# taz.de -- Wahlen im Kongo: Afrika fordert einen Ergebnisstopp | |
> Die Afrikanische Union fordert, die Verkündung des strittigen Ergebnisses | |
> der Präsidentschaftswahl auszusetzen. Das ist beispiellos. | |
Bild: Anhänger des angeblich unterlegenen oppositionellen Präsidentschaftskan… | |
BERLIN taz | Zum ersten Mal in ihrer Geschichte ergreift die Afrikanische | |
Union (AU) Partei gegen eine Regierung ihrer Mitgliedsstaaten in einem | |
Konflikt um umstrittene Wahlen. Auf einem Sondergipfel am AU-Sitz in | |
Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba forderte die Organisation am späten | |
Donnerstagabend die Behörden der Demokratischen Republik Kongo auf, die in | |
den nächsten Tagen erwartete Verkündung des Endergebnisses [1][der Wahlen | |
vom 30. Dezember] zu „suspendieren“. Es bestünden „ernste Zweifel an der | |
Übereinstimmung der von der Wahlkommission verkündeten vorläufigen | |
Ergebnisse mit den abgegebenen Wählerstimmen“, so die Erklärung weiter. | |
Damit spitzt sich der Streit um die Wahlen im Kongo international zu. Die | |
Wahlkommission des Landes hatte am 10. Januar überraschend den | |
Oppositionspolitiker Félix Tshisekedi [2][zum Sieger der | |
Präsidentschaftswahl erklärt]: Er liege mit rund 38 Prozent vor dem | |
eigentlich wichtigsten Oppositionskandidaten Martin Fayulu, dem 34 Prozent | |
zugeschrieben wurden, und Regierungskandidat Emmanuel Shadary mit 23 | |
Prozent, hieß es. Aber die mehrheitlich um Fayulu gruppierte Opposition | |
lehnte das umgehend ab. | |
Was einerseits als historisches Eingeständnis der kongolesischen Regierung | |
in ihre eigene Wahlniederlage gefeiert wurde, wurde in den Folgetagen von | |
immer mehr Beobachtern als grobe Fälschung zurückgewiesen. | |
Die katholische Bischofskonferenz CENCO, die das größte kongolesische | |
Wahlbeobachternetzwerk unterhielt, legte dem UN-Sicherheitsrat vor einer | |
Woche ausführlich dar, wieso sie das offizielle Ergebnis für nicht konform | |
mit ihren eigenen Daten hielt. Mehrere internationale Medien | |
veröffentlichten diese Woche detaillierte Datensätze aus der | |
Wahlkommission, aus denen ein deutlicher Sieg Fayulus hervorgeht. | |
## Zweidrittelmehrheit im Parlament | |
Die Strategie der scheidenden Regierung von Präsident Joseph Kabila wurde | |
klar, als die Wahlkommission am vergangenen Wochenende den bisherigen | |
Regierungsparteien eine Aufrechterhaltung ihrer Zweidrittelmehrheit im | |
Parlament bescheinigte. Demnach würde die Kabila-Regierung an der Macht | |
bleiben – durch einem Oppositionellen als Staatspräsidenten aber weitere | |
Massenprotesten und Aufstände der geeinten Opposition abwenden. | |
Doch international blieb Kongos Regierung mit dieser Strategie isoliert. | |
Vor der AU hatten bereits die Regionalorganisationen SADC | |
(Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika) und ICGLR (Internationale | |
Konferenz der Region der Großen Seen) Zweifel an den offiziellen | |
Wahlergebnissen geäußert. In einer ungewöhnlich kritischen Erklärung hatte | |
die ICGLR sogar unverblümt Kongos Behörden zur „Auszählung der Stimmen“ | |
aufgefordert. | |
Der Sondergipfel in Addis Abeba vereinte nun SADC und ICGLR mit der AU. | |
Einberufen hatte ihn der amtierende AU-Ratspräsident Paul Kagame – | |
Präsident von Ruanda und historischer Gegner der Kabila-Regierung. Kagame | |
und AU-Kommissionschef Moussa Faki aus dem Tschad wollen nun am Montag zu | |
Gesprächen nach Kinshasa reisen. | |
Das stellt Kongos Regierung vor ein Dilemma. Das Oberste Gericht in Kongos | |
Hauptstadt Kinshasa verhandelt seit Dienstag über Fayulus Wahlanfechtung. | |
Ein Urteil wird für Samstag erwartet. Wird Tshisekedis Sieg als amtliches | |
Endergebnis bestätigt, was weithin erwartet wird, soll dieser am kommenden | |
Dienstag als Staatspräsident vereidigt werden. Ein Blitzbesuch der AU am | |
Montag stört aber diese Abläufe erheblich. | |
In einer ersten Reaktion erklärte Kongos Regierungssprecher Lambert Mende, | |
Kongos Justiz sei unabhängig und die AU habe dem Obersten Gericht nichts zu | |
sagen. Wobei die Option, die Verkündung eines amtlichen Endergebnisses | |
auszusetzen, auch der Regierung Vorteile bringt: Je länger das alles | |
dauert, desto länger bleibt Kabila selbst Präsident. | |
18 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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