# taz.de -- WHO schickt Corona-Experten nach China: Ursprung der Pandemie | |
> Woher kommt das neuartige Coronavirus? Bislang gibt es nur Hypothesen zum | |
> Ursprung der Pandemie. Das soll sich nun ändern – was aber dauern könnte. | |
Bild: Corona-Test in einer Grundschule in Wuhan, im Mai 2020 | |
BERLIN taz | Die Weltgesundheitsorganisation will den Ursprung der | |
[1][Corona-Pandemie] wissenschaftlich erforschen lassen. Am Wochenende | |
sollen Experten aus der Genfer WHO-Zentrale nach China reisen, um dort mit | |
Kollegen des chinesischen WHO-Teams und chinesischen Wissenschaftlern eine | |
Studie zu konzipieren, die herausfinden soll, wie das Virus von Tieren auf | |
Menschen übergesprungen ist. Das gab WHO-Exekutivdirektor Michael Ryan am | |
Dienstagabend in Genf bekannt. | |
Beginnen soll die Untersuchung in der zentralchinesischen Stadt Wuhan, die | |
als Ausgangspunkt der Pandemie gilt. Nach Angaben der chinesischen Behörden | |
trat das Virus dort im vergangenen Winter erstmals bei Menschen auf und | |
verursachte teils schwere Lungenentzündungen. Es handele sich um | |
„Detektivarbeit“, sagte Ryan, die Jahre, möglicherweise Jahrzehnte in | |
Anspruch nehmen werde. | |
Das Ziel sei, den Pfad, den das Virus vom Tier zum Menschen genommen habe, | |
möglichst genau zurückzuverfolgen und inklusive aller Zwischenwirte | |
nachzuzeichnen. Man hoffe, auf diese Weise die Übertragungswege besser | |
verstehen und sich gegen künftige Erreger und Risiken wappnen zu können. | |
Bislang existieren zum Ursprung der Pandemie lediglich Hypothesen. | |
Er sei sicher, dass „unsere wissenschaftlichen Kollegen in China bestrebt | |
sind“, das Rätsel um die Herkunft des Virus gemeinsam zu knacken. | |
Tatsächlich ist die WHO auf die Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen | |
Gemeinschaft, aber auch mit den Behörden in China angewiesen. Ihr eigenes | |
Expertenteam, präzisierte eine WHO-Sprecherin gegenüber der taz, bestehe | |
aus insgesamt lediglich zwei Personen aus der WHO-Zentrale: einem | |
Epidemiologen und einem Experten für Tiergesundheit. | |
Unterstützt würden die beiden Wissenschaftler vor Ort vom WHO-Team in | |
China. Die Frage, ob die chinesische Regierung Mitsprache hatte bei der | |
Auswahl der Wissenschaftler, die die WHO nun nach China entsendet, ließ die | |
Sprecherin unbeantwortet. Ebenfalls keine Angaben machte die WHO, welche | |
Unterlagen ihre Forscher überhaupt werden einsehen und zu welchen | |
Instituten und Laboren in China sie Zugang haben werden. | |
## Spahn bedauert US-Rückzug aus der WHO | |
Überschattet wird das Forschungsvorhaben von der am Mittwoch erfolgten | |
offiziellen [2][Austrittsmeldung der USA aus der WHO] zum 6. Juli 2021. | |
Nachdem US-Präsident Donald Trump der WHO in den immer wieder vorgeworfen | |
hatte, unter Kontrolle Chinas zu stehen, die Pandemie anfangs nicht | |
engagiert genug bekämpft zu haben und deswegen mit dem Rückzug aus der | |
UN-Organisation gedroht hatte, setzte er seine Ankündigung nun um. | |
UN und WHO bestätigten am Mittwoch den Eingang der US-Austrittserklärung. | |
Es sei allerdings noch zu prüfen, ob die Konditionen hierfür gegeben seien. | |
Voraussetzung ist beispielsweise, dass die USA alle ausstehenden Beiträge | |
an die WHO gezahlt haben. | |
Der Rückzug der USA trifft die WHO empfindlich: Unter den Mitgliedsstaaten | |
sind die USA der größte Geldgeber. Allein für 2020 und 2021 betragen die | |
Beiträge jeweils etwa 116 Millionen US-Dollar. Zum Vergleich: Chinas | |
Beitrag für die beiden Jahre liegt bei etwa 57 Millionen US-Dollar. | |
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bedauerte die Ankündigung der | |
USA unterdessen: | |
Bisherige Untersuchungen deuten auf Fledermäuse als Ursprung von SARS-CoV-2 | |
hin. Darauf verweisen wissenschaftliche Institutionen wie das | |
Friedrich-Löffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, | |
und das Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten, ein | |
interdisziplinärer Forschungsverbund, der sich mit Infektionskrankheiten | |
beschäftigt, die von Bakterien, Parasiten, Pilzen oder Viren verursacht und | |
wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. | |
Unklar ist jedoch, ob das Virus direkt von den Fledermäusen auf den | |
Menschen übertragen wurde oder ob eine weitere Tierart, etwa Marderhunde | |
oder Malaysische Schuppentiere, dem Virus als Zwischenwirt diente. | |
## Virus wohl von Fledermäusen | |
Daneben gibt es Mutmaßungen, geäußert unter anderem Anfang Mai von | |
US-Außenminister Mike Pompeo, [3][dass die Pandemie in einem | |
Hochsicherheitslabor in der Stadt Wuhan ihren Anfang genommen haben | |
könnte]. Dieser Hypothese haben sowohl die chinesische Regierung als auch | |
der US-Regierungsberater und Immunologe Anthony Fauci widersprochen. | |
Fauci sagte unlängst gegenüber dem Magazin National Geographic, es sei | |
unwahrscheinlich, dass das Virus aus dem Labor entwichen sei. Der | |
Forschungsstand deute vielmehr darauf hin, dass das Virus durch natürliche | |
Evolutionsprozesse entstanden sei und die Artengrenze überwunden habe. | |
Diese These vertritt auch die chinesische Wissenschaftlerin Shi Zhengli, | |
Leiterin des Zentrums für neu auftretende Infektionskrankheiten am Institut | |
für Virologie Wuhan der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Shi | |
forscht seit Jahren zu Coronaviren aus Fledermäusen; 2017 hatten sie und | |
ihr Team entdeckt, dass das SARS-Coronavirus, das – vereinfacht gesagt – | |
verwandt ist mit dem aktuell zirkulierenden SARS-Cov-2, mit großer | |
Wahrscheinlichkeit aus einer Fledermauspopulation in der chinesischen | |
Provinz Yunnan stammt. Nach bisherigen Erkenntnissen, so Shi, weise das | |
Genom von Sars-Cov-2 auch keine Spuren menschlicher Manipulation auf. | |
8 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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