# taz.de -- Wahlsieger Gustavo Petro in Kolumbien: Vom Ex-Guerillero zum Präsi… | |
> Mit 17 Jahren trat Gustavo Petro in die Guerilla M-19 ein. Heute steht | |
> der künftige Präsident auch für gelungene Friedensverhandlungen. | |
Bild: Petros Temperament entspricht eher dem Klischee des introvertierten kolum… | |
BOGOTA taz | Wer ihn einmal gehört hat, kriegt sein rollendes R nicht so | |
schnell wieder aus dem Ohr. Gustavo Petro Urrego (62), [1][künftiger | |
Präsident Kolumbiens], liebt historische Referenzen und pflegt seinen Ruf | |
als Bücherwurm. Bei Wahlkampfauftritten redet er schon mal anderthalb | |
Stunden. | |
Petro wurde im Dorf Ciénaga de Oro an der Karibikküste in eine | |
Mittelschichtfamilie geboren. Seine Eltern zogen in die Kleinstadt | |
Zipaquirá bei Bogotá, als Kind kam Petro so von der heißen Karibikküste auf | |
die kalte Hochebene der Savanne von Bogotá. | |
Petros Temperament entspricht eher dem Klischee des introvertierten | |
kolumbianischen Hochländers als dem des extrovertierten lebenslustigen | |
costeño. Allerdings brachten ihm die Besuche bei der Verwandtschaft eine | |
auf dem kolumbianischen Politikparkett wichtige Eigenschaft ein: Er kann | |
tanzen. | |
In Zipaquirá ging er auf dieselbe Schule wie der spätere Nobelpreisträger | |
[2][Gabriel García Márquez]. Eine Figur aus dessen Roman „Hundert Jahre | |
Einsamkeit“ hat auch Petros Kriegsnamen „Comandante Aureliano“ bei der | |
Guerilla M-19 inspiriert. | |
In die trat er mit 17 Jahren ein, da studierte er schon Wirtschaft. Zwölf | |
Jahre verbrachte er dort, aber in die entscheidenden Kreise der Guerilla | |
ist er nicht vorgedrungen. Waffen hatte er, nach allem was bekannt ist, nie | |
in der Hand. Als die Guerilla sich 1990 demobilisierte, verhandelte er den | |
Prozess mit. Aus Sicherheitsgründen schickte die Regierung den | |
Demobilisierten für vier Jahre auf einen Posten in der Botschaft in | |
Belgien. Die Zeit hat ihn politisch geprägt. | |
## Fokus auf Soziales in Bogotá | |
Seit über 30 Jahren ist er in der Politik. Als Stadtrat, als Bürgermeister | |
von Bogotá, als Senator. Als Bürgermeister der Hauptstadt konzentrierte er | |
sich auf Soziales: [3][Gratistrinkwasser für 711.000 Menschen], | |
Gesundheitsversorgung und Zuschüsse für Seniorïnnen, mehr Geld für die | |
Schulen und Lehrpersonal. Doch er zerstritt sich mit vielen und machte sich | |
mit Alleingängen unbeliebt. Die geplante Verstaatlichung der privaten | |
Müllabfuhr endete in einem teuren Desaster und stinkenden Müllbergen. | |
Mit 11,2 Millionen Stimmen erreichte er am Sonntag in der Stichwahl so | |
viele wie kein Präsident vor ihm. Wenn er im August sein Amt antritt, wird | |
er das prominenteste Beispiel dafür sein, dass Friedensverhandlungen und | |
gesellschaftliche Wiedereingliederung gelingen können. | |
20 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Wojczenko | |
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