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# taz.de -- Ölpreis mit Nebenwirkungen: Billigöl schreddert PET-Recycling
> Weil Kunststoff billiger neu herzustellen als zu recyceln ist, wackelt
> das fortschrittlichste PET-Sammelsystem Europas. Wie lange halten die
> Firmen stand?
Bild: Das haben die Schweizer bis jetzt besser gelöst: Plastikflaschen-Downcyc…
BERLIN taz | Der niedrige Preis für Mineralöl gefährdet in der Schweiz
einen der höchsten Recyclingstandards für PET-Getränkeverpackungen in
Europa. Der Kunstoff PET, der aus Erdöl oder Erdgas hergestellt wird, kann
derzeit neu günstiger eingekauft werden als die recycelte Variante.
Weil Getränkeflaschen statt aus Glas immer häufiger aus Kunststoff
hergestellt werden, zugleich aber absehbar ist, dass Erdöl und -gas nicht
unbegrenzt zur Verfügung stehen, haben die Schweizer bereits 1990
angefangen, einen Recycling-Kreislauf für PET-Getränkeflaschen aufzubauen.
Dieser ist bis heute in Europa führend.
Damals beauftragte das Schweizer Umweltministerium die PET-Recycling
Schweiz damit, ein flächendeckendes Entsorgungsnetz aufgebaut. Heute stehen
den Schweizer Konsumenten landesweit 40.000 Sammelstellen und 100.000
Container zur Verfügung, an denen sie die leeren PET-Getränkeflaschen in
den Werstoffkreislauf zurückgeben können. Die Flaschen werden anschließend
zu sogenanntem PET-Rezyklat verarbeitet, aus dem ohne Wertverlust immer
wieder neue PET-Flaschen produziert werden können.
## Wiederverwendung halbiert die Umweltfolgen
Nach Angaben des Verbands halbiert dieses Recycling die Umweltauswirkungen
- also vor allem Wasser- und Energieverbrauch sowie den Ausstoß von
Klimagasen -, die die Neuproduktion hätte. Heute würden rund vier von fünf
PET-Flaschen in der Schweiz recycelt. Zugleich nehme der Anteil an
nicht-recycelten Flaschen im Abfall seit zehn Jahren konstant ab.
Das System basiert auf einer freiwilligen Selbstverpflichtung von
Getränkeindustrie, Handel und Endverbrauchern. Damit hat die Schweiz erstes
Land Europas einen landesweit geschlossenen Flaschenkreislauf ohne
Pfandregelung etabliert.
Nun steht dieses System aber unter Druck: Seit die Ölpreise eingebrochen
sind, kann Neu-PET günstiger auf den internationalen Märkten eingekauft
werden als PET-Rezyklat. Jean-Claude Würmli, der Geschäftsführer von
PET-Recycling Schweitz, sieht deshalb bereits den gesamten Standard in
Gefahr.
## Umweltschutz wichtiger als Profit?
Allerdings haben sich die im Verband organisierten PET- Flaschenhersteller
zunächst darauf verpflichtet, das teurere PET-Rezyklat weiterhin
einzukaufen und einzusetzen: "Wenn es die Situation erfordert, dann sind
unsere Mitglieder bereit, ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen für den
Umweltschutz in den Hintergrund zu stellen", sagt Würmli.
Gerhard Koschik, Kreislaufexperte beim Umweltbundesamt, bestätigt, dass
auch die deutschen Hersteller den Preisverfall beim Öl zu spüren bekommen.
Er erwarte aber keine Umstiegswelle von Rezyklat auf Neu-PET. Schließlich
würben die Produzenten mit der guten Ökobilanz ihrer Produkte - und da sei
recyceltes PET um Längen besser. Allerdings könnte sich die Gelassenheit
der deutschen Unternehmen auch damit erklären, dass das PET-Recycling
hierzulande deutlich weniger ausgeprägt ist als in der Schweiz, weil die
leeren Flaschen kaum sortenrein gesammelt werden. Der Anteil von Rezyklat
in neuen Flaschen liegt unter einem Fünftel.
Das ist auch eine Folge des Einwegpfandsystems. Laut der
Verbraucherinitiative Verpackungsbarometer wird weniger weniger als ein
Zehntel der in deutschen Pfandautomaten gesammelten Flaschen für eine
erneute Flaschenproduktion verwendet. Der weitaus größte Teil wird
geschreddert, zu Ballen gepresst, in Container verladen und per Schiff nach
China und in der Türkei transportiert, um dort zu Textilfasern verarbeitet
zu werden.
Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) beklagt zudem, dass
hierzulande insgesamt noch immer zu viele Getränkeverpackungen im Abfall
landeten. Ein Grund: Die Bundesregierung hat die Recyclingquote für
Kunststoffe im Kreislaufwirtschaftsgesetz bei nur 36 Prozent festgesetzt,
obwohl neue Technologien zur Wiederverwertung viel höhere Quoten zuließen.
Zugleich ist die Verbrennung von PET-Getränkeflaschen für deutsche
Entsorgungsunternehmen häufig günstiger als das aufwendige Recycling.
Vor diesem Hintergrund fordert die DUH bereits seit Jahren neue gesetzliche
Regelungen und eine Erhöhung der Recyclingquoten, die seit 15 Jahren nicht
angepasst wurden.
17 Apr 2015
## AUTOREN
Alena Poth
## TAGS
Kreislaufwirtschaftsgesetz
Deutschland
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Ölpreis
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Erdöl
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