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# taz.de -- Gaskraftwerk Irsching: Strategischer Stilllegungsantrag
> Der Eon-Konzern meldet an, wegen der Energiewende das relativ neue
> Gaskraftwerk Irsching abschalten zu wollen. Was steckt dahinter?
Bild: Beste Freunde: Eon-Chef Teyssen und Bayerns Ministerpräsident Horst Seeh…
FREIBURG taz | Der Energieriese Eon und die kommunalen Unternehmen HSE,
Mainova und N-ERGIE haben die Stilllegung der Gaskraftwerke Irsching 4 und
5 zum 1. April 2016 angezeigt. Zu diesem Termin endet eine
Sondervereinbarung mit dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet, die bisher den
Bestand der beiden Blöcke sichert.
Irsching 4 und Irsching 5 gehören zu den wirkungsvollsten und
leistungsfähigsten Gaskraftwerken Europas. Trotzdem liegt es aus Sicht der
Stromfirmen nahe, sie vom Netz zu nehmen. Denn die beiden Anlagen in Bayern
erzeugten 2014 keine einzige Kilowattstunde Strom für den Markt.
Grund sind die Überkapazitäten an Kohlekraft, die zu einem gnadenlosen
Preiskampf im Großhandel geführt haben, der Gaskraftwerke verdrängt. Die
beiden Blöcke kamen daher nur noch sporadisch auf Anweisung des
Netzbetreibers zum Einsatz, um das Stromnetz zu stabilisieren. Dafür
erhalten die Eigentümer der Kraftwerksblöcke zwar eine vertraglich
vereinbarte Vergütung, doch diese ist Eon auf Dauer zu gering.
## Systemrelevanz für alle
In der Regel kann niemand ein Privatunternehmen verpflichten, eine
unrentable Anlage zu betreiben. Im Strommarkt gibt es allerdings eine
Ausnahme: Die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde kann den Weiterbetrieb
eines Kraftwerks anordnen, wenn die Stabilität des Stromsystems gefährdet
ist. Das dürfte bei Irsching der Fall sein, weil heute so ziemlich jedes
Kraftwerk südlich der Mainlinie als systemrelevant gilt.
Ordnet die Netzagentur den Weiterbetrieb der Kraftwerke an, fallen sie
unter die Reservekraftwerksverordnung und werden dann aus den Netzentgelten
bezahlt. Aus Sicht von Eon wäre aber auch das unbefriedigend. Denn der
Gesetzgeber hatte, als er die Verordnung formulierte, ausschließlich
ältere, bereits abgeschriebene Kraftwerke im Sinn, nicht aber so moderne
Anlagen wie die Blöcke Irsching, die erst 2010 und 2011 ans Netz gingen und
sich längst nicht amortisiert haben.
Deshalb gilt als sicher, dass Eon klagen wird, wenn die Bundesnetzagentur
der Stilllegung widerspricht. Tatsächlich aber wollen die Eigentümer die
Anlagen nicht ernsthaft abschalten, denn dann wären ihre Investitionen ja
ganz verloren. Offenbar handelt es sich also um einen strategischen Akt:
Die Unternehmen wollen die Vergütungen für Irsching neu verhandeln.
## Druck auf Bundesumweltminister Gabriel
Weil Individualvereinbarungen im Strommarkt aber zunehmend kritisch gesehen
werden, dürfte sich damit der Druck auf die Politik erhöhen, endlich ein
transparentes und marktbasiertes Verfahren für die Sicherung von
Reserveleistung zu entwickeln. Das könnte ein Kapazitätsmarkt sein, der
Kraftwerke dafür bezahlt, dass sie an kritischen Stellen im Netz in
Bereitschaft gehalten werden.
Befürworter des Modells vergleichen es gerne mit der Feuerwehr, die auch
finanziert wird, wenn sie nicht ausrücken muss. Gegner sprechen hingegen
von Subventionen oder nennen das Modell – wie es Bundeswirtschaftsminister
Sigmar Gabriel (SPD) zuletzt tat – „Hartz IV für Kraftwerke“.
Als Eon-Vorstandschef Johannes Teyssen im Januar sagte, ein Kapazitätsmarkt
werde eines Tages kommen, hatte er vermutlich auch die Kraftwerke Irsching
im Sinn. Denn deren aktuelle Unverzichtbarkeit sichert ihm eine starke
Verhandlungsposition. Und damit wird er vor allem Minister Gabriel vor sich
hertreiben.
1 Apr 2015
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Strom
Energiewende
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Energiewende
Atommüll
Erneuerbare Energien
fossile Energien
Schwerpunkt Angela Merkel
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