# taz.de -- Kontrolldefizite auf Malta: Das Einfallstor für Biobetrüger | |
> EU-Prüfer werfen Malta Mängel bei der Öko-Kontrolle vor. Schon einmal | |
> wurde konventionelles Getreide aus Moldau von dort in die EU geschleust. | |
Bild: Unter maltesischer Flagge fühlen sich Biobetrüger wohl | |
BERLIN taz | Wer Lebensmittel mit gefälschtem Biosiegel in die EU | |
importieren will, sollte sich eine Briefkastenfirma auf Malta zulegen. | |
Diesen Schluss lässt ein nun veröffentlichter Untersuchungsbericht der | |
EU-Kommission zu. „Das Audit-Team identifizierte Schwächen bei der | |
Registrierung von Bio-Unternehmen und bei der Kontrolle von Importen sowie | |
ungeeignete Vollzugsmaßnahmen“, schreiben die Prüfer des EU-Lebensmittel- | |
und Veterinäramts, die im Oktober den Inselstaat besucht hatten. | |
Malta ist zwar als Bioproduzent zu vernachlässigen: Ende vergangenen Jahres | |
hatten dort nur 14 Unternehmen eine Ökozertifizierung, die Nahrungsmittel | |
erzeugen oder verarbeiten. Aber in einem der größten Betrugsfälle der | |
Branche in Europa nutzten die Täter ab 2012 eine Handelsfirma auf Malta, um | |
falsch deklarierte konventionelle Futtermittel aus der Republik Moldau auf | |
den EU-Markt zu bringen. | |
10 Handelsfirmen mit Biosiegel waren zum Zeitpunkt der Untersuchung auf | |
Malta eingetragen. Sie gehörten den Kommissionsbeamten zufolge derselben | |
Person aus einem Nicht-EU-Land. Komischerweise hatten sie offiziell noch | |
nie Ökoware importiert – zumindest hatten sie noch kein einziges Mal wie | |
vorgeschrieben den Behörden entsprechende Einfuhren angezeigt. Noch | |
komischer: „Keine physischen Kontrollen haben bei diesen Importeuren | |
stattgefunden“, heißt es in dem Bericht. Das sei ein klarer Verstoß gegen | |
das EU-Ökorecht, „das eine jährliche physische Inspektion aller Unternehmen | |
verlangt“. | |
Besonders praktisch für Biobetrüger war auch Maltas öffentliches | |
Verzeichnis der Bio-Unternehmen: Es gab laut EU-Bericht keine Auskunft | |
darüber, wie lange die Ökozertifikate der Firmen gültig waren. | |
## Vorschnelle Freigabe | |
Die maltesischen Behörden gingen offenbar auch nicht konsequent möglichen | |
Hinweisen auf Verstöße gegen das Biorecht nach. In einem Fall wurde eine | |
geringe Menge gentechnisch veränderter Pflanzen in einer Lieferung | |
gefunden. Das ist in Bioware nur zulässig, wenn maximal 0,9 Prozent des | |
Produkts betroffen ist – und wenn der Unternehmer alles getan hat, | |
Kontaminationen zu vermeiden. Doch Letzteres habe Maltas | |
Verbraucherschutzbehörde nicht überprüft, monieren die EU-Beamten. | |
Stattdessen habe die Kontrollstelle „inkorrekterweise“ entschieden, dass | |
die Ware dem Ökorecht entsprach. | |
Auch den maltesischen Zoll kritisieren die EU-Prüfer: Die Grenzer hätten | |
importierte Ware freigegeben, bevor alle vom EU-Recht verlangten | |
Informationen vorlagen. Zudem bemängeln die EU-Beamten, dass die Behörden | |
nach Pestizidfunden in Bioweintrauben nicht ausreichend recherchiert | |
hätten. „Infolgedessen wurden keine geeigneten Sanktionen verhängt.“ | |
Das maltesische Umweltministerium schreibt in einer Stellungnahme, dass das | |
öffentliche Verzeichnis der Bio-Unternehmen jetzt auch Angaben über den | |
Gültigkeitszeitraum der Ökosiegel enthalte – doch zu den anderen | |
Kritikpunkten schweigt das Ministerium. | |
1 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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