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# taz.de -- Kritik an EU-Flüchtlingsgipfel: Halbherzig bis unzureichend
> Organisationen wie Oxfam und Amnesty International haben die
> Gipfelbeschlüsse der EU scharf kritisiert. Auch die Grünen monieren eine
> Abschottungspolitik.
Bild: „Küstenwache“ klingt gut, meint aber nicht immer Menschenrettung.
BRÜSSEL afp | Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben
mit ihren Gipfelbeschlüssen zur Flüchtlingskrise für scharfe Kritik
gesorgt. Das Treffen am Donnerstag in Brüssel sei „eine Gesichtwahrungs-,
keine Lebensrettungsoperation“ gewesen, erklärte die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Die Hilfsorganisation
Oxfam sprach von einer vertanen Chance. Besonders kritisiert wurde, dass
das Einsatzgebiet der EU-Überwachungsmissionen auf See nicht ausgedehnt
wurde, worüber Bundeskanzerlin Angela Merkel (CDU) erneut beraten will.
„All die Worte und Ressourcen, die auf dieses Problem verwendet werden,
legen nahe, dass die EU-Oberhäupter es ernst meinen mit dem Retten von
Leben auf hoher See“, erklärte der Europa-Chef von Amnesty, John Dalhuisen.
„Aber die Wahrheit ist, dass sie das Problem weiter nur halbwegs angehen.“
Wenn das Einsatzgebiet der EU-Seemissionen nicht ausgeweitet werde, „werden
Migranten und Flüchtlinge weiter ertrinken“.
Bei dem EU-Gipfel war beschlossen worden, die Mittel für die
EU-Überwachungsmissionen auf See zu verdreifachen. Der „Triton“-Einsatz vor
Italien hat damit rund neun Millionen Euro pro Monat zur Verfügung - ebenso
viel wie der im November eingestellte italienische Seenotrettungseinsatz
„Mare Nostrum“ hatte. Dieser reichte aber bis vor die Küste Libyens, von wo
aus sich die meisten Flüchtlinge derzeit auf den Weg nach Europa machen.
Hauptaufgabe von „Triton“ und des „Poseidon“-Einsatzes vor Griechenland…
zudem der Grenzschutz und nicht die Seenotrettung.
Oxfam erklärte, die Gipfelbeschlüsse seien „vollkommen unzureichend“. Die
Seemissionen müssten „ein klares Mandat, als oberste Priorität Leben zu
retten“, bekommen, forderte der Leiter der Oxfam-Programme in Italien,
Alessandro Bechini. Außerdem dürfe es keine geografischen Beschränkungen
für die Seenotrettung geben. Oxfam kritisierte, vor allem arme Länder
müssten die Flüchtlingskrise bewältigen, während die EU keinen fairen
Beitrag leiste.
Merkel hatte nach dem Gipfel gesagt, über die Frage des Einsatzgebiets
müsse aus ihrer Sicht erneut gesprochen werden – offenbar hatte es
Widerstand bei anderen Staaten gegeben. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte,
das Mandat von „Triton“ brauche „nicht diskutiert zu werden“. Bei der
Notwendigkeit von Seenotrettung gebe es „keine geografischen oder
politischen Grenzen“.
## Schiffszerstörung geplant
Im Mittelmeer kamen nach Angaben der Internationalen Organisation für
Migration seit Jahresbeginn bereits mehr als 1.750 Flüchtlinge ums Leben.
Der Sondergipfel war angesetzt worden, nachdem allein in der Nacht zum
Sonntag vor der libyschen Küste rund 800 Flüchtlinge ertrunken waren.
Libyen ist nicht nur ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge aus Afrika
und dem Nahen Osten, es kämpft auch selbst mit einer Massenflucht. „Die
Eskalation des bewaffneten Konflikts in Libyen hat mehr als eine halbe
Million Menschen aus ihren Häusern vertrieben“, heißt es in einem Bericht
der Hilfsorganisation Roter Halbmond, der sich auf die Zeit von Mitte Mai
2014 bis Anfang April 2015 bezieht.
Die EU will den Menschenschmuggel nun stärker bekämpfen. Die
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini soll dazu Pläne erarbeiten.
Frankreichs Präsident François Hollande kündigte an, sein Land werde eine
Resolution beim UN-Sicherheitsrat einbringen, damit die Schiffszerstörung
mit militärischen Mitteln autorisiert werde. Dazu wollte er am Freitag ein
Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin führen.
Die Chefin der Grünen-Bundestagsfaktion, Katrin Göring-Eckardt, sagte in
der ZDF-Sendung „maybrit illner“, schuld an den Tragödien im Mittelmeer sei
die europäische Abschottungspolitik. Um Schlepper zu bekämpfen, müsse „man
denen schlicht und ergreifend die Geschäftsgrundlage entziehen und einen
sicheren Weg nach Europa schaffen“. Der Vorsitzende des Innenausschusses im
Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte in der Sendung, wer die
EU-Außengrenzen komplett öffnen wolle, müsse den Menschen auch erklären,
was dies bedeute.
24 Apr 2015
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