Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bundesgerichtshof zu Plagiatsvorwürfen: Neue Hoffnung für Bushido
> Der Rapper bedient sich gerne bei anderen Musikern, besonders gern bei
> der Pariser Band Dark Sanctuary. Der BGH hob nun aber seine Verurteilung
> auf.
Bild: Muss ab und zu mal zur Anhörung: Anis Mohamed Ferchichi, alias Bushido, …
KARLSRUHE taz | Der Plagiatstreit zwischen Rapper Bushido und der
französischen Gothic-Band Dark Sanctuary geht in eine neue Runde. Der
Bundesgerichtshof (BGH) verlangte an diesem Donnerstag einen neuen Prozess
und hob eine Verurteilung Bushidos auf. Erforderlich sei ein
Sachverständigen-Gutachen, um zu klären, ob die von Bushido benutzten
Samples urheberrechtlich geschützt sind.
Bushido scheint ein Faible für die dunklen Sounds der französischen Band zu
haben. Nach Feststellung des Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat Bushido in
13 seiner Stücke massiv auf Input von Dark Sanctuary zurückgegriffen, vor
allem auf seinem 2007er-Album „Von der Skyline zum Bordstein zurück“. Meist
habe Bushido etwa 10 bis 15 Sekunden lange Musik-Fragmente der Franzosen
benutzt und diese per Loop ständig wiederholt. Schlagzeug und Beats habe er
dazu gemischt und darüber gerappt. Beim Stück „Janine“ hat Bushido zum
Beispiel auf ein Keybordmuster aus dem Track „Les Memoires blessées“ von
Dark Sanctuary zurückgegriffen. Bushido hat die Franzosen dabei nicht
gefragt. Stattdessen hat er sich selbst als Komponisten angegeben und die
Tantiemen eingestrichen.
Dark Sanctuary existierte ab 1996 und gab 2009 ihr letztes Konzert. Auf die
Verwendung ihrer Musik durch Bushido wurden sie durch deutsche Fans
aufmerksam gemacht. Sie klagten deshalb zunächst auf Unterlassung,
Schmerzensgeld und Auskunft über die Einnahmen von Bushido.
Die entscheidende Frage vor Gericht war, ob die benutzten Sound-Fragmente
urheberrechtlich geschützt sind. Grundsätzlich sind nicht nur ganze Songs,
sondern auch einzelne Tonfolgen vom Urheberrecht erfasst – wenn sie eine
„schöpferische Eigentümlichkeit“ aufweisen und nicht nur pures Handwerk
sind. Landgericht und Oberlandesgericht in Hamburg haben das im Fall der
Dark-Sanctuary-Samples zu großen Teilen bejaht. Dagegen ging Bushido in
Revision zum BGH.
## Ja nur übernommen
Bushidos Anwalt Peter Baukelmann kritiserte, dass die Hamburger Richter
sich bei der Beurteilung auf ihre eigene Kompetenz verlassen haben und
keinen Sachverständigen einschalteten. „Wer regelmäßig über Urheberrecht
urteilt, ist noch kein Experte für Gothic und HipHop“, sagte Baukelmann.
Mit dieser Argumentation hatte er beim BGH Erfolg. In „Grenzbereichen
zwischen Zulässigket und Unzulässigkeit“, wie hier, müssten sich die
Richter von Sachverständigen beraten lassen, erklärte der Vorsitzende
BGH-Richter Wolfgang Büscher.
Der BGH stellte auch klar, dass nicht die ganze Gruppe Dark Sanctuary gegen
Bushido klagen kann, sondern nur Fabien Pereira, der die Musik komponiert
hat. Auf die Mitwirkung an den Texten komme es nicht an, weil Bushido ja
nur Musik übernommen hat.
Wenn das Hamburger OLG in der nächsten Runde tatsächlich eine
Urheberrechtsverletzung Bushidos feststellt, kann die Band dauerhaft den
Verkauf der betroffenen CDs blockieren. Schon heute sind diese nicht mehr
im Handel erhältlich.
## Es kann noch teuer werden
Das OLG müsste dann auch über das beantragte Schmerzensgeld entscheiden.
Die Band verlangt Ersatz für „nicht-materielle“ Schäden, weil Bushido
schwerwiegend in ihr „Urheber-Persönlichkeitsrecht“ eingegriffen habe. „…
Band macht melancholische, wehmütige Musik“, argumentierte ihr Anwalt Peter
Wassermann in Karlsruhe, „und jetzt wird diese Musik bei Rap-Texten mit
derber und anstößiger Sprache verwendet, wenn es um Gewalt und sexuellen
Missbrauch geht“. Die Band wolle mit Bushido nicht in Verbindung gebracht
werden, so Wassermann. Bushidos Anwalt konterte: „Wer kennt denn Dark
Sanctuary? Wer in Deutschland nicht bekannt ist, hat auch keinen Ruf zu
verlieren.“ Das Landgericht hatte Bushido 2010 verurteilt, 63.000 Euro
Ersatz für immaterielle Schäden zu zahlen.
In einem neuen Prozess könnte Fabien Pereira dann von Bushido auch eine
Beteiligung an dessen bisherigen Einnahmen verlangen. Das kann für Bushido
noch teuer werden, schließlich wurde „Von der Skyline zum Bordstein zurück�…
so gut verkauft, dass das Album Platin-Status erreichte.
Ein weiterer Prozess der Plattenfirma von Dark Sanctuary gegen Bushido
läuft bereits parallel. Hier geht es um das Leistungsschutzrecht der Firma
an den Band-Aufnahmen. Die Firma behauptet, dass Bushido nicht nur die
Ideen der Band geklaut hat, sondern auch die Originalaufnahmen verwendete
(statt sie mit anderen Musikern neu einzuspielen).
Bushido ist nicht zum ersten Mal beim Klauen von fremder Musik erwischt
worden. Auch der norwegischen Metal-Band Dimmu Borgir musste er bereits
Schadensersatz zahlen. Der Streit wurde 2007 laut Medienberichten
außergerichtlich geklärt.
Az. I ZR 225/12
16 Apr 2015
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwerpunkt Urheberrecht
Plagiat
Bushido
Gangsta-Rap
Kulturpolitik
Poesie
HipHop
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bushido wird alt: Zeiten ändern dich
Rapper Bushido regt sich nur noch über Kleinkram auf. Der Schritt vom
Gangster zum Rentner ist offensichtlich kein großer.
Ein Plagiat wird zur Kenntnis genommen: Die Kulturpolitik entscheidet nichts
Bürgermeister Böhrnsen scheitert bei SPD und Grünen mit dem Versuch, die
Standortfrage beim Museum Weserburg zugunsten des Teerhofs zu entscheiden.
Literarische Plagiatoren von Weltrang: Wie aus Fetzen Büchern werden
„Zettelpoeten“ wie Walter Benjamin oder Rainald Goetz können Gelehrte oder
Räuber sein. Warum, erzählt das Buch „Gesammelte Welten“.
Verbürgerlichung der Rap-Kultur: Marginalisiert mit Gemüseabo
Was wurde nur aus den bösen Buben und Vielrednern am Mikrofon? Es ist Zeit
für ein anständiges Hip-Hop-Battle.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.