# taz.de -- Krise in Griechenland: Tsipras hat es plötzlich eilig | |
> Athen kündigt seinen Reformplan an. Der neue griechische | |
> Verhandlungsführer bekräftigt Kritik an der Eurogruppe – und deutet ein | |
> baldiges Referendum an. | |
Bild: Beim letzten Treffen der EU-Finanzminister ging es schleppend voran. | |
BRÜSSEL taz | Nun soll plötzlich alles ganz schnell gehen: Noch vor dem | |
nächsten Eurogruppen-Treffen am 11. Mai will die griechische Regierung | |
ihren seit Wochen angekündigten Reformplan vorlegen. Dies kündigte | |
Ministerpräsident Alexis Tsipras in Athen an. Zugleich deutete der | |
Linkspolitiker an, dass es ein Referendum über neue Sozialkürzungen geben | |
könnte, wie sie die Gläubiger fordern. | |
Zuvor hatte Tsipras sein Team für die Verhandlungen mit der Eurogruppe | |
umgebaut. Der umstrittene, vor allem von Deutschland angefeindete | |
Finanzminister Gianis Varoufakis soll sich aus den laufenden Verhandlungen | |
zurückziehen. Neuer Koordinator für die Gläubigergespräche ist Eukleides | |
Tsakalotos, der schon unter der Vorgängerregierung mit der Eurogruppe | |
verhandelt hatte. | |
Die Umbesetzung war in Berlin als „Entmachtung“ von Varoufakis gefeiert | |
worden. Nun könne es endlich wieder vorangehen, so der Tenor. Die EU in | |
Brüssel hingegen reagierte zurückhaltend. Es hänge von den griechischen | |
Vorschlägen ab, ob man schon im Mai eine Einigung finden werde, sagte ein | |
EU-Diplomat. | |
In der Sache sind die Fronten weiter verhärtet. Athen geht es vor allem | |
darum, die Einnahmen des Staates zu erhöhen. Nach griechischen | |
Medienberichten will die Regierung scharfe Kontrollen von | |
Auslandsüberweisungen einführen, um Schwarzgeld aufzuspüren. Geplant sei | |
auch eine bessere Erfassung der Mehrwertsteuer. Zudem wolle der Staat | |
verstärkt Zahlungen säumiger Schuldner eintreiben und den Schwarzhandel mit | |
Treibstoffen und Zigaretten bekämpfen. Demgegenüber lehnt die griechische | |
Regierung neue Entlassungen, Rentenkürzungen oder | |
Mehrwertsteuer-Erhöhungen, wie sie die Gläubiger fordern, strikt ab. | |
## Verhandlungsführer: Athen hält sich an Absprachen | |
Daran dürfte sich auch unter dem neuen Verhandlungsführer Tsakalotos nichts | |
ändern. In einem Interview gab er der Eurogruppe die Schuld an den | |
schleppenden Verhandlungen. Athen halte sich an die Absprachen und habe | |
bisher schon drei Listen mit Reformen vorgelegt, so Tsakalotos. Das Problem | |
sei jedoch, dass die Troika, die nun „Brüsseler Gruppe“ genannt wird, an | |
ihren eigenen alten Reformplänen festhalten wolle. Als Beispiel nennt | |
Tsakalotos den Arbeitsmarkt. Athen sei für eine neue Regulierung, die | |
Eurogruppe fordere jedoch eine weitere Deregulierung. | |
Keine Annäherung zeichnet sich auch beim Kampf gegen Korruption und | |
Steuerflucht ab. Die Eurogruppe habe es zwar begrüßt, dass die neue | |
Links-rechts-Regierung dies zur Priorität erklärt hat. Doch aus Brüssel | |
komme keine Unterstützung, so Tsakalotos. Stattdessen fordere die | |
Eurogruppe höhere Mehrwertsteuern für Ferieninseln wie Mykonos oder | |
Santorin. Dies sei jedoch inakzeptabel, da die Inseln schon jetzt unter | |
ihrer Randlage litten. | |
Wer in Berlin oder Brüssel glaubt, Tsakalotos vertrete eine andere Linie | |
als Varoufakis, könnte sich also täuschen. „Wir machen Vorschläge, und die | |
Eurogruppe antwortet mit Regeln“, klagt der neue griechische | |
Verhandlungsführer. | |
28 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Tsipras | |
Varoufakis | |
Euro-Krise | |
Athen | |
Griechenland | |
Griechenland | |
Wolfgang Schäuble | |
Troika | |
Bürokratie | |
Alexis Tsipras | |
Schuldenkrise | |
Import | |
EU | |
EZB | |
EU | |
Griechenland | |
Gazprom | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kolumne The Final Countdown: Noch 8 Tage bis zur Griechen-Pleite | |
Am 5. Juni ist Athen bankrott. Schon mal gelesen, nur mit anderem Datum? | |
Das könnte sich bis zum Jahr 2054 so hinziehen. | |
Kommentar Griechenland-Verhandlungen: Katastrophale Inszenierung | |
Die Verhandlungen um die Schulden Griechenlands sind eine brutale Show. An | |
ihren Folgen wird das Land, aber auch die Euro-Zone lange leiden. | |
Staatspleite rückt näher: Athen spielt Schwarzer Peter | |
Die Gläubiger sollen an den schleppenden Verhandlungen schuld sein, | |
behauptet die griechische Regierung. Hoffnungen auf eine Einigung | |
schwinden. | |
Kolumne Eben: Ordnung, Ordnung, Hausordnung | |
Varoufakis verschmäht ein Gala-Dinner und ist jetzt raus, weil er seinen | |
Job angeblich nicht gemacht hat. Dabei hat er ihn vortrefflich gemacht. | |
100 Tage Tsipras-Regierung: Kühne Pirouetten am Abgrund | |
Seit 100 Tagen führt Alexis Tsipras die Regierung in Griechenland. Seine | |
Bilanz ist mager. Welche Wende kann jetzt kommen? | |
Schuldenkrise in Griechenland: Neue Gespräche mit den Geldgebern | |
Der IWF wolle keinen Schuldenschnitt, sagt Finanzminister Schäuble. Derweil | |
könnten die Notfallkredite für Griechenland aufgestockt werden. | |
Deutsche Exporte nach Griechenland: Pillen statt Produktionsmittel | |
Griechenland wird als Handelspartner für Deutschland immer unwichtiger. Die | |
Exportzahlen sind symptomatisch für die Wirtschaft des Landes. | |
Reformpaket in Griechenland: Weniger Varoufakis, mehr Brüssel | |
Die Gespräche über Griechenlands Reformen kommen voran, während Varoufakis' | |
Einfluss schwindet. Am Dienstagabend wurde der Finanzminister angegriffen. | |
Schuldengespräche mit Griechenland: Tsipras zieht Varoufakis zurück | |
Nicht mehr der Finanzminister, sondern der Vize-Außenminister soll die | |
Schuldengespräche koordinieren. Händler: 40-Prozent-Chance für „Grexit“. | |
US-Ökonom über Griechenland: „Das soziale Netz ist zerrissen“ | |
Barry Eichengreen befürwortet eine Lockerung der Sparauflagen für Athen, | |
ohne sie aufzugeben. Die EU sollte Griechenland im Euro halten, fordert er. | |
Ökonomische Krise in Griechenland: Haste mal 'ne Million? | |
Die griechische Regierung pumpt Behörden und öffentliche Unternehmen an: | |
Sie sollen vorübergehend Finanzreserven überweisen. | |
Kommentar Griechenland und Gazprom: Der Rubel rollt nicht | |
Griechenland sucht weiterhin den Schulterschluss mit dem Kreml. Doch die | |
erhofften Energie-Milliarden lassen auf sich warten. Schlecht ist das | |
nicht. |