# taz.de -- Wechselmodell bei Trennungskindern: Die Hälfte Mama, die Hälfte P… | |
> Die FDP-Bundestagsfraktion will, dass getrennt lebende Eltern ihre Kinder | |
> je zur Hälfte betreuen. Die Linke setzt auf die freiwillige Entscheidung. | |
Bild: Für Mamis gibt's solche Herzchen selbstverständlich auch | |
Wenn am Mittwoch der Rechtsausschuss des Bundestags zusammenkommt, dürfte | |
es hoch hergehen. Denn die als Wechselmodell bezeichnete Umgangsregelung | |
getrennter Eltern, die in einer Anhörung besprochen werden soll, ist | |
umstritten. Im Kern geht es darum, dass Mütter und Väter, die nicht mehr | |
als Paar und Familie zusammenleben, ihre Kinder jeweils zur Hälfte | |
betreuen. Die FDP möchte das gesetzlich als Regelfall verankern. Diesen | |
Vorstoß unterstützen Vereine wie „Väteraufbruch für Kinder“, „Väter … | |
und die „Elterninitiative Gemeinsamerziehende Mütter und Väter“, die sich | |
zum Netzwerk „Doppelresidenz“ zusammengeschlossen haben und Ende des | |
vergangenen Jahres eine Petition für das Wechselmodell gestartet haben. | |
Eine Art Gegenantrag kommt von der Linksfraktion, die ein festgeschriebenes | |
Wechselmodell als Regelfall ablehnt und auf eine freie Entscheidung der | |
Familien setzt. Dieses Modell unterstützen vor allem Frauen- und | |
Alleinerziehendenverbände. Der Konflikt, der sich daraus ergibt, wird | |
verschärft, dass Väterverbände zur Anhörung nicht eingeladen worden sind. | |
Gerd Riedmeier von der Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter | |
(IG-JMV) findet das „undemokratisch“: „Väteranliegen werden ignoriert.“ | |
Seit dem Sommer habe der Verband dem Rechtsausschuss seine Expertise | |
angeboten, sagte Riedmeier der taz: „Aber jetzt überwiegt die Mütterlobby.�… | |
Geladen sind unter anderen die Berliner Familienanwältin Eva Becker, die | |
betont, dass in der Hauptstadt bereits häufig „mit dem Wechselmodell | |
gearbeitet“ werde, der Psychologe und Kinderschutzexperte Heinz Kindler vom | |
Jugendinstitut in München, der das Kindeswohl als Entscheidungskriterium in | |
den Mittelpunkt rückt, sowie die Juristin Hildegund Sünderhauf-Kravets von | |
der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Letztere präferiert das | |
Wechselmodell als Regelfall und ist Mitglied im „Internationalen Rat für | |
die Paritätische Doppelresidenz“. Ein „honoriges Gremium und ausgewogenes | |
Gremium“, findet Dag Schölper vom Bundesforum Männer: „Väterrechte sind | |
vertreten.“ Das Bundesforum kämpft ebenfalls für Väter- und Männerrechte | |
und bezeichnet die IG-JMV als „selbsternanntes Sprachrohr für Väterrechte�… | |
153.501 Ehen wurden 2017 geschieden, in fast 77.000 Fällen mit | |
minderjährigen Kinder. Die Hälfte der getrennten Eltern wünschen sich laut | |
einer Umfrage des Allensbach-Instituts für Demoskopie eine einvernehmliche | |
Lösung. Doch viele getrennte Paare finden sie nicht, über 54.000 Fälle | |
landeten laut Statistischem Bundesamt 2017 vor Gericht, weil sie sich wegen | |
des Umgangs nicht einigen konnten. Die Vorwürfe, die dann fallen, können | |
Richterinnen und Richter wie Mantren singen: „Sie verweigert mir das Kind.“ | |
„Er will nur das Recht, aber in Wahrheit kümmert er sich nicht richtig.“ | |
Umgangsverfahren sind in der Regel emotional hoch aufgeladen, manche | |
Prozesse dauern Jahre und gehen vor allem zulasten der Kinder. Dass das | |
Wechselmodell das ändert, glaubt der Verband alleinerziehender Mütter und | |
Väter (VaMV) nicht. Das Wechselmodell wirke bei Eltern, die nicht gut | |
miteinander kommunizieren können, „für das Wohl des Kindes risikobehaftet�… | |
argumentiert der VaMV. | |
Ungeachtet dessen ist eine Debatte über den Umgang mit den Kindern nach | |
Trennungen geboten. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die | |
Lebensrealität von Eltern verändert: Immer mehr Mütter arbeiten auch | |
Vollzeit, Väter nutzen zunehmend die Elternzeit und bringen sich in die | |
Familie ein. Das früher mehrheitlich gelebte Modell „Sie sorgt, er zahlt“ | |
hat ausgedient. Trotzdem werden laut Allensbach heute nur ein Viertel der | |
„getrennten Kinder“ gleichermaßen von Mutter und Vater betreut. Da ist der | |
Gesetzgeber gefragt. SPD-Justizministerin Katarina Barley will im Sommer | |
dazu einen Referentenentwurf vorlegen. | |
13 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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