# taz.de -- Wasserstoff: Hoffnungsträger der Energiewende | |
> Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Aber wo sollen die | |
> gigantischen Mengen herkommen, die Deutschland nutzen will? Und in | |
> welcher Form? | |
Bild: Möglich ist die grüne Wasserstoffproduktion durchaus auch heute schon: … | |
Freiburg taz | Nicht nur [1][energieintensive Betriebe setzen für die | |
Zukunft auf Wasserstoff]. Auch politisch ist der Energieträger mit vielen | |
Hoffnungen verknüpft. Denn er ist vielfältig einsetzbar, und vor allem ist | |
er [2][je nach Herstellungsart klimaneutral] und könnte über eine bereits | |
bestehende Infrastruktur – die Gasnetze – verteilt werden. Allerdings gibt | |
es auch Haken: So wird der meiste Wasserstoff künftig aus dem Ausland | |
kommen – jedenfalls dann, [3][wenn die kommende Bundesregierung die Pläne | |
der noch regierenden] weiter umsetzt. | |
Nach diesen Plänen sollen im Jahr 2030 in Deutschland zwischen 95 und 130 | |
Terawattstunden (TWh) Energie aus Wasserstoff und Wasserstoffderivaten wie | |
Ammoniak oder Methanol genutzt werden. 50 bis 70 Prozent dieser Menge würde | |
Deutschland importieren müssen – die Bundesregierung hat deshalb eine | |
„Importstrategie“ erarbeitet. | |
Die genannten Mengen sollen aber nur der Anfang sein. Bis 2045 soll der | |
nationale Bedarf an Wasserstoff auf 360 bis 500 TWh, der zusätzliche Bedarf | |
an Derivaten auf 200 TWh steigen. Die heimische Erzeugung wird dabei kaum | |
mithalten können, wie ein einfacher Vergleich zeigt: [4][In Deutschland | |
wurden im Jahr 2024 rund 500 TWh Strom erzeugt]. Würde man diese Menge | |
komplett zur Erzeugung von Wasserstoff nutzen, hätte man – aufgrund der | |
Energieverluste – etwa 300 TWh Wasserstoff verfügbar. Selbst damit wären | |
die angepeilten Verbräuche nicht zu decken. | |
Somit stellen sich Fragen. Wo soll der Wasserstoff für Deutschland | |
herkommen? Wie, und in welcher Form wird er nach Deutschland kommen? Und | |
natürlich: Was wird er kosten? | |
## Sehnsuchtspartner Kanada und Namibia | |
In Europa gebe es „gute Bedingungen für die Produktion von Wasserstoff in | |
Nord- und Ostsee, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer“ heißt es in der | |
Importstrategie. Zugleich will die Bundesregierung „die Lieferquellen | |
möglichst breit diversifizieren“, weshalb sie [5][„mit einer Vielzahl an | |
Partnerländern“ zusammenarbeitet, wozu zum Beispiel Kanada und Namibia | |
gehörten]. Deutschland kooperiere „im Rahmen von mehr als 30 Klima- und | |
Energiepartnerschaften und Energiedialogen mit verschiedenen Ländern“. | |
Etwas konkreter wird der soeben fertiggestellte [6][Abschlussbericht eines | |
Forschungsprojekts mit dem Namen Hypat (H2-Potenzialatlas)], an dem mehrere | |
Fraunhofer-Institute beteiligt waren. Auftraggeber war das | |
Bundesforschungsministerium. Potenzielle Exporteure, so schreiben die | |
Wissenschaftler, seien „sonnige Regionen, möglicherweise in Kombination mit | |
einem guten Windpotenzial“. [7][Aus dieser Sicht böten sich „Regionen wie | |
der Süden Chiles,] die Mena-Region, der Mittlere Westen der USA und | |
Australien“ an. Unter „techno-ökonomischen Aspekten“ seien besonders | |
Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kanada, Brasilien und Chile | |
interessant. | |
Aber auch geopolitische Interessen, die Menschenrechte und demokratische | |
Aspekte seien „relevante Themen“. Daher seien einige Länder, etwa aus dem | |
Nahen Osten, „als kritisch einzustufen“. Hier gebe es „einen Zielkonflikt | |
zu einem möglichst kostengünstigen Bezug von Importen“, heißt es. So | |
relativieren sich einige Optionen schnell. | |
## Europa ist hintendran | |
Am einfachsten wäre der Bezug von Wasserstoff aus dem europäischen Ausland. | |
Aber auch dort geht es eher zäh voran, wie [8][das Wuppertal Institut im | |
Sommer in einer Studie] resümierte. Die Wissenschaftler kamen zu dem | |
Ergebnis, dass die „Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff in Deutschland und | |
Europa ungewiss“ sei, denn trotz ehrgeiziger Ankündigungen verfüge „kein | |
europäisches Land bereits heute über substanzielle Projekte zur | |
Wasserstofferzeugung“. | |
Aktuell seien, was den Bau von Wasserstofferzeugern betrifft, „mit 2,5 | |
Gigawatt nur rund sechs Prozent des EU-Zielwerts für das Jahr 2030 | |
installiert, im Bau befindlich oder mit einer finalen | |
Investitionsentscheidung hinterlegt“. Zwar gebe es in Spanien „europaweit | |
die größte Dynamik bei Wasserstoffprojekten“, doch diese dienten zunächst | |
der Deckung der lokalen Nachfrage und könnten daher „nicht für Importe nach | |
Deutschland bis zum Jahr 2030 eingeplant werden“. | |
Hinzu kommt, dass auch die Importwege und -möglichkeiten erst einmal | |
aufgebaut werden müssen – denn auch hier hapert es noch. Eine Option könnte | |
der Transport als Flüssigwasserstoff sein, doch wie das Forschungsprojekt | |
Hypat resümiert, gibt es „derzeit keine nennenswerten Produktions- und | |
Transportinfrastrukturen“ für Flüssigwasserstoff. Damit werde diese Option | |
wohl „erst nach 2030 relevant“. Entsprechend räumt auch die Bundesregierung | |
in ihrer Importstrategie ein, dass es „in der Hochlaufphase auch anderswo | |
noch nicht genügend grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen“ gebe. | |
Alternativ diskutieren Wissenschaftler den Import per Pipeline, der sich | |
aber nur für einige Lieferregionen anbietet und zudem wieder Abhängigkeiten | |
schafft. Auch kann Wasserstoff als Ammoniak gebunden transportiert werden, | |
was „ein kosteneffizienter und technologisch weit entwickelter | |
Energieträger“ sei, so die Autoren des Hypat-Berichts. | |
Eine weitere Möglichkeit sind ferner ölartige organische Substanzen, die | |
Wasserstoff chemisch binden, sogenannte Liquid Organic Hydrogen Carrier. | |
Mit diesen lassen sich bestehende Erdölpipelines ohne Umbau zum | |
Wasserstofftransport nutzen. Der Nachteil: Jeder Prozessschritt, jede | |
stoffliche Umwandlung bringt Aufwand und Energieverluste mit sich. | |
Billig kann der Wasserstoff damit kaum werden. Zumal selbst dann, wenn | |
einige Länder in der Lage sein sollten, eine gewisse Menge an Wasserstoff | |
kostengünstig zu erzeugen, dieser nicht zwangsläufig auch zu niedrigen | |
Preisen zu kaufen sein wird – denn der Preis wird am Ende nicht durch | |
punktuelle Erzeugungskosten, sondern durch Angebot und Nachfrage gemacht. | |
Die politisch erwünschte große Nachfrage nach dem „grünen“ Gas dürfte d… | |
allzu günstige Preise kaum zulassen. | |
13 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Umbau-auf-Wasserstofftechnologie-stockt/!6048316 | |
[2] /Umbau-auf-Wasserstofftechnologie-stockt/!6048316 | |
[3] /Wasserstoffstrategie-der-Bundesregierung/!5946513 | |
[4] https://www.energy-charts.info/downloads/Stromerzeugung_2024.pdf | |
[5] /Staatssekretaer-zum-H2-Projekt-in-Namibia/!6045587 | |
[6] https://www.isi.fraunhofer.de/de/competence-center/energietechnologien-ener… | |
[7] /Neues-Freihandelsabkommen/!5995464 | |
[8] /Import-des-gruenen-Wasserstoffs/!5996191 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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