# taz.de -- Zahl der Abschiebungen steigt: Abschiebungen „im großen Stil“ … | |
> Nachdem Scholz im Herbst schnellere Abschiebungen gefordert hatte, sind | |
> die Zahlen nun gestiegen. Besonders bei Iraker*innen greifen die | |
> Behörden zu. | |
Bild: Abschiebungen mit allen Mitteln – hier rückt das SEK an | |
BERLIN taz | Es ist ein Trend mit Ansage: Die Zahl der Abschiebungen aus | |
Deutschland hat im Vergleich zum vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Im | |
ersten Quartal wurden nach Angaben der Bundesregierung 4.791 Menschen | |
abgeschoben, das sind 34 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die meisten | |
Abschiebeflüge gingen nach Georgien, wie es in der Antwort auf die Anfrage | |
der Linken-Abgeordneten Clara Bünger zu den Zahlen hieß. | |
Demnach nahmen aber auch die Abschiebungen von Menschen in den Irak | |
deutlich zu. Menschenrechtsorganisationen kritisierten am Donnerstag | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der im Herbst in einem Spiegel-Interview | |
[1][Abschiebungen „im großen Stil“ gefordert hatte.] | |
„Das ist genau die Haltung mit der die Bundesregierung nun vorgeht“, sagte | |
Tareq Alaows von der Organisation Pro Asyl mit Blick auf Scholz' Aussagen | |
aus dem Oktober zur taz. „Wenn wir Ezid*innen abschieben, obwohl wir vor | |
zwei Jahren den Völkermord anerkannt haben, dann ist das auch ein Ausdruck | |
dieser veränderten Haltung.“ Pro Asyl kritisiert, dass Deutschland allein | |
zwischen Anfang Januar und Ende März 169 Menschen in den Irak abgeschoben | |
hat. Zum Vergleich: [2][Im gesamten vergangenen Jahr waren es 300 | |
Menschen.] Selbst nach Iran wurden in diesem Jahr bereits 4 Menschen | |
abgeschoben. | |
Neben Georgien wurden zwischen Januar und März besonders viele Menschen | |
nach Nordmazedonien (1.177), Albanien (1.104) und Moldau (997) abgeschoben. | |
[3][Die Bundesregierung betrachtet Georgien und Moldau seit dem 23. | |
Dezember als sogenannte sichere Herkunftsstaaten:] Die Bleibeperspektive | |
für Menschen aus diesen Ländern ist deshalb gering und Abschiebungen in | |
diese Länder können schneller vollzogen werden. | |
## Mehr als 900 Kinder wurden abgeschoben | |
Die Rechtsanwältin Kareba Hagemann aus Göttingen sieht bei den zuständigen | |
Ausländerbehörden eine neue „Euphorie“, gerade im Hinblick auf die | |
Ausweisungen in den Irak. „Jetzt, wo das möglich ist, möchte man auch die | |
hohen Zahlen auch erreichen“, sagte sie der taz. Niedersachsen habe Ende | |
April Abschiebungen in den Irak wieder ermöglicht, nachdem diese lange Zeit | |
ausgesetzt waren. Seitdem habe sie bereits zwei Angehörige der Volksgruppe | |
der Êzid*innen vertreten, die ohne Vorwarnung in Abschiebehaft genommen | |
worden seien. | |
Am 18. Januar hatte die Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP [4][das | |
sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz beschlossen.] Damit wurde die | |
Dauer einer möglichen Abschiebehaft von 10 auf 28 Tage verlängert, außerdem | |
sollen Abschiebungen nicht mehr angekündigt werden, sofern nicht Familien | |
mit Kindern unter 12 Jahren betroffen sind. | |
Aus der Antwort auf die parlamentarische Anfrage der Linken-Abgeordneten | |
Bünger geht hervor, dass unter den Abgeschobenen im ersten Quartal des | |
laufenden Jahres 907 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren waren, die | |
meisten von ihnen stammten aus Nordmazedonien. Demnach setzten Polizisten | |
auch bei 272 Menschen von den insgesamt betroffenen 4.791 Abgeschobenen | |
körperliche Gewalt ein. | |
Bünger wirft der Bundesregierung „Abschiebewahn“ vor. „Die moralischen | |
Hemmungen scheinen auf der Behördenseite zu schwinden, ermuntert von der | |
Politik wird bei Abschiebungen immer rücksichtsloser vorgegangen“, erklärte | |
sie. | |
Vertreter der Regierungsparteien wollten die gestiegenen Zahlen am | |
Donnerstag gegenüber der taz zunächst nicht kommentieren. Abgeordnete der | |
Grünen, SPD und FDP, darunter auch Sprecher*innen für Migrations- und | |
Sicherheitsfragen, ließen Anfragen unbeantwortet, ob sie die vermehrten | |
Abschiebungen als Erfolg betrachten. | |
24 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-ueber-migration-es-k… | |
[2] /Ueberlebende-des-Genozid-an-den-ziden/!5978191 | |
[3] /Einstufung-als-sichere-Herkunftsstaaten/!5969783 | |
[4] /Neues-Abschiebegesetz/!5984072 | |
## AUTOREN | |
Cem-Odos Güler | |
## TAGS | |
Abschiebung | |
Menschenrechte | |
Die Linke | |
Olaf Scholz | |
Social-Auswahl | |
Integration | |
Kirchenasyl | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Einbürgerungen auf Rekordhoch: 200.100 Menschen 2023 eingebürgert | |
Die Zahl der Eingebürgerten ist hoch. Mehr als ein Drittel kommen aus | |
Syrien. Die Zahl der Neubürger aus der Ukraine steigt nur leicht. | |
Schutzraum geräumt: Niedersachsen sägt am Kirchenasyl | |
Die Abschiebung einer Familie aus dem Kirchenasyl in Bienenbüttel sorgt | |
weiter für Wirbel. Helfer befürchten ein Ende dieser Art von Schutzraum. | |
FDP fordert Asyl nach „Ruanda-Modell“: Von den Briten nichts zu lernen | |
Die FDP will Asylverfahren nach dem „Ruanda-Modell“. Wer Geflüchtete um | |
jeden Preis aus dem Blickfeld schaffen will, nimmt enormes menschliches | |
Leid in Kauf. | |
Konferenz der Integrationsminister*innen: Positiver Dreh für Migration | |
Die Integrationsminister*innen betonen die Chancen von | |
Zuwanderung. Dem Leitantrag will sich nur Bayern nicht anschließen. |