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# taz.de -- EU-Kommission stellt Agenda vor: Quotensystem für Flüchtlinge
> Flüchtlinge sollen mit einem Quotensystem in der EU verteilt werden,
> Schleuser stärker bekämpft. Die Rettung Schiffbrüchiger soll verstärkt
> werden.
Bild: Rettung von Flüchtlingen nach Italien im April 2015.
BRÜSSEL afp | Flüchtlinge in Europa sollen nach dem Willen der
EU-Kommission [1][künftig nach einem Quotensystem] gerechter auf die
einzelnen Mitgliedsländer verteilt werden. „Migration geht alle
Mitgliedstaaten an, und alle Mitgliedstaaten sind nun aufgerufen, ihren
Beitrag zur Bewältigung dieser historischen Herausforderung zu leisten“,
erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Mittwoch in Brüssel
bei der Vorstellung der Flüchtlings- und Migrationsstrategie der
EU-Kommission.
Hintergrund sind die tragischen Schiffsunglücke im Mittelmeer, bei denen in
den vergangenen Monaten hunderte Flüchtlinge ertranken. Noch vor Ende Mai
soll nun laut Kommission ein zeitlich befristetes Quotensystem für Menschen
eingeführt werden, „die eindeutig internationalen Schutz in der EU
benötigen“, wie es in einer Erklärung hieß.
In welche Länder wie viele Flüchtlinge kommen, soll von mehreren Faktoren
abhängig sein: Der Einwohnerzahl, der Wirtschaftsleistung, der
Arbeitslosenquote und der bisherigen Zahl der AsylbewerberInnen. Ende des
Jahres soll ein Gesetzesvorschlag für ein dauerhaftes Quotensystem folgen.
Dieses würde immer dann greifen, wenn irgendwo in der EU auf einen Schlag
sehr viele MigrantInnen eintreffen.
Derzeit ist das Ungleichgewicht groß. Italien und Griechenland stöhnen
unter der großen Zahl von Ankömmlingen. Auch Deutschland gehört zu den
Ländern, die vergleichsweise viele Flüchtlinge aufnehmen. Es würde daher
kurzfristig von einem Quotensystem profitieren, meint der Chef der
konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber: „Ganz aktuell
würde es auf jeden Fall Entlastung bedeuten, weil Deutschland derzeit eins
der großen Aufnahmeländer in der Europäischen Union ist“, sagte der
CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Mittelfristig seien die Konsequenzen aber
schwierig vorherzusagen, räumte Weber ein.
## Widerstand aus mehreren Ländern
Heftiger Gegenwind kommt aus Großbritannien. Quoten würden noch „mehr
Menschen dazu ermutigen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen“, schrieb die
britische Innenministerin Theresa May in der Zeitung The Times vom
Mittwoch. Stattdessen schlug May vor, Flüchtlingsboote auf dem Mittelmeer
zurückzuschicken. Die EU solle sich darum bemühen, „sichere Landeplätze in
Nordafrika zu schaffen, unterstützt durch ein aktives
Rückführungsprogramm“, schrieb die Ministerin. Großbritannien ebenso wie
Irland müssen bei einem Quotensystem nicht mitmachen. Ähnlich wie Dänemark
genießen sie durch den Lissabon-Vertrag Ausnahmerechte.
Daneben gibt es auch unter den übrigen EU-Ländern Widerstände. Ungarns
Ministerpräsident Viktor Orban nannte verbindliche Quoten im Vorfeld
„verrückt“. Kritisiert wurde das Quotenkonzept unter anderem Blickwinkel
von den Grünen. „Ein verbindlicher Verteilungsschlüssel ohne einheitliche
und hohe Asylstandards führt nicht zu mehr Solidarität, sondern zu mehr
Ungerechtigkeit im System“, erklärte die Bundesvorsitzende Simone Peter am
Mittwoch. Europaabgeordnete von SPD, CDU und FDP hießen die Pläne für
Quoten im Grundsatz gut.
## „Vernichtung“ von Schleuserschiffen
Die Migrationsstrategie ist aber nicht auf die Umverteilung von
Flüchtlingen begrenzt. Schon weit vorher will die EU Schleppern ihr
Handwerk erschweren, die viele Menschen auf den gefahrvollen Weg nach
Europa bringen. Es werde erwogen, „Schleuserschiffe systematisch zu
ermitteln, aufzubringen und zu vernichten“, heißt es in einem EU-Papier.
Auch die Rettung Schiffbrüchiger soll verstärkt werden. Für die Einsätze
„Triton“ und „Poseidon“ im Mittelmeer ist eine Verdreifachung der
Ressourcen in diesem und nächstem Jahr vorgesehen. Die Kommission will
zudem das „Triton“-Einsatzgebiet ausweiten. Das bedeutet, dass
wahrscheinlich mehr Menschen gerettet werden könnten, wenn sich der
Aktionsradius der Schiffe vergrößert.
Als weitere Sofortmaßnahme kündigte die EU-Behörde ein Neuansiedlungssystem
an, das EU-weit Platz für 20.000 Flüchtlinge bieten soll. Neuansiedlung
betrifft anders als das Quotensystem Menschen, die noch nicht in der EU
sind, jedoch dringend eine neue Bleiben brauchen – zum Beispiel syrische
Bürgerkriegsflüchtlinge im Libanon.
Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung begrüßte die Strategie. Es
handele sich um einen „Schritt in die richtige Richtung“, erklärte
Staatsministerin Aydan Özoguz in Berlin.
13 May 2015
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