# taz.de -- Wasserstoffstrategie der Bundesregierung: Energie soll aus Übersee… | |
> Die Bundesregierung will mit Großprojekten in Nordafrika den deutschen | |
> Bedarf an Wasserstoff decken. Eigener Strom reicht für eine Herstellung | |
> nicht. | |
Bild: Hier will Deutschland in Zukunft investieren: Solarkraftwerk in Marokko | |
BERLIN taz | Deutschland will seinen [1][Bedarf an Wasserstoff] künftig zu | |
großen Teilen aus Übersee decken. Details veröffentlichte das | |
Entwicklungshilfeministerium (BMZ) am Mittwoch im Zuge der Fortschreibung | |
der nationalen Wasserstoffstrategie aus dem Jahr 2020. | |
Dabei wurde schon vor drei Jahren deutlich, dass Deutschland in großem Stil | |
auf [2][Wasserstoff aus dem Ausland] angewiesen sein wird. Ausreichende | |
Mengen an erneuerbar erzeugtem Strom für eine komplette Dekarbonisierung | |
wird Deutschland nämlich nicht erzeugen können. Daher geht das | |
Bundesforschungsministerium davon aus, dass Deutschland bis 2050 rund 45 | |
Millionen Tonnen Wasserstoff jährlich wird importieren müssen. Um diese | |
Menge zu gewinnen, benötigt man etwa viermal so viel Strom, wie Deutschland | |
derzeit jährlich verbraucht. | |
Um die Verfügbarkeit von Wasserstoff „durch Importe abzusichern“, | |
unterstützt das BMZ nun „großskalige Wasserstoffprojekte in | |
Partnerländern“. Konkret nennt es bisher „Wasserstoffallianzen“ mit Maro… | |
und Tunesien, sowie Vorhaben in Brasilien, Südafrika und Algerien. Zudem | |
schafft das Ministerium einen „PtX-Entwicklungsfonds“, wobei PtX für | |
„Power-to-X“ steht, also für Projekte, die überschüssigen Strom zur | |
Erzeugung von beliebigen Energieträgern nutzen, zum Beispiel von Ammoniak. | |
Hunderte von Millionen Euro stellt das Ministerium für diese Projekte | |
bereit und versichert, dass es dabei ausschließlich um grünen Wasserstoff | |
gehe. | |
Die virtuelle Farbe des Wasserstoffs führt nämlich immer wieder zu | |
Debatten. Als grüner Wasserstoff wird solcher bezeichnet, der mit Strom aus | |
erneuerbaren Energien erzeugt wird. Rot heißt er, wenn Atomstrom eingesetzt | |
wird. Grau nennt man Wasserstoff, wenn er durch chemische Umwandlung aus | |
fossilen Brennstoffen – zumeist Erdgas – generiert wird, was dem Klima aber | |
nichts bringt, weil dabei unverändert CO2 frei wird. Als blau schließlich | |
gilt Wasserstoff, wenn man Erdgas in Wasserstoff und CO2 wandelt, das CO2 | |
aber nicht in die Atmosphäre entlässt, sondern unterirdisch speichert. | |
## Kritik von Verbänden | |
Während Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sagt, die | |
Bundesregierung habe „pragmatisch und technologieoffen“ entschieden, | |
„zunächst alle klimafreundlichen Wasserstoffsorten“ einzusetzen – was au… | |
blauen Wasserstoff beinhaltet –, stößt diese Herangehensweise in der | |
Branche der Erneuerbaren auf Kritik. Der Bundesverband Erneuerbare Energie | |
beklagt, dass die Bundesregierung statt auf heimische Potenziale zu setzen, | |
„mit ihrer Strategie vorrangig auf Importe per Schiff, auch von blauem | |
Wasserstoff“ setze. Durch seine Vorkettenemissionen, also jenes CO2, das | |
bei Produktion, Aufbereitung, Transport und Speicherung frei wird, sei | |
dieser Wasserstoff „viel klimaschädlicher“. | |
Auch roter Wasserstoff kann offenbar nach Deutschland gelangen. Die | |
[3][Antiatomorganisation Ausgestrahlt] verweist zwar darauf, dass die | |
Bundesregierung eine direkte Förderung der Nutzung von Wasserstoff | |
ausschließe, der mit Atomstrom erzeugt wird. Aber sie fördere | |
Pipelineprojekte, „die dem Import roten Wasserstoffs Tür und Tor öffnen“. | |
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft vermisst indes eine | |
„konsistente Strategie“. Ziel müsse „ein funktionierender und sich selbst | |
tragender Wettbewerbsmarkt sein“. Nötig sei dafür „ein klarer Rahmen, | |
sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene“. Dafür fehle aber | |
bisher „ein klares Zielbild“. | |
26 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Wasserstoff/!t5612532 | |
[2] /Wasserstoff-aus-Chile/!5931101 | |
[3] https://www.ausgestrahlt.de/presse/uebersicht/wasserstoffstrategie-schliet-… | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Wasserstoff | |
Bundesregierung | |
Strategie | |
Import | |
BRICS | |
Wasserstoff | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Schifffahrt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
BRICS-Gipfel in Johannesburg: China soll Südafrika grün machen | |
Eigentlich wollte Deutschland Südafrika bei der Energiewende unterstützen. | |
Jetzt prescht Peking vor und wittert Zugang zu neuen Rohstoffen. | |
Energiekonzern RWE fordert Subventionen: Wasserstoff nur mit Staatskohle | |
Der Konzern RWE ist nur bereit, in grünen Wasserstoff zu investieren, wenn | |
die Regierung subventioniert. Langfristig will er ohne Hilfe auskommen. | |
Geplantes LNG-Terminal auf Rügen: Zwielichtige Flüssiggas-Betreiber? | |
Die Deutsche Regas will ein LNG-Terminal auf Rügen errichten, mit unklarer | |
Finanzierung. Die Gegner zweifeln an der „Zuverlässigkeit“ der Kleinfirma. | |
„Grüner“ Stahl in Großproduktion: EU erlaubt Hilfen für Thyssenkrupp | |
Deutschlands größter Stahlhersteller will klimafreundlicheren Stahl | |
produzieren. Das kostet Milliarden. Der Weg für Subventionen ist nun frei. | |
Zukunft der maritimen Wirtschaft: Schiffe erst ab 2100 klimaneutral | |
Auch für den Schiffsverkehr gelten Klimaziele. Ein UN-Umweltausschuss berät | |
nun über ehrgeizigere Regeln, doch der Widerstand der Branche ist groß. |