# taz.de -- Verschärfung des Strafgesetzbuchs: Beleidigungen werden teurer | |
> Das Bundeskabinett will Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und | |
> Hasskriminalität beschließen. Es geht vor allem um rechten Hass im Netz. | |
Bild: Facebook und Twitter müssen strafbare Hasspostings künftig der Polizei … | |
FREIBURG taz | Die Bundesregierung will Beleidigungen im Internet schneller | |
und effizienter bestrafen. Die entsprechende Verschärfung des | |
Strafgesetzbuchs ist Teil eines Maßnahmenpakets gegen Rechtsextremismus und | |
Hasskriminalität, das das Kabinett an diesem Mittwoch beschließen will. | |
„Den Tatbestand der Beleidigung werden wir an die Besonderheiten des Netzes | |
anpassen. Dabei berücksichtigen wir insbesondere dessen unbegrenzte | |
Reichweite und die aufgrund vermeintlicher Anonymität oft sehr aggressive | |
Begehungsweise“, heißt es im Maßnahmenpaket, das der taz vorliegt. | |
Eine Beleidigung ist strafrechtlich definiert als Angriff auf die Ehre | |
durch Kundgabe der Missachtung. Ob „du Wichser“ eine strafbare Beleidigung | |
ist, kommt immer auf den Anlass und die Vorgeschichte an. Die Justiz muss | |
dabei in der Regel das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen mit der | |
Meinungsfreiheit des Äußernden abwägen. Beleidigung ist auch gegenüber | |
abwesenden Personen möglich. | |
Bei einer Beleidigung droht bisher eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis | |
zu einem Jahr. Zum Vergleich: Beim Diebstahl oder der Körperverletzung | |
reicht der Strafrahmen bis zu fünf Jahren Gefängnis. Vermutlich wird der | |
Strafrahmen für Beleidigungen im Internet nun auf zwei Jahre erhöht. | |
## Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung erhöhen | |
Wahrscheinlich wird im Strafgesetzbuch nicht das „Internet“ erwähnt, | |
sondern technikneutral formuliert. Naheliegend ist eine Strafschärfung für | |
den Fall, dass die Beleidigung „öffentlich“ erfolgt. Eine solche | |
Strafschärfung gibt es schon bei der Verleumdung und der üblen Nachrede. | |
„Öffentlich“ ist eine Äußerung, wenn eine unüberschaubare Zahl von Mens… | |
Kenntnis erlangen kann. Das gälte in der Regel also auch für Äußerungen im | |
Netz. | |
Die Strafverschärfung wird vermutlich kaum jemand von Beleidigungen | |
abhalten. Schließlich gilt die erhöhte Strafdrohung für öffentliche | |
Verleumdungen schon seit Jahrzehnten. Viel wichtiger ist es, die | |
Wahrscheinlichkeit einer Bestrafung zu erhöhen. | |
Hier kommt nun die im Maßnahmenpaket ebenfalls enthaltene | |
[1][Anzeigepflicht für soziale Netzwerke] ins Spiel. Facebook und Twitter | |
müssen strafbare Hasspostings künftig nicht nur löschen, sondern auch der | |
Polizei melden. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll entsprechend | |
geändert werden. | |
Allerdings gilt das [2][NetzDG] bisher nicht für Beleidigungen, weil diese | |
von der Polizei nur auf Antrag verfolgt werden. Hier sind deshalb noch zwei | |
Änderungen erforderlich: Erstens muss für öffentliche Beleidigungen das | |
Antragserfordernis im Strafgesetzbuch gestrichen werden. Zweitens müssen | |
öffentliche Beleidigungen dann ausdrücklich im NetzDG erwähnt werden. | |
Das Maßnahmenpaket, das jetzt beschlossen werden soll, ist erst mal nur ein | |
Eckpunktepapier. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) will bis Ende | |
des Jahres konkrete Gesetzentwürfe vorlegen. | |
30 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Bestrafung-von-Hassdelikten-im-Netz/!5634233 | |
[2] /NetzDG/!t5474839/ | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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