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# taz.de -- Hauptversammlung bei VW: Der Schatten des Übervaters
> Nach seiner Niederlage erhält Ex-VW-Patriarch Ferdinand Piëch in
> Abwesenheit Lob. Doch die künftige Konzernführung bleibt völlig unklar.
Bild: In der Führung des Autobauers sieht es nicht so geordnet aus
HANNOVER taz | Zehn Tage nach seinem spektakulären Abgang dominiert
Volkswagens Ex-Patriarch Ferdinand Piëch die Aktionärs-Hauptversammlung des
zweitgrößten Autobauers der Welt – selbst in Abwesenheit. Zum ersten Mal
seit mehr als 20 Jahren sitzt der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende und
Ex-Vorstandschef der Volkswagen AG nicht auf dem Podium.
An seiner Stelle eröffnet Berthold Huber die Versammlung, der für den Enkel
des Käfer-Erfinders Ferdinand Porsche auf den Aufsichtsratsvorsitz
nachgerückt ist. Huber, der bis 2013 Vorsitzender der IG Metall war,
beginnt mit überschwänglichem Dank: Riesengroß seien die Verdienste des
„Herrn Professor“, lobt der Gewerkschafter den Übervater des Konzerns.
„Wie kein Zweiter“ habe Piëch die gesamte „Automobilindustrie in den
vergangenen fünf Jahrzehnten geprägt“, tönt auch sein Nachfolger, der
amtierende Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn. Dabei hätte gerade der
aktuelle VW-Chef jeden Grund zur Wut auf seinen einstigen Förderer. Mit dem
Satz, er sei auf „Distanz zu Winterkorn“, hatte Piëch am 10. April für ein
Erdbeben gesorgt. 600.000 Mitarbeiter weltweit wirkten verunsichert, die
Aktie ging zeitweise auf Sinkflug.
Es folgten ein zwei Wochen dauernder Machtkampf, Intrigen, Drohungen. Piëch
versuchte, Winterkorn gegen den Widerstand von Betriebsräten,
Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil und seines Cousins
Wolfgang Porsche abzusägen – dabei hält der Familienclan der Porsches und
Piëchs zusammen mehr als 50, das Land Niedersachsen 20 Prozent der
VW-Stammaktien.
Doch wie die Porsches stützten Arbeitnehmervertreter und Land Winterkorn.
Zwar steht der Vorstandsvorsitzende seit Monaten wegen der geringen
Umsatzrendite von 2,5 Prozent der Kernmarke VW in der Kritik. Doch
Winterkorn hat sich bisher zur Produktion in Wolfsburg und Emden bekannt:
An der strukturschwachen Küste hält VW eine ganze Region am Leben.
## Der Patriarch wollte nicht nachgeben
Aber Ferdinand Piëch, der VW ab 1993 aus den tiefroten Zahlen gerettet hat,
der persönlich gut 13 Prozent der VW-Anteile hält, wollte nicht nachgeben:
Mit seiner Bitte an den Porsche-Chef Matthias Müller, sich als Ersatz für
Winterkorn bereitzuhalten, provozierte er den Rest des
Aufsichtsratsgremiums erneut – und musste am 25. April als
Aufsichtsratsvorsitzender gehen. Auch für seine Frau Ursula erklärte er den
Rücktritt aus dem Kontrollgremium.
Bei der VW AG allerdings hinterlässt Piëch nicht nur bei der
Hauptversammlung eine riesige Lücke. Bei der Suche nach einem neuen
Chefaufseher will sich Volkswagen Zeit lassen. Wer den Techniker, der einst
im eigenen Konstrukteursbüro Motoren für Mercedes entwickelte, der später
die Konzerntochter Audi leitete, als Aufsichtsratschef ersetzen könnte, ist
völlig unklar: Spekulationen nennen Vorstandschef Winterkorn, aber auch
Wolfgang Porsche oder den ehemaligen BMW-Manager Wolfgang Reitzle.
Eine Berufung Winterkorns dürfte für Piëch die größte denkbare Niederlage
darstellen – sein Widerstand gegen den VW-Chef soll ursprünglich von dessen
Ambitionen auf den Aufsichtsratsvorsitz ausgelöst worden sein. Außerdem
müsste dann wiederum ein neuer Vorstandschef gefunden werden.
Bei den Aktionären könnte eine solche Beförderung Winterkorns dagegen gut
ankommen: Bei der Hauptversammlung zeigten sich viele „entsetzt“ über den
offenen Machtkampf zwischen den Chefs von Aufsichtsrat und Vorstand: Piëchs
Angriffe auf Winterkorn, urteilte nicht nur Ulrich Hocker von der deutschen
Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, seien vor allem eins gewesen:
„schrecklich unprofessionell“.
5 May 2015
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Automobilindustrie
Hauptversammlung
Ferdinand Piëch
Martin Winterkorn
Volkswagen
Mobilität
Quote
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Porsche
Aufsichtsrat
Vegetarismus
Volkswagen
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