Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Benjamin Netanjahu in Washington: Schicksalhaft und umstritten
> Israels Premier Netanjahu redet vor dem US-Kongress. Sein Ziel: Obamas
> Iran-Politik zu torpedieren. Die Opposition wirft ihm Kalkül vor.
Bild: Benjamin Netanjahu beharrt darauf, „aus tiefer, ehrlicher Sorge“ gera…
JERUSALEM taz | Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wird am Dienstag
die umstrittenste Rede seiner bisherigen Laufbahn halten. Dabei geht es
nicht um den Inhalt der Ansprache, sondern dass sie überhaupt stattfindet.
Er selbst nennt die Rede vor dem US-Kongress, mit der er ein Abkommen über
das iranische Atomprogramm verhindern will, „schicksalhaft, sogar
historisch“.
Oppositionsführer Jizthak Herzog spricht von einem „schweren Fehler“,
während Hamid Abutalebi, ein führender Diplomat aus Teheran, frohlockt:
„Iran wird profitieren“. Fest steht, dass die nicht vorab mit US-Präsident
Barack Obama abgestimmte Rede „destruktiv“ ist für das Verhältnis zwischen
Jerusalem und Washington, wie es Susan Rice, die Nationale
Sicherheitsberaterin im Weißen Haus, festhielt.
Israels Politiker sind sich einig darin, dass der sich abzeichnende
Kompromiss mit dem Ajatollah-Staat ein schlechter ist. „Was ist, wenn sie
sich für den Bau nuklearer Waffen entscheiden?“, fragte Ex-Mossad-Chef Meir
Dagan in einem Interview mit Yediot Achronot. Dagan beantwortete selbst,
was auch Israels Opposition fürchtet, dass der starke Verbündete im Weißen
Haus in Konsequenz der aktuellen Konfrontation Israel dann nur noch ungern
zu Hilfe kommen werde.
Netanjahu beharrt indes „aus tiefer, ehrlicher Sorge um die Sicherheit
aller Israelis, das Schicksal der Nation und das Schicksal unseres Volkes“
darauf, gerade jetzt die Rede vor dem Kongress zu halten, um
„sicherzustellen, dass Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen kommt“.
Auf der [1][Homepage des Likud] ist der souveräne Redner mit den fließenden
Englischkenntnissen per Tastendruck mal vor der UN-Generalversammlung zu
sehen, mal vor der eigenen Partei.
## „Strategischer Bündnispartner“
Ein Kurzfilm auf der Webseite erinnert an frühere Konflikte mit dem Weißen
Haus. So hätten die USA 1948 davor gewarnt, den Staat Israel auszurufen.
„Wo wären wir heute“, fragt eine Stimme aus dem Off, „hätte Ben-Gurion
damals auf die Amerikaner gehört“.
Israels Opposition unterstellt dem Regierungschef mit seiner Rede vor dem
Kongress politische Interessen. Denn sie findet genau zwei Wochen vor den
israelischen Parlamentswahlen statt. „Die USA sind unser strategischer
Bündnispartner“, warnte Zipi Livni, ehemals Justizministerin in Netanjahus
Kabinett und heute Partnerin der Sozialdemokraten im Zionistischen Lager.
Wie ihr Parteichef Jizthak Herzog fürchtet sie, dass Netanjahus Rede Israel
mehr Schaden als Nutzen bringen wird. Nur für den Preis von ein paar
Stimmen in den Wahlurnen, so resümieren die beiden Oppositionspolitiker,
„zerstört Netanjahu dieses wichtige Bündnis“. Einer im israelischen
Fernsehen (Channel 2) veröffentlichten Umfrage nach sind 50 Prozent der
Bevölkerung gegen die Rede in Washington eingestellt. Auf Anweisung der
Wahlkommission, darf Netanjahus Kongressrede nicht live übertragen werden,
sondern wird mit einer Verzögerung von fünf Minuten ausgestrahlt.
Für Netanjahu kaum ungünstiger hätte [2][ein Bericht] im britischen
Guardian kommen können, in dem es heißt, der Mossad, Israels
Auslandsgeheimdienst, widerspreche der Einschätzung einer atomaren
iranischen Gefahr, wie Netanjahu sie vor gut zwei Jahren vor der
UN-Vollversammlung zu Gehör brachte. Die Zeitung beruft sich dabei auf ein
„top-secret“-Mossad-Dokument, das dem arabischen Sender Al Dschasira zu
Händen gekommen sei.
Netanjahu demonstrierte damals anhand einer comicartig gezeichneten Bombe
mit brennender Lunte, wieweit die Anreicherung schon fortgeschritten sei,
und dass im Folgesommer 2013 das mittlere Urananreicherungsstadium erreicht
sein werde. Anschließend sei es nur noch eine Frage von „wenigen Monaten,
möglicherweise wenigen Wochen, bis sie [die Iraner] im Besitz von
ausreichend angereichertem Uran für eine erste Bombe sind“. In dem vom
Guardian veröffentlichten Text aus der geheimen Nachricht des Mossad heißt
es hingegen, dass Iran „anscheinend noch nicht bereit zur Anreicherung auf
einen höheren Level ist“.
3 Mar 2015
## LINKS
[1] http://likud.org.il/en/
[2] http://www.theguardian.com/world/2015/feb/23/leaked-spy-cables-netanyahu-ir…
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Barack Obama
Benjamin Netanjahu
Israel
USA
Schwerpunkt Iran
Benjamin Netanjahu
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Knesset
Schwerpunkt Iran
Benjamin Netanjahu
Schwerpunkt Atomkraft
Barack Obama
Benjamin Netanjahu
Benjamin Netanjahu
## ARTIKEL ZUM THEMA
Atomverhandlungen mit dem Iran: Die letzte Meile ist die schwerste
Die Verhandlungen über Irans Atomprogramm gehen in die vorerst
entscheidende Runde. Aber noch längst nicht alle Streitpunkte sind geklärt.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Israel: Erst mal alles abschalten
Israels Rundfunk steht eine Radikalkur bevor. 1.800 Kündigungen und mehr
Autonomie sind vorgesehen. Doch die Regierung bestimmt den Aufsichtsrat.
Netanjahu vor der Parlamentswahl: Zeit „nicht reif“ für Palästinenserstaat
In einer Broschüre steht, der israelische Premier sei grundsätzlich gegen
einen palästinensischen Staat. Dem widerspricht er. Für Zugeständnisse ist
er aber auch nicht.
Parlamentswahl in Israel: 31 Frauen mit einer realen Chance
Bei der Wahl im März kandidieren mehr Frauen als in der Vergangenheit. Eine
Ultraorthodoxe hat eigens eine religiöse Frauenpartei gegründet.
Atomverhandlungen mit dem Iran: Die Gespräche gehen weiter
Ungeachtet der israelischen Kritik gehen die Verhandlungen zwischen dem
Westen und Iran weiter. Trotz einiger Fortschritte gibt es noch
Differenzen.
Kommentar Rede Netanjahu: Ein gewiefter Stratege
Den engsten Bündnispartner USA brüskiert und den Iran dämonisiert: Was
genau will der israelische Premierminister Netanjahu eigentlich? Viel.
Netanjahu vor dem US-Kongress: „Bedrohung für die Welt“
Bei seiner umstrittenen Rede in Washington warnt Israels Ministerpräsident
die USA vor iranischen Atombomben. Die eigenen erwähnt er nicht.
Netanjahu besucht die USA: „Schicksalhaft und historisch“
Israels Ministerpräsident Netanjahu will im US-Kongress für eine harte
Haltung gegenüber dem Iran werben. Ein Treffen mit Präsident Obama wird es
nicht geben.
Netanjahus Warnung vor Iran: Atomgefahr aufgebauscht
Israels Ministerpräsident hat bei seinem UN-Auftritt die iranischen
Atomgefahr übertrieben dargestellt. Das geht aus einem Mossad-Bericht
hervor.
Debatte Netanjahus Aufruf: Kommt nach Israel?
Benjamin Netanjahu rief Juden aus Europa auf, nach Israel auszuwandern.
Auch wegen seiner Politik ist das Leben in Israel gefährdet wie nirgendwo
sonst.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.