| # taz.de -- Energiewende gewendet: „Alte Stinker“ sind ein bisschen beleidi… | |
| > Die Gewerkschaft Ver.di demonstriert für die Erhaltung konventioneller | |
| > Kraftwerke. Auf den Kundgebungen gegen die Politik von | |
| > SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel war in Hannover auch die SPD zu | |
| > Gast. | |
| Bild: Mit Luftballons für Kohlekraft: Ver.di-Mitglieder demonstrieren für den… | |
| HANNOVER taz | Gegen die drohende Stilllegung ihrer Betriebsstätten haben | |
| bundesweit Tausende Beschäftigte von Gas- und Kohlekraftwerken | |
| demonstriert. Aus Sorge um 20.000 Arbeitsplätze forderte die Gewerkschaft | |
| Ver.di auf dem Aktionstag ein „Nachsteuern bei der Energiewende“. In | |
| Hannover, Bremen, Braunschweig, Wilhelmshaven und Lingen demonstrierten | |
| laut Ver.di rund 3.500 Beschäftigte. | |
| Ausgemustert werden die Kraftwerke, weil konventionell produzierte Energie | |
| von dem subventionierten Ökostrom aus dem Markt gedrängt wird. Das sehen | |
| auch die Gewerkschafter so. Die Schaffung eines Kapazitätsmarktes soll das | |
| Problem lösen. Gemeint ist damit die Vergütung von bereitgestellter | |
| Energieerzeugungskapazität, anstelle des tatsächlich gelieferten Stroms. | |
| In Bremen waren rund 1.500 Protestler dem Aufruf gefolgt. Anders als | |
| regenerative Energien, würde ihre Arbeit der Kundschaft tatsächliche | |
| „Versorgungssicherheit bieten“, sagte der Ver.di-Gewerkschaftssekretär | |
| Stefan Schubert. Konventionelle Kraftwerke lieferten eben auch, „wenn der | |
| Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint“. Und ein bisschen beleidigt | |
| über den gesellschaftlichen Ruf war man dann auch: „Wir stehen als die | |
| alten Stinker da“, sagte Frank Gawrischtschuk, Betriebsrat bei den | |
| Stadtwerken Bremen (SWB). | |
| Das politische Ziel des Protests ist Sigmar Gabriel (SPD). Der | |
| Wirtschaftsminister hatte sich gegen eine Bestandssicherung ausgesprochen | |
| und angekündigt, kein „Hartz IV für alte Kohlekraftwerke“ zu schaffen. | |
| Nicht überall hat er damit die Rückendeckung seiner Partei – in Hannover | |
| wird der Protest auch von SPD-Abgeordneten unterstützt. Am Heizkraftwerk | |
| Linden versammelten sich rund 1.000 Beschäftigte der Stadtwerke. Gastredner | |
| waren Oberbürgermeister Stefan Schostok (SPD) und Stadtkämmerer Marc | |
| Hansmann (SPD). | |
| „Das hat mich gewundert“, sagt der umweltpolitische Sprecher der | |
| Grünen-Ratsfraktion Pat Drenske, der die Vorschläge von Ver.di für nicht | |
| zukunftsgerichtet hält. „Durch einen Kapazitätsmarkt würde der Ausbau der | |
| Erneuerbaren Energien ausgebremst“, kritisiert Drenske. Auch Arbeitsplätze | |
| blieben nicht auf Dauer erhalten, wenn veraltete Technologien weiter durch | |
| Steuergelder über Wasser gehalten würden. | |
| „Durch Investitionen in Zukunftstechnologien könnten dagegen neue | |
| Arbeitsplätze geschaffen werden“, sagt er. Der Erhalt konventioneller | |
| Kraftwerke sei nicht notwendig. Zukünftig werde ein Mix aus | |
| Speichersystemen, Energieeinsparungen und Nachfrageoptimierungen die | |
| schwankende Energieversorgung ausgleichen. | |
| „Die benötigten Speicher gibt es aber noch nicht“, hält der | |
| umweltpolitische Sprecher der SPD Jürgen Mineur dagegen. Zumindest für eine | |
| Übergangszeit brauche es die konventionellen Kraftwerke. Er sagt das nicht | |
| ohne Eigeninteresse: „Für die Stadt Hannover sind die Stadtwerke eine große | |
| Einnahmequelle“, erläutert der Ratsherr. Rund 80 Millionen Euro jährlich | |
| flössen von hier in den städtischen Haushalt. | |
| Eine einheitliche Parteilinie gibt es in der SPD zum Thema Kapazitätsmarkt | |
| bisher nicht. Der Bremer Wirtschaftsstaatsrat Martin Günthner (SPD) etwa | |
| habe auf die Einladung der Gewerkschafter nicht reagiert, sagt Schubert von | |
| Ver.di. Und auch auf symbolischer Ebene ging es ruhig zu: Bereits um | |
| zwanzig nach elf stiegen 400-Protestluftballons vor dem Rathaus auf und die | |
| Kundgebung war zu Ende. | |
| 9 Oct 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan-Paul Koopmann | |
| Andrea Scharpen | |
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