# taz.de -- Li in Berlin: Merkel unterstützt China | |
> Europa und China streiten um angedrohte Strafzölle auf chinesische | |
> Solarmodule. Die Bundeskanzlerin stärkt den Chinesen demonstrativ den | |
> Rücken. | |
Bild: Li Keqiang zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel wo oben ist | |
BERLIN taz | Er lächelt gern und jovial, lobt Deutschland über den grünen | |
Klee und bleibt doch in der Sache hart: So hat sich Chinas neuer | |
Ministerpräsident Li Keqiang am Sonntag abend bei seinem Antrittsbesuch im | |
Berliner Kanzleramt vor der Presse präsentiert. Demonstrativ plauderten | |
Chinas Regierungschef und die deutsche Kanzlerin entspannt, als würden sie | |
sich schon seit Jahren kennen und schätzen. | |
Überschattet wird Lis Besuch von der Ankündigung der EU-Kommission, ab dem | |
5. Juni Strafzölle auf chinesische Solarmodule zu erheben. Brüssel wirft | |
China Dumping vor. | |
Bereits vor der Ankunft in Berlin hatte Li die Vorwürfe empört | |
zurückgewiesen. In Berlin warnt er unmissvertändlich: „Strafzölle werden | |
nicht nur Arbeitsplätze in China kosten, sondern auch in Europa die | |
Industrie und die Konsumenten beeinrächtigen.“ | |
Bei der Bundeskanzlerin kommt das an. Sie fürchtet Vergeltungsmaßnahmen, | |
die die deutsche Exportindustrie hart treffen könnten. Sie spricht sich | |
trotz des Leidens der deutschen Solarhersteller gegen Strafzölle aus und | |
wirbt für eine Verständigung auf dem Verhandlungsweg. „Protektionismus ist | |
keine Antwort auf die Globalisierung,“ sagt sie. | |
Doch Li bleibt die Antwort auf die Frage schuldig, was China in dem | |
Konflikt anbieten könne, schließlich erheben die USA ähnliche Vorwürfe. | |
Stattdessen lobt der Ministerpräsident euphorisch Chinas Beziehungen zu | |
Deutschland. | |
## Mit Hybridantrieb auf der Überholspur | |
Die sollen künftig noch mehr ausgebaut werden: „Unsere Beziehungen befinden | |
sich schon auf der Überholspur und werden sich noch umfassender entwickeln | |
wie mit einem Hybridantrieb, sie werden an Pferdestärken gewinnen.“ | |
Kurz vorher waren im Beisein der beiden Regierungschefs eine Reihe | |
bilateraler Wirtschaftsverträge unterzeichnet worden, darunter auch welche | |
mit den Autokonzernen Volkswagen und BMW. Ein Drittel seines Handels mit | |
der EU macht China mit Deutschland, umgekehrt dürfte das Reich der Mitte | |
bald zum wichtigsten Handelspartner der Bundesrepublik austeigen. | |
## Leitfigur in der EU | |
Li erklärt, dass Pekings Beziehungen zu Deutschland eine strategische | |
Perspektive hätten: „Bei einem Besuch in Deutschland geht es auch um einen | |
Besuch in der EU.“ Denn Deutschland könne in der EU die Rolle einer | |
Leitfigur spielen. Dann wird ihm klar, wie seine Worte in Brüssel | |
(miss-)verstanden werden könnten, worauf er hinterherschiebt: „Damit habe | |
ich nicht gesagt, dass Deutschland die EU-Kommission ersetzen kann.“ | |
In einer gemeinsamen Erklärung betonen beide Seiten, dass sie künftig in | |
den vier Bereichen industrielle Entwicklung, Informationstechnologie, | |
Urbanisierung und Modernisierung der Landwirtschaft enger zusammen arbeiten | |
wollen . Dazu ist eine sogenannte Urbanisierungspartnerschaft geplant und | |
ein deutsch-chinesischer Landwirtschaftsdialog. | |
Er soll die laut Merkel schon bisher existierenden 60 bilateralen Dialoge | |
ergänzen und sich unter anderem mit Themen wie Ernährungs- und | |
Lebensmittelsicherheit befassen. Zudem will das wirtschaftlich | |
expandierende China eine Handelskammer und eine Institution zur | |
Investitionsförderung in Deutschland gründen. | |
## Von Potsdam aus gegen Japan | |
In der Erklärung bekennen sich beide Seite zur Bedeutung von | |
Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte und der Fortsetzung | |
ihrer jeweiligen bilateralen Dialoge in diesen Bereichen. Neue Initiativen | |
gibt es hier jedoch nicht. Laut Merkel hat sie selbst die | |
Arbeitsbedingungen deutscher Korrespondenten angesprochen, was sie auch | |
schon bei früheren Gelegenheiten gemacht hatte. | |
Li spricht sich für eine Stärkung der Zusammenarbeit der beiden | |
Zivilgesellschaften aus, ohne Details zu nennen. Zuvor hatten er und die | |
Kanzlerin erstmals das deutsch-chinesische Sprachenjahr eröffnet, das schon | |
Schulkinder an die jeweils andere Sprache heranführen soll. | |
Am Sonntag vormittag hatte Li in Potsdam das Schloss Cecilienhof besucht, | |
wo einst die Siegermächte die Nachkriegsordnung festlegten. China war daran | |
nur telegrafisch beteiligt gewesen. | |
## Eine Botschaft nach Tokio | |
Jetzt schickte Li von Potsdam aus an die Nationalisten zu Hause wie an den | |
Kriegsverlierer Japan die Botschaft, dass China seinen Anspruch auf die | |
Diayo-Inseln nicht aufgeben werden. Die Zugehörigkeit dieser von Tokio | |
kontrollierten und in Japan Senkaku genannten Inseln sind zwischen beiden | |
Staaten umstritten. | |
Der Streit geht darauf zurück, dass die einst von Japan besetzten Inseln | |
von den USA zusammen mit Okinawa an Japan zurückgegeben wurden. Die Region | |
um die Inseln gilt als ressourcenreich. | |
Am Montag wird Li noch direkt zu deutschen Wirtschaftsvertretern sprechen | |
sowie den SPD-Vorsitzenden Siegmar Gabriel und Kanzlerkandidat Peer | |
Steinbrück treffen. Am nachmittag wird er auch noch den selbst ernannten | |
China-Versteher und Ex-Kanzler Helmut Schmidt aufsuchen. | |
27 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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