# taz.de -- Weltweite Panne bei Facebook: Sechs Stunden Stille | |
> Dienste des Tech-Giganten Facebook waren nicht zu erreichen. Der Fall | |
> macht die fatale Machtkonzentration des US-Konzerns sichtbar. | |
Bild: Das große Schluchzen: Sechs Stunden ohne Facebook, Instagram und Whatsapp | |
Innerhalb weniger Minuten verschwanden Facebook, Whatsapp und Instagram, es | |
dauerte Stunden bis die Dienste wieder verfügbar waren. Offenbar mussten | |
sogar Mitarbeiter:innen des Tech-Giganten Facebook draußen bleiben. | |
Sowohl virtuell, da sie nicht an ihre Emails oder interne | |
Kommunikationsplattformen rankamen, als auch ganz analog vor den | |
Firmentüren im kalifornischen Menlo Park: Ihre digitalen Zugangskarten zu | |
Bürogebäuden funktionierten nicht mehr. | |
Rund sechs Stunden dauerte der Komplettausfall diverser Facebook-Dienste am | |
Montagabend. Was war passiert? Laut Facebook handelte es sich um | |
fehlerhafte Konfigurationsänderungen an Routern. Diese koordinieren den | |
Netzwerkverkehr zwischen den Rechenzentren. Die Kommunikation sei | |
unterbrochen gewesen, schrieb Santosh Janardhan, Vizepräsident für | |
Infrastruktur, in [1][einem Blogpost]. | |
Expert:innen beschreiben den Fehler genauer: Wenn man sich auf Facebook | |
oder Instagram einloggen will, leitet das Border Gateway Protocol (BGP) | |
diese Anweisung an die entsprechende IP-Adresse weiter. Das BGP ist eine | |
Art Navi, so etwas wie ein Wegweiser. Sind die Einträge dort falsch oder | |
fehlen, funktioniert auch kein Wegweiser. | |
Übersetzt und verkürzt hieße das: Auf der Landkarte des Internets waren die | |
Ortsschilder zu Facebook, Whatsapp und Instagram verschwunden. Auch die | |
interne Kommunikationsplattform der Facebook-Mitarbeiter:innen war nicht | |
nutzbar. „Workplace war für nahezu den kompletten Arbeitstag down“, hieß … | |
anonym von Expert:innen aus dem Unternehmen, die angehalten wurden, sich | |
nicht öffentlich zu äußern. | |
## 3,5 Milliarden betroffen | |
Auch auf Alternativen wie die Kommunikationsplattform Slack konnte laut | |
Washington Post nicht ausgewichen werden. Die internen Facebook-Strukturen | |
erlaubten kein Einloggen. Derzeit scheint ein Hackerangriff nicht in | |
Betracht zu kommen und es lag tatsächlich ein von Facebook selbst | |
verschuldetes technisches Problem vor. Mittlerweile laufen die Dienste | |
wieder. | |
Doch rund 3,5 Milliarden Menschen weltweit – laut Konzernangaben – hatten | |
über Stunden keinen Zugang zu den Kommunikationskanälen. Etliche wichen auf | |
schnöde SMS oder gar Anrufe für die Kommunikation aus. Wie Telefónica (O2) | |
mitteilte, wurden am Montagabend zwischen 19 Uhr und 20 Uhr in Deutschland | |
zusammengerechnet Telefonate von etwa 680.000 Stunden geführt. 36 Prozent | |
mehr als im selben Zeitraum ohne Ausfall. Und es wurden dreimal so viele | |
SMS versendet. Auch die Messengerdienste Telegram und Signal bekamen jede | |
Menge neue Kundschaft. | |
Mit etwas Schadenfreude reagierte Twitter umgehend auf den Ausfall. „Hallo | |
buchstäblich alle“, twitterte das Unternehmen von Jack Dorsey auf seinem | |
eigenen Kanal. Tatsächlich verzeichnete der Kurznachrichtendienst die | |
höchsten Zugriffszahlen seit dem Start. Die Hashtags #facebookdown und | |
#instagramdown trendeten über Stunden. Vor allem, weil etliche | |
Twitter-Nutzer:innen sich lustig machten über den Ausfall von Facebook und | |
dessen Marktmacht heftigst kritisierten. | |
Aber der „Blackout“ zog rasendschnell auch Anhänger:innen von | |
Verschwörungsphantasien an. Mit den Schlagworten „Great Reset“ befeuerten | |
die Jünger:innen die Chiffre vom Tag X, vom Weltuntergang, vom | |
militärischen Einmarsch, der unmittelbar auf den „Blackout“ folgen soll. | |
Die Reaktionen zeigen, welche Folgen der Ausfall allein in der Welt der | |
Nutzer:innen von Social Media hat. | |
Während User:innen sich in Deutschland und Europa über weniger | |
Social-Media-Stress freuten, ist die Bedeutung eines solchen Ausfalls im | |
Globalen Süden weit existenzieller. In Lateinamerika und auf dem | |
afrikanischen Kontinent gehören Facebook und Whatsapp zu den | |
Hauptkommunikationsmitteln. Fallen diese aus, ist schnell die Rede vom | |
kompletten Ende des Internets. In Indien wird via Whatsapp bezahlt. Zudem | |
kommunizieren viele Geflüchtete weltweit via Whatsapp mit ihren Verwandten. | |
Bestes Beispiel ist derzeit Afghanistan. Dort harren noch immer etliche | |
Menschen aus Angst vor den Taliban in ihren Verstecken aus. | |
Sowohl Instagram als auch Facebook sind wichtige Werbeplattformen für viele | |
Unternehmen. Ein Ausfall über mehrere Stunden kann viel Geld kosten. Nicht | |
auszuschließen, dass sich Unternehmer:innen nach Alternativen | |
umschauen – oder zumindest mehrgleisig fahren. | |
## Immer wieder Stress | |
Die Panne ist der blamable Höhepunkt einer nicht enden wollenden Kette von | |
Ärger für Facebook. Im März und Juli gab es schon einmal größere Ausfälle. | |
Immer wieder gibt es Stress mit den zuständigen Kartellbehörden, die die | |
Marktkonzentration des Konzerns anprangern. Auch der unregulierte Austausch | |
von Daten der Nutzer:innen sorgt für Streit mit den jeweiligen Behörden. | |
Die Panne bescherte Konzernchef Mark Zuckerberg laut Bloomberg einen | |
Verlust von mehr als sechs Milliarden US-Dollar. Mit einem Gesamtvermögen | |
von 121,6 Milliarden US-Dollar, ist das wohl noch immer ein Fall für die | |
Portokasse. Auch an der Börse machte sich der Ausfall nur kurzfristig | |
bemerkbar. | |
Gewohnt demütig meldete sich Zuckerberg nachdem die Dienste wieder zu | |
erreichen waren – und bat um Entschuldigung. „Wir wissen wie sehr ihr auf | |
unsere Dienste angewiesen seid, um in Kontakt mit euren Liebsten zu sein.“ | |
Der Fall zeigt einmal mehr, wie fragil kritische Infrastruktur ist und wie | |
gefährlich der Fokus auf einen Anbieter sein kann. | |
5 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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