# taz.de -- WM-Ausscheiden der USA: Schielen auf die Zukunft | |
> Die USA verabschieden sich aus Katar. Es gab viel Lob für das Team, das | |
> 2026 bei der Heim-WM auftrumpfen könnte. | |
Bild: Noch reicht es nicht für ganz oben: Gregg Berhalter und Christian Pulisi… | |
Gregg Berhalter blickt auf ein bewegtes Leben zurück: Er war | |
Innenverteidiger beim FC Energie Cottbus, als der Präsident dort noch | |
Dieter Krein hieß, er kickte sogar bei 1860 München. So gesehen kann ihn | |
nichts mehr schrecken, auch nicht eine niederländische | |
Fußballnationalmannschaft, die sein Team am Samstagabend herausforderte. | |
Berhalters Elf, die bis dahin eine überraschend gute WM gespielt hatte, | |
scheiterte im Grunde an sich selbst. Team Oranje nutzte die wenigen | |
Schwächen konsequent und abgezockt aus. Sie zeigten sich als das reifere, | |
kompaktere Team. „Ich bin trotzdem unheimlich stolz auf meine Jungs“, sagte | |
Berhalter nach dem 1:3 im Khalifa-Stadion vor 45.000 Zuschauern. „Sie haben | |
alles reingeworfen, es ist so eine gute Truppe.“ | |
Das US-Team war das jüngste bei dieser WM. Ein Perspektivkader zeigte sich | |
in Katar – mit Christian Pulisic, Weston McKennie, Sergino Dest und Tim | |
Weah, dem Sohn des ehemaligen Weltfußballers George Weah, der heute | |
Staatspräsident von Liberia ist. Warum das so erwähnenswert ist? [1][Weil | |
die WM in vier Jahren in den USA ausgetragen wird], dazu noch in Kanada und | |
Mexiko, und das künftige Team auf dem heutigen aufbaut. „Ich habe sehr | |
junge Spieler, viele stehen am Anfang ihrer Karriere“, sagte Berhalter. | |
Aber selbst in diesem jungen Jahren, mit 20 oder 22, haben sie es schon in | |
große Mannschaften geschafft: FC Barcelona, Borussia Dortmund, Juventus | |
Turin, AC Mailand, FC Arsenal, Fulham oder FC Valencia. „Diese Jungs sind | |
im Kommen, die amerikanische Öffentlichkeit sollte positiv gestimmt sein“, | |
sagte Berhalter, „und wir sind heute schon schwer zu bespielen. Uns wünscht | |
man sich nicht unbedingt als Gegner.“ | |
Ob Berhalter in vier Jahren noch Cheftrainer ist, ist ungewiss. Nach der | |
anstrengenden WM-Zeit wolle er sich erst mal ein paar Wochen sammeln, den | |
Kopf freibekommen – und dann weiterschauen. Sein ebenso kühler wie kluger | |
Pragmatismus würde Team USA sicherlich guttun. Und die Komplimente, die aus | |
dem Lager der Niederländer kamen, sollte Berhalter als Bestätigung seiner | |
Arbeit sehen. Denzel Dumfries sagte: „Sie haben viel Talent, sie rennen | |
viel, sie werden eine tolle Zukunft haben und in vier Jahren zu einem | |
Eliteteam herangereift sein.“ | |
Die kommende WM wird ohnehin sehr speziell. Sie [2][wird erstmals mit 48 | |
Teams ausgetragen]. Statt 64 Spiele wie bisher wird es 80 Partien geben. | |
Die Fifa, stets auf exponentielles Wachstum bedacht, hatte das bereits 2017 | |
beschlossen, trotz Widerstand aus Europa. Das Ausrichter-Trio setzte sich | |
klar gegen Marokko durch, und zu den Neuerungen gehört künftig ein | |
zusätzliches Play-off-Qualifikationsturnier von sechs Mannschaften. Zwei | |
qualifizieren sich für die WM. Vertreten sind Teams aus allen | |
Kontinentalverbänden, mit Ausnahme der Europäer. | |
## Umstrittener WM-Modus | |
So könnte es in vier Jahren dazu kommen, dass zehn Teams aus Afrika und | |
neun aus Asien (Europa: 16) zum World Cup fahren, der in insgesamt 16 | |
Stadien ausgespielt wird – zwei in Kanada und drei in Mexiko. Höchst | |
umstritten ist die Organisation der Gruppenphase. Bislang soll die Vorrunde | |
in 16 Dreiergruppen ausgespielt werden, wobei zwei Mannschaften pro Gruppe | |
weiterkommen. Weil das aber am letzten Spieltag zu Mauscheleien führen | |
könnte, wird nun doch erwogen, zum Vierer-Gruppen-Prinzip zurückzukehren. | |
Wie dem auch sei, US Soccer bereitet sich jetzt schon mit Hochdruck auf das | |
Turnier vor. Seit einiger Zeit gibt es Sportdirektoren sowohl für die | |
Männer- als auch für die Frauenauswahl. Und das Führungsvakuum im Verband, | |
das [3][nach heftigen Diskussionen um Equal Pay] entstanden war, ist | |
verflogen. Fest auf dem Sessel der Präsidentin sitzt die ehemalige | |
Nationalspielerin Cindy Parlow Cone, 44. | |
Im März dieses Jahres hat Cone den früheren Präsidenten, Carlos Cordeiro, | |
bei der Wahl mit 52,9 zu 47,1 Prozent der Stimmen geschlagen. Cordeiro | |
wurde seinerzeit zur Last gelegt, die Vorzugsbehandlung der männlichen | |
Kicker zu rechtfertigen. Jetzt herrscht Gleichheit, wobei der Fußball im | |
Mutterland des Baseball und American Football ohnehin Kopf steht: Hier ist | |
das Auswahlteam der Frauen erfolgreicher und populärer. In vier Jahren | |
könnte sich das durchaus ändern. | |
4 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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