# taz.de -- Musikstreaming-Dienste: Immer auf die Kleinen | |
> Nach dem Aus von Simfy und Grooveshark ist von einem Aussterben der | |
> kleineren Streamingdienste die Rede. Ist die Sorge berechtigt? | |
Bild: Entspannend: Musikhören, egal wie. | |
Seltsamerweise verschwanden innerhalb weniger Tage gleich zwei Anbieter aus | |
dem Musikstreaming. Am 30. April stand der amerikanische Streamingdienst | |
Grooveshark nach einem jahrelangen Urheberrechtsstreit mit den | |
US-Major-Labels definitiv vor dem Aus. Einen Tag später stellte Simfy mit | |
Sitz in Berlin seinen Dienst ein und empfahl seine Nutzer weiter an den | |
französischen Konkurrenten Deezer. Offenbar hatten die drei Branchenriesen | |
Warner, Sony und Universal dem deutschen Streamingpionier die Lizenzen | |
entzogen. Das zeigt auch, wem Streaming bisher Umsätze beschert: nicht den | |
Künstlern, sondern den Plattenmultis. | |
Obwohl die Gründe für das Aus in beiden Fällen unterschiedlich waren, | |
stellten viele Kommentatoren in den sozialen Netzwerken einen Zusammenhang | |
her und sahen das Ende von Simfy und Grooveshark als Vorboten des | |
Aussterbens der kleineren Streamingplattformen zugunsten des schwedischen | |
Marktführers Spotify. | |
Bei Napster, weltweit mit 2,5 Millionen zahlenden Nutzern einer der | |
größeren Konkurrenten von Spotify, sieht man aber vorerst keinen Grund zur | |
Sorge. Man habe momentan 60 Prozent mehr Kunden pro Jahr, gibt Thorsten | |
Schliesche, Vizepräsident von Napster in Europa, an. Musikstreaming sei | |
seit gut einem Jahr richtig im Kommen, sagt auch eine Sprecherin des | |
deutschen Streaminganbieters Juke: „Dennoch ist Streaming aktuell noch ein | |
Investitionsgeschäft, da verraten wir kein Geheimnis.“ | |
## Musikmarkt im Netz wächst | |
Denn auf dem deutschen Markt hat es die Musikbranche mit einer Besonderheit | |
zu tun. Drei Viertel ihrer Erlöse gehen laut dem Jahrbuch des | |
Bundesverbands Musikindustrie nach wie vor auf den Verkauf von CDs und | |
Vinyl zurück. Vergleichbar stark auf physische Tonträger ausgerichtet ist | |
sonst nur der japanische Markt. | |
Und doch wird Streaming auch in Deutschland immer beliebter. Dreimal so | |
viel Deutsche wie im Vorjahr hören sich ihre Musik über Anbieter wie | |
Spotify oder Deezer an. 2014 machten Streamingdienste fast vier Fünftel | |
mehr Umsatz als im Vorjahr, stellte der Bundesverband Musikindustrie fest. | |
Dadurch wuchs der gesamten Musikmarkt im Netz um rund 13 Prozent – | |
beachtlich, wenn man bedenkt, dass über klassische Downloads gleichzeitig | |
weniger Geld einfloss. | |
Den Löwenanteil dieser Entwicklung streicht der Streamingriese Spotify mit | |
15 Millionen zahlenden Nutzern weltweit ein. Nach Amazon und iTunes ist | |
Spotify erstmals unter den drei meistverdienenden Digitalhändlern in | |
Deutschland. Die rund zwanzig kleineren Streaminganbieter auf dem deutschen | |
Markt spüren währenddessen die gestiegene Konkurrenz. Es gebe einen | |
erkennbaren Trend zur Konsolidierung, sagt Thorsten Schliesche von Napster: | |
„Grundsätzlich wird der Markt immer umkämpfter.“ Aber Zusammenschlüsse | |
seien notwendig, denn tendenziell gebe es heute zu viele Angebote auf dem | |
Markt. | |
## Suche nach Nischen | |
In den nächsten Jahren dürften sich die kleineren Anbieter daher wohl | |
stärker ihre Nischen suchen. Denn dass Streaming lukrativ ist, wissen | |
weltweit unterdessen auch Großkonzerne wie Apple, Amazon und die | |
Google-Tochter YouTube und versuchen, mit eigenen Kanälen im | |
Streaminggeschäft mitzumischen. | |
Auch öffentlich-rechtliche und private Radiostationen überlegen zunehmend, | |
auf den fahrenden Zug aufzuspringen und über eigene Playlists bei den | |
Streamingdiensten präsent zu sein. Bei Juke gibt es bisher zwar noch keine | |
Zusammenarbeit mit Radiostationen, doch man beobachtet die Entwicklung in | |
diesem Bereich mit Interesse. Für Thorsten Schliesche von Napster ist es | |
nur eine Frage der Zeit: „Bis dato sind Radiosender noch sehr | |
zurückhaltend. Aber ich bin sicher, dass sich das in den nächsten Monaten | |
ändern wird.“ | |
15 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Mirja Gabathuler | |
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