| # taz.de -- Volksabstimmung in Kolumbien: Zurück an den Tisch | |
| > Nach dem „Nein“ der Kolumbianer laufen die Vorbereitungen für | |
| > Nachverhandlungen mit den Farc. Die Opposition wird miteinbezogen. | |
| Bild: Ein nationales Abkommen scheint nach dem „Nein“ schwierig | |
| Bogotá taz | Nach der knapp gescheiterten Volksabstimmung in Kolumbien soll | |
| möglichst bald ein Weg gefunden werden, den Friedensvertrag doch noch in | |
| Kraft treten zu lassen. Wie sich bereits am Abend der Abstimmung | |
| abgezeichnet hatte, wird dabei die rechte Opposition um Álvaro Uribe eine | |
| wichtige Rolle spielen. Diese Kraft hatte am lautesten für das „Nein“ | |
| getrommelt, auf das am Ende 50,21 Prozent der Stimmen fielen. | |
| In einem ersten Schritt sollen drei Regierungsvertreter mit drei Vertretern | |
| der Partei „Centro Democrático“ des Expräsidenten Uribe in den Dialog | |
| treten, wie Präsident Juan Manuel Santos am Montag ankündigte. Der | |
| Einladung zu einem Treffen mit den Vertretern aller im Parlament | |
| vertretenen Parteien war kein Vertreter des Centro Democrático gefolgt. | |
| Auf Regierungsseite wird weiter der ehemalige Vizepräsident Humberto de La | |
| Calle die Verhandlungen führen. Er hatte zuvor dem Präsidenten seinen | |
| Rücktritt angeboten. Die Farc haben unterdessen noch einmal klargestellt, | |
| dass eine Friedenslösung für sie unabdingbar ist. Der Chef der Guerilla, | |
| Rodrigo Londoño alias Timochenko meldete sich mit einer Videobotschaft aus | |
| Kuba zu Wort: „Die Farc stehen treu zu dem, was wir beschlossen haben. Der | |
| Frieden ist gekommen, um zu bleiben.“ | |
| Sowohl die Farc als auch Uribe haben Interessen daran signalisiert, mit | |
| einer verfassungsgebenden Versammlung einen Weg aus der politischen Krise | |
| zu suchen. Uribe könnte sich so eine Möglichkeit schaffen, ins | |
| Präsidentenamt zurückzukehren. Er darf bislang nicht wiedergewählt werden. | |
| Darauf wird sich die Regierung aber wohl nicht einlassen. | |
| ## Nationales Abkommen nötig | |
| Das Ziel wird sein, das bereits unterschriebene Abkommen inhaltlich | |
| nachzuverhandeln. Dabei dürfte es vor allem um zwei Punkte gehen. Uribe | |
| lehnt es ab, dass die Farc ohne eine Wahllegitimation 10 Sitze im Kongress | |
| bekommen könnte. Er sperrt sich dagegen, dass sogar Guerilleros ins | |
| Parlament einziehen könnten, gegen die ein Verfahren vor der | |
| Übergangsjustiz läuft. In diesem Punkt werden die Farc vielleicht mit sich | |
| reden lassen. Schwieriger wird es bei dem Punkt, den das „Nein“-Lager mit | |
| Straflosigkeit beschreibt. Das Friedensabkommen sieht keine | |
| Gefängnisstrafen vor, wenn der Täter bereut und die Wahrheit sagt. Uribe | |
| will zumindest die Führungsriege der Farc- und Kämpfer, die schwere | |
| Verbrechen begangen haben, hinter Gitter sehen. Was rein politische Delikte | |
| angeht, könne man hingegen sehr bald Amnestien aussprechen, hat Uribe | |
| eingeräumt. | |
| Selbst Uribe-Kritiker halten es unter den gegebenen Umständen für sinnvoll, | |
| ein „nationales Abkommen“ mit allen politischen Kräften zu schließen. Wä… | |
| Uribe und seine Leute eingebunden, könnten sie danach nicht mehr glaubhaft | |
| gegen den Friedensvertrag schießen. Uribe, der als Präsident (2002-2010) | |
| die Farc mit militärischer Härte bekämpfte, hat sich zuletzt zumindest | |
| verbal erstaunlich wandelbar gezeigt. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er | |
| Verhandlungen mit den „Terroristen“ noch grundsätzlich abgelehnt. | |
| Klar ist allen Beteiligten, dass nicht sehr viel Zeit bleibt. Zum einen aus | |
| praktischen Fragen. Es sind bereits 200 UN-Beobachter im Land, die | |
| eigentlich die Entwaffnung der Rebellen überwachen sollten. Sollen sie erst | |
| einmal bleiben? Auch in den Präsidentschaftswahlkampf sollen die | |
| Verhandlungen nicht hineingezogen werden. Wahltermin ist im Mai 2018. Und | |
| ganz akut besteht die Sorge, dass sich einzelne Fronten der Farc von der | |
| Führung lossagen könnten, wenn zu lange nichts passiert. Dann wäre der | |
| Waffenstillstand, der bislang nicht aufgekündigt wurde, womöglich schnell | |
| vorbei. | |
| 4 Oct 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Sebastian Erb | |
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