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# taz.de -- Referendum in Kolumbien: Friedensvertrag abgelehnt
> Entgegen allen Prognosen haben die Kolumbianer gegen den Friedensvertrag
> mit der Farc-Guerilla gestimmt. Die Waffenruhe soll zunächst in Kraft
> bleiben.
Bild: Eine Friedensbefürworterin weint in Bogotá
Rio de Janeiro epd | Überraschung in Kolumbien: Eine knappe Mehrheit der
Bürger hat sich gegen den Friedensvertrag zwischen Regierung und
Farc-Guerilla ausgesprochen. Bei einem Plebiszit stimmten am Sonntag
(Ortszeit) 50,2 Prozent der Teilnehmer gegen das Abkommen. 49,8 Prozent
votierten mit Ja. Damit kann das mühsam ausgehandelte Abkommen nicht in
Kraft treten. Der jahrelange Friedensprozess, der bereits geltende
Waffenstillstand und die Umwandlung der Guerilla in eine politische Partei
sind infrage gestellt.
Die Gegner des Friedensvertrags brachen in Jubel aus und feierten das
Ergebnis als Sieg über die Straflosigkeit. Sie seien nicht gegen den
Frieden, sondern nur gegen die geplante Sondergerichtsbarkeit für die
Rebellen, die milde Strafen für geständige Kämpfer vorsieht, erklärten ihre
Sprecher.
Die Befürworter hingegen standen unter Schock: Umfragen hatten eine
deutliche Mehrheit von Ja-Stimmen vorausgesagt. Die Wahlbeteiligung war mit
rund 37 Prozent niedrig. Schlechtes Wetter infolge des Hurrikans „Matthew“
hat womöglich viele von einer Stimmabgabe abgehalten.
Präsident Juan Manuel Santos erklärte unmittelbar nach Bekanntgabe des
Ergebnisses in einer Fernsehansprache: „Ich werde nicht aufgeben. Bis zur
letzten Minute meines Mandats werde ich mich für den Frieden einsetzen.“
Für den 65-Jährigen bedeutet das Ergebnis einen herben Rückschlag, da er
einen Friedensschluss zum zentralen Projekt seines Regierungsmandats
gemacht hat.
Santos unterstrich, dass der beiderseitige Waffenstillstand weiterhin gelte
und dass die Verhandlungsdelegation der Regierung mit der Farc in Kontakt
stehe. Zudem lud er alle politischen Kräfte des Landes für Montag zu einem
Dialog über das weitere Vorgehen ein. Trotz des knappen Ausgangs des
Plebiszits betonte Santos, er werde das Ergebnis anerkennen, wie der
Hörfunksender RCN auf seiner Internetseite berichtete.
Farc-Chef Rodrigo Londoño Echeverri alias „Timochenko“ sicherte seinerseits
eine weitere Einhaltung des Waffenstillstandes zu. „Wir werden
ausschließlich das Wort beim Aufbau der Zukunft benutzen“, erklärte der
Guerillero. „Timochenko“ bedauerte, dass „diejenigen, die Hass und
Konfrontation säen, von der Bevölkerung gehört wurden“. Ursprünglich woll…
sich die älteste Guerillagruppe Lateinamerikas innerhalb weniger Monate in
eine politische Partei verwandeln.
## „Wir bestehen auf Korrekturen“
Als eigentlicher Sieger des Plebiszits gilt der Ex-Präsident und heutige
Senator Álvaro Uribe, der die Kampagne für das Nein anführte. Das
Abstimmungsergebnis bezeichnete er als „Sieg der Demokratie“. „Wir besteh…
auf Korrekturen (des Vertragstextes), damit er den Vorgaben der Verfassung
entspricht“, sagte der konservative Politiker, der im Verdacht steht, vor
seiner Präsidentschaft enge Verbindungen zu den rechten Paramilitärs gehabt
zu haben. Als ersten Schritt zu Neuverhandlungen schlug Uribe einen „großen
nationalen Pakt“ vor.
Die Zukunft des in mehr als dreieinhalb Jahren ausgehandelte
Friedensvertrags ist nun vollkommen ungewiss. Ende September hatten die
beiden Kriegsparteien das in der kubanischen Hauptstadt Havanna erarbeitete
Abkommen in einer feierlichen Zeremonie unterzeichnet. Zuvor hatten bereits
die Farc-Mitglieder für die Annahme des Vertrags gestimmt.
Der Krieg zwischen Guerillagruppen, Armee und rechtsextremen Paramilitärs
hatte sich in den 60er Jahren an Landkonflikten und sozialer
Ungerechtigkeit entzündet. Mehr als 340.000 Menschen wurden getötet, davon
80 Prozent Zivilisten. Mindestens sieben Millionen Kolumbianer wurden zu
Flüchtlingen. Mit der zweitgrößten Guerilla, der ELN, laufen
Sondierungsgespräche.
3 Oct 2016
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