# taz.de -- WHO sucht Corona-Ursprung in Wuhan: Unterwegs in heikler Mission | |
> Eine Untersuchungskommission der Weltgesundheitsorganisation sucht in | |
> Wuhan nach dem Ursprung von Sars-CoV-2. China betrachtet das mit | |
> Misstrauen. | |
Bild: Journalisten sollen Platz machen: Am Huanan-Fischmarkt in Wuhan | |
PEKING taz | Die öffentliche Inszenierung erinnert an einen präsidialen | |
Staatsbesuch: Als die Autokarawane der Weltgesundheitsorganisation (WHO) | |
den Parkplatz des Seuchenpräventionszentrums in Wuhan verlässt, wird sie | |
von Dutzenden Fernsehjournalisten umzingelt und von doppelt so vielen | |
Polizisten abgeschirmt. | |
Durch ein geöffnetes Beifahrerfenster kann einer der Kameramänner den | |
hektischen O-Ton eines Virus-Experten erhaschen, wonach es ein gutes | |
Treffen gewesen sei. Dann brechen die Wissenschaftler zum nächsten Termin | |
auf. | |
Mehr als ein Jahr nach den ersten dokumentierten Fällen will die | |
WHO-Untersuchungskommission dem Ursprung des Coronavirus auf die Spur | |
kommen. Es geht um die zentrale Frage, wie genau der Erreger vom Tier auf | |
den Menschen übertragen wurde – und welche Lehren sich zur Prävention | |
künftiger Pandemien ziehen lassen. | |
## Skepsis gegen die Untersuchungskommission | |
Für die Volksrepublik ist es eine heikle Mission. Die Angst vor einer | |
Politisierung der „Ursprungsfrage“ hat sich seit Donald Trumps rhetorischen | |
Seitenhieben über den „China-Virus“ noch weiter verstärkt. China möchte | |
unbedingt verhindern, als Herkunftsort für eine Pandemie abgestempelt zu | |
werden, an der weltweit bereits über 2,2 Millionen Menschen gestorben sind. | |
Das nämlich würde erneut Diskussionen über ein Fehlverhalten der Behörden | |
entfachen: Denn auch wenn China das Virus als eines der ersten Länder unter | |
Kontrolle bringen konnte, hatte noch zu Beginn der Pandemie die Regierung | |
Infektionszahlen gefälscht, Proben zerstören lassen und warnenden Ärzten | |
einen Maulkorb verpasst. | |
Dabei ist die Skepsis, mit der viele Korrespondenten der WHO-Untersuchung | |
bereits im Vorfeld begegnen, durchaus berechtigt. Denn zum einen blieb der | |
Weltgesundheitsorganisation bei einer vorläufigen Untersuchung in China | |
[1][im Juli] der Zutritt zu Wuhan verwehrt. Zum anderen haben sich die | |
chinesischen Behörden lange gegen die jetzige Delegation gesträubt, sie | |
zuletzt Anfang Januar noch mit verspäteten Einreisevisa künstlich | |
hinausgezögert. | |
Dementsprechend wird allein das geheim gehaltene Programm auf den | |
vermeintlichen Aufklärungswillen der Chinesen abgeklopft. Zunächst sorgte | |
auf sozialen Medien für Unmut, dass die Reisegruppe nach ihrer zweiwöchigen | |
Zwangsquarantäne zuerst eine Propaganda-Ausstellung über Chinas Kampf gegen | |
das Coronavirus besichtigte. Ein australischer Korrespondent bezeichnete | |
den Termin als „absolute Zeitverschwendung“. Denn in der Tat handelt es | |
sich bei der Ausstellung um eine reine Selbstinszenierung der | |
Kommunistischen Partei unter Vorsitz von Xi Jinping als Volksretter. | |
## Am Ursprung des Virus | |
Seither jedoch hat das Programm deutlich an Substanz gewonnen: Zwei | |
Krankenhäuser wurden bislang besucht, ebenso viele | |
Seuchenpräventionszentren und der Huanan-Tiermarkt, auf dem [2][der erste | |
Großausbruch] dokumentiert wurde. | |
Seit Januar 2020 ist der mittlerweile historische Ort abgeriegelt, | |
desinfiziert und sind sämtliche Virusproben beseitigt worden. Das Areal | |
wird von blauen Plastikplanen und mannshohen Zierpalmen vor neugierigen | |
Blicken abgeschirmt. Wer sich als Ausländer länger in der Nähe der | |
Absperrung des Tiermarkts aufhält, wird von Männern in schwarzen Uniformen | |
nach seinen Beweggründen gefragt. | |
Peter Ben Embarek, Experte für Nahrungsmittelsicherheit, zieht im Interview | |
mit CNN dennoch ein positives Fazit über den Besuch: Man habe einen guten | |
Eindruck von Infrastruktur, Hygiene und Warenfluss erhalten. Zudem hätten | |
die Wissenschaftler offen mit einstigen Marktmitarbeitern sprechen können. | |
Vor allem aber haben die Wissenschaftler wichtige Datensätze zugespielt | |
bekommen. Essenzielle Informationen über dokumentierte Grippefälle in Wuhan | |
und der umliegenden Provinz Hubei gegen Ende 2019 sind nun in den Händen | |
der WHO-Delegation. Denn bereits im Dezember gab es in mindestens zwei | |
Städten außerhalb Wuhans einen signifikanten Anstieg an Grippefällen. | |
Inwiefern diese in Verbindung mit dem Coronavirus stehen, ist bislang nicht | |
bekannt. | |
Ebenso haben die Forscher ihren wohl heikelsten Termin Montagnachmittag am | |
Wuhaner Institut für Virologie absolviert. Ex-Präsident Trump hatte immer | |
wieder die [3][Theorie] in Umlauf gebracht, dass das Sars-CoV-2-Virus von | |
dort entwischt sei. | |
1 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /WHO-schickt-Corona-Experten-nach-China/!5694252 | |
[2] /Faelle-von-Lungenkrankheit-in-China/!5654806 | |
[3] /Corona-Streit-zwischen-USA-und-China/!5677109 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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