# taz.de -- Feier zu 70 Jahren Kriegsende: Putins protzige Parade | |
> Mit Panzern auf Partnersuche: Russland zeigt in der größten und teuersten | |
> Parade seit Ende der Sowjetunion neueste Militärtechnik. | |
Bild: Männer und ihr Spielzeug: Panzer Armata T-14 bei der Parade in Moskau. | |
MOSKAU taz | Bei strahlendem Sonnenschein beging Russland am Samstag den | |
70. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland. Eine 80-minütige | |
Militärparade leitete die Feierlichkeiten auf dem Roten Platz in Moskau am | |
Vormittag ein. Mit der Schau von Mann und Material übertraf die Parade alle | |
vorherigen seit Ende der Sowjetunion. Mehr als 16.000 Soldaten aller | |
Waffengattungen paradierten an Kremlchef Wladimir Putin und den Ehrengästen | |
vorbei. | |
Knapp zweihundert Militärfahrzeuge und Waffensysteme kamen zum Einsatz. 143 | |
Flugzeuge und Hubschrauber flogen gegen Ende der Waffenschau über die | |
Hauptstadt. Zum schweren Gerät zählte auch der vorher bereits als neue | |
Superwaffe angekündigte 50 Tonnen schwere High Tech Panzer Armata T-14. Er | |
soll eine neue Panzergeneration verkörpern mit einer Reichweite von 500 | |
Kilometern pro Tankfüllung und Spitzengeschwindigkeiten von 90 Kilometern. | |
Besonders gepriesen wird dessen durch spezielles Material geschützte | |
Kapsel, der „Panzer im Panzer“, der für zwei Mann Besatzung ausgelegt ist. | |
Auf der Jungfernfahrt am Donnerstag war die Superwaffe jedoch noch | |
liegengeblieben. Auch die atomar bestückbaren Interkontinentalraketen | |
Topol–M und JARS, eine Weiterentwicklung der Topol, rollten über den Roten | |
Platz. | |
Seit dem Ukraine-Krieg räsoniert der Kremlchef häufiger öffentlich über | |
Möglichkeiten eines begrenzten Nukleareinsatzes. Drohgebärden sind auch | |
Teil einer Verkaufsstrategie. Ein potentieller Käufer saß direkt neben | |
Putin auf der Ehrentribüne, Chinas Präsident Xi Jinping. Er war neben | |
Indiens Staatschef der einflussreichste Gast, den Moskau bei der | |
diesjährigen Feier vorweisen konnte. | |
## Botschafter aus Europa | |
Die Staatschefs der ehemaligen Alliierten-Koalition blieben wegen des | |
Konflikts in der Ukraine fern. Am meisten dürfte den um Anerkennung | |
bemühten Kreml die Absage von US-Präsident Barack Obama geschmerzt haben. | |
Die Europäer ließen sich auf der Veranstaltung nur durch ihre Botschafter | |
vertreten. Eine Ausnahme machte Zypern. Selbst Ungarn und Griechenland, die | |
mit Kremlchef Putin gerne flirten, hielten Distanz. | |
So stellten die Nachfolgestaaten der Sowjetunion das größte | |
Gäste-Kontingent. Aus Georgien und der Ukraine, auf deren Territorien | |
zurzeit russische Soldaten stehen, war niemand angereist. Auch die | |
Präsidenten Weissrusslands und Usbekistans nahmen an der Parade nicht teil. | |
Um die löchrige Phalanx der rund zwanzig Sympathisanten auszubessern, hatte | |
der Kreml noch Zimbabwes Präsidenten auf Lebenszeit, Robert Mugabe, dazu | |
gebeten. | |
Putin kritisierte in seiner Ansprache zwar den Westen, verzichtete aber auf | |
die sonst übliche Feuerkraft. Mit Blick auf die USA warnte er vor den | |
Folgen einer „unipolaren Welt“ und den vermeintlichen Tendenzen eines neuen | |
„Blockdenkens“. Darüberhinaus plädierte er für eine neue globale | |
Sicherheitsarchitektur, da es Sicherheit eines Landes auf Kosten eines | |
anderen nicht geben könne. | |
Im Rückblick auf den Zweiten Weltkrieg gemahnte Putin, die Augen heute | |
nicht wieder vor faschistischen Erscheinungen zu schließen. Das war eine | |
Retourkutsche an den Westen, der Moskaus Propaganda vom ukrainischen | |
Faschismus nicht folgt. Putin erwähnte auch die ungeheuren Opfer nicht, die | |
besonders die Ukraine im Kampf gegen Nazideutschland zu beklagen hatte. Der | |
Präsident versuchte, die Leidensgeschichte des Weltkrieges für Russland zu | |
vereinnahmen. „Ruhm dem Siegervolk“, rief er am Ende seiner Rede aus. Jedem | |
war klar, wer damit gemeint war. | |
9 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
## TAGS | |
Russland | |
70 Jahre Befreiung | |
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg | |
China | |
Russland | |
Russland | |
Einiges Russland | |
Wehrdienst | |
Russland | |
Wladimir Putin | |
70 Jahre Befreiung | |
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg | |
Bundestag | |
70 Jahre Befreiung | |
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Erinnerungskultur in Russland: Skandal um Kriegsdenkmal | |
Dumm gelaufen: Vaterlandsverteidiger in Tobolsk ist ein deutscher Soldat | |
und trägt einen Helm der Wehrmacht. Nun wurde die Skulptur abmontiert. | |
Russische Nachbarschaftspolitik: Breitseite gegen die Balten | |
Russlands Generalstaatsanwalt soll prüfen, ob die | |
Unabhängigkeitserklärungen Estlands, Lettlands und Litauens 1991 rechtens | |
waren. | |
Vergangenheitsbewältigung in Russland: „Historische Gerechtigkeit“ | |
Laut einem Gesetzesentwurf sollen sich deutsche Firmen outen, die mit den | |
Nazis Geschäfte machten. Das soll die Kauflust der Russen drosseln. | |
Fashion Week in Moskau: Maßgeschneiderter Militarismus | |
Auf der Modenschau in Moskau war Military-Look Trumpf. Krieg ist salonfähig | |
geworden. Zur Armee will die Jugend dennoch nicht. | |
Kommentar Kerry-Besuch in Russland: Wohin die Reise gehen könnte | |
Bei US-Außenminister Kerrys Besuch in Sotschi gibt es Anzeichen für | |
Entspannung im Ukraine-Konflikt. Der Ball liegt jetzt in Kiew. | |
70 Jahre Kriegsende in Russland: Merkel und Putin legen Kränze nieder | |
Gemeinsam haben die Bundeskanzlerin und der russische Präsident der | |
sowjetischen Opfer gedacht. Die offizielle Feier zum Sieg der Sowjetunion | |
hatte Merkel boykottiert. | |
Historiker über 70 Jahre Kriegsende: „Stalin hasste die Frontkämpfer“ | |
Der „Tag des Sieges“ war nicht immer der wichtigste Feiertag Russlands. | |
Historiker Nikita Sokolow über die Kultur des Erinnerns, Glanz von Paraden | |
und Stalins Ängste. | |
70 Jahre Kriegsende: Moskau und Peking Seite an Seite | |
Russland und China zelebrieren Eintracht. Doch die Freundschaft ist | |
brüchig. Vor allem Chinas zunehmende wirtschaftliche Dominanz behagt Moskau | |
nicht. | |
8. Mai im Bundestag: Schwieriges Gedenken | |
Am Jahrestag der Befreiung wirbt der Historiker Heinrich August Winkler für | |
Bundeswehreinsätze - und kritisiert die russische Regierung. | |
Essay 70 Jahre Tag der Befreiung: Zeitumstellung von neun auf acht | |
In der Ukraine wird in diesem Jahr am 9. Mai und 8. Mai des Endes des | |
Zweiten Weltkriegs gedacht. Wie, muss jeder selbst entscheiden. | |
70 Jahre Kriegsende in Russland: Wladimir Putin fast allein zu Haus | |
Den Feierlichkeiten in Moskau am 9. Mai, dem Tag des Sieges, bleiben hohe | |
Repräsentanten westlicher Staaten fern. Grund: Der Krieg in der Ukraine. |