | |
Jahren haben soll. | |
Auch die Kontroll- und Inspektionsrechte der Internationalen | |
Atomenergie-Organisation (IAEO) zur Überwachung der Einhaltung des | |
Abkommens durch Teheran wurden geklärt. | |
## Streitpunkt: Aufhebung der Sanktionen | |
Noch umstritten ist, wie schnell die von UNO, USA und EU gegen Iran | |
verhängten Wirtschafts- und Technologiesanktionen gelockert und ganz | |
aufgehoben werden sollen. Teheran drängt auf eine schnelle, vollständige | |
Aufhebung möglichst bald nach Inkrafttreten des Abkommens. Insbesondere | |
Frankreich und die USA wollen die Sanktionen aber erst aufheben, nachdem | |
sich Teheran mehrere Jahre als vertragstreu erwiesen hat. Allen Anzeichen | |
der letzten Woche auf unterschiedliche Haltungen der vier westlichen | |
Staaten in dieser Frage widersprachen die vier Außenminister am | |
Samstagabend in London mit der Feststellung, unter ihnen herrsche „völlig | |
Einigkeit“. | |
Die größten Differenzen mit Teheran bestehen weiterhin darüber, welchen | |
Umfang die iranischen Anlagen und Fähigkeiten zur Anreicherung von Uran | |
künftig haben dürfen. Die Anreicherung auf 5 Prozent (erforderlich zur | |
Herstellung von Brennstäben für Atomkraftwerke zur Energieerzeugung) sowie | |
auf bis zu 20 Prozent (für medizinische Forschungszwecke) fällt unter die | |
Garantie des Atomwaffensperrvertrages. | |
Teherans sechs Verhandlungspartner wollen aber verhindern, dass Iran | |
darüber hinaus Uran auf bis zu 90 Prozent anreichert und damit | |
atomwaffenfähiges Spaltmaterial erhält.Die technische Infrastruktur der | |
iranischen Nuklearanlagen muss nach Vorstellung der 5+1 so zugeschnitten | |
sein, dass der Iran bei einem Vertragsbruch oder nach einem Austritt aus | |
dem Atomwaffensperrvertrag mindestens ein Jahr brauchen würde, eine | |
Atombombe zu bauen. Je länger diese „Ausbruchszeit“, desto höher die | |
Wahrscheinlichkeit, dass solche Schritte entdeckt würden. | |
Deshalb soll Iran künftig nur noch über maximal 8.000 betriebsbereite | |
Zentrifugen zur Urananreicherung verfügen dürfen, und dies nur noch in | |
oberirdischen Anlagen, die rund um die Uhr von der IAEO überwacht werden. | |
Dieser Forderung hat Teheran bislang nicht zugestimmt. Derzeit hat Iran | |
knapp 20.000 Zentrifugen in Betrieb. | |
Zu einem Stolperstein könnten die bislang unzureichenden Antworten Teherans | |
auf die Fragen der IAEO nach den geheimen Nuklearaktivitäten Irans in den | |
Jahren 1986 bis 2003 werden. Iran wird verdächtigt, in dieser Phase | |
zumindest ein Forschungsprogramm zur Entwicklung von Atomwaffen betrieben | |
und dabei eine Reihe relevanter Kenntnisse und Fähigkeiten auf diesem | |
Gebiet gewonnen zu haben. Insbesondere die USA drängen in dieser Frage auf | |
vollständige Offenlegung. | |
25 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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