# taz.de -- GDL-Chef über Arbeitskampf: „Dieser Streik ist nur der Einstieg�… | |
> Die Bahn habe in ihrem Angebot Verhandlungsergebnisse unterschlagen, sagt | |
> Claus Weselsky. Beim Tarifeinheitsgesetz hofft er auf das | |
> Verfassungsgericht. | |
Bild: Sieht aus wie eine Patt-Situation. Ein Bahnsteig in Berlin. | |
taz: Herr Weselsky, über die Gespräche zwischen der Bahn und der | |
Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) in der letzten Woche gibt es sehr | |
unterschiedliche Darstellungen. Worüber haben Sie denn Ihrer Meinung nach | |
verhandelt? | |
Claus Weselsky: Alle Faktoren, die diesen Tarifstreit betreffen: | |
Arbeitszeiten, wie man die Entgelttabellen verbessern kann, die | |
Beschäftigtengruppen. | |
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber sagt aber, über Geld und Arbeitszeit sei | |
noch gar nicht verhandelt worden. | |
Was Herr Weber der Öffentlichkeit für ein Bild malt, ist nicht meine Sache. | |
Ich spreche von den Verhandlungen, wie sie gelaufen sind. | |
Vor den Gesprächen wirkte die Stimmung doch gut. Wie kam es zu der | |
Eskalation? | |
Wir sind in die Verhandlung eingetreten mit dem Wissen, dass wir ein | |
Zwischenergebnis zu erzielen haben, weil die GDL die Verhandlungen sonst | |
nicht fortführt. Das war Herrn Weber bekannt. Und es sah auch eine Zeit | |
lang so aus, als ob wir das schaffen könnten. Wir wären in mehreren Punkten | |
Kompromisse eingegangen. Die muss man dann aber auch fixieren. Und das hat | |
die Bahn nicht getan. | |
Geben Sie uns ein Beispiel für einen solchen Kompromiss? | |
Wir hätten uns darauf eingelassen, für Zugbegleiter das alte Entgeltsystem | |
weiter gelten zu lassen – unter der Voraussetzung, dass die feste | |
Einkommenssteigerung während der Berufsjahre verbessert wird. Im Moment ist | |
festgelegt, dass die Einkommen über 25 um 180 Euro steigen. Wenn wir uns | |
einigen, das zu verbessern, ohne die konkrete Höhe festzulegen, ist das ein | |
Zwischenschritt. Den muss man festhalten. Und ganz zum Schluss der | |
Verhandlungen, wenn auch die Bahn alle Kosten überblicken kann, redet man | |
über die Höhe dieser Verbesserung. So kommt man zum Abschluss einer | |
komplizierten Tarifverhandlung. | |
Die Bahn hat Ihnen aber doch ein Angebot vorgelegt. | |
Ich finde es bemerkenswert, wie die Bahn mit gut gemachten Vorträgen der | |
Öffentlichkeit ein Bild vorgaukelt. Es gibt ein Angebot, aber die GDL hat | |
es nicht angenommen. Der Inhalt ist nicht geeignet, einen Zwischenstand zu | |
dokumentieren, von dem aus man weiterverhandeln könnte. | |
Und da kommen Sie gleich mit dem Streikhammer? | |
Alle Welt sagt: Herr Weber hat doch unterschrieben, wo ist das Problem? | |
Beim nächsten Mal mache ich es einfach genauso, werfe Herrn Weber ein | |
unterschriebenes Angebot auf den Tisch und sage: Herr Weber, wir haben ein | |
Zwischenergebnis. Das ist doch ein Witz. | |
Ihnen läuft aber die Zeit weg. Voraussichtlich noch vor der Sommerpause | |
wird das Tarifeinheitsgesetz in Kraft treten. Dann wird die Bahn nicht mehr | |
mit Ihnen verhandeln müssen. | |
Ich bin da optimistisch. Wir erleben eine große gesellschaftspolitische | |
Debatte über dieses Gesetz. Dass es kommt, ist klar, aber ob es bleiben | |
wird, ist nicht klar. Wir werden noch im Mai vor dem | |
Bundesverfassungsgericht Klage erheben. | |
Und bis dahin? | |
Ich weiß nicht, ob der Bahn bewusst ist, dass es bis zur Einführung des | |
Tarifeinheitsgesetzes noch dauert. Dieser Streik ist nur der Einstieg auf | |
niedrigem Niveau. Unsere Mitglieder sind bei uns: Der Druck aus der | |
Gewerkschaft steigt, noch mehr zu unternehmen. Unsere Mitglieder wollen | |
sich nicht länger veralbern lassen. | |
Warum versuchen Sie es in einer so verfahrenen Lage nicht mit einem | |
Schlichter? | |
Wir lassen nicht schlichten über grundgesetzlich geschützte Rechte. | |
23 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Ruben Rehage | |
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