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# taz.de -- Verlängerung des Lockdowns: Der I-Wert
> Der Bedarf an Intensivbetten steigt in Deutschland, der Lockdown wird
> wohl verlängert. Was Impfungen, Schulen und eine Virusmutation dazu
> beitragen.
Bild: Stark belegt: Intensivstation einer Klinik in Kiel
Berlin taz | Am Dienstag werden Bund und Länder aller Voraussicht nach den
Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängern. Unklar ist, für wie lange.
Mehrere Ministerpräsidenten [1][äußerten sich am Wochenende entsprechend.]
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hält sogar eine
Verschärfung der Corona-Regeln in dem Bundesland für nötig. Er habe dem
Kabinett vorgeschlagen, nach dem Beispiel von Sachsen den Bewegungsradius
der Menschen im Freistaat auf 15 Kilometer im Umkreis ihres Wohnortes zu
beschränken, sagte Ramelow am Sonntag in Erfurt. Entscheidungen werde das
Thüringer Kabinett am Dienstag nach den Bund-Länder-Gesprächen fällen.
Kein Wunder: Die Lage in den Krankenhäusern hat sich bisher, trotz aller
Beschränkungen, nicht verbessert, sondern verschärft. Seit Beginn der
zweiten Welle steigt die Zahl der Covid-Patient*innen auf den
Intensivstationen kontinuierlich auf derzeit knapp über 5.700 an. Von den
rund 11.700 High-Care-Intensivbetten, auf denen schwer Kranke invasiv
beatmet werden können, sind noch 3.300 frei.
Täglich werden mehr Patient*innen neu in den Intensivstationen aufgenommen
als Behandlungen beendet werden. Von den beendeten Intensivbehandlungen
entfielen laut Robert Koch-Institut am 2. Januar 35 Prozent auf an Covid-19
Verstorbene.
Entscheidend ist dabei nicht die absolute Zahl, sondern der Trend: Bisher
flacht die Kurve der belegten Intensivbetten nicht ab, die Kliniken füllen
sich zusehends. Entsprechend forderten mehrere Ärztevertreter*innen am
Wochenende, die Kontaktbeschränkungen zu verlängern.
Keinerlei Entwarnung gibt es auch bei Neuinfektionen und Todesfällen: Zwar
flachte die Kurve über Weihnachten und Neujahr sichtlich ab, doch die
Zahlen sind nicht aussagekräftig, weil viele Daten über die Feiertage nicht
übermittelt werden.
So sind derzeit im 7-Tages-Schnitt in Deutschland 141 Infizierte pro
100.000 Einwohner*innen gemeldet, vor Weihnachten waren es fast 200 – auch
hier ist die vermeintliche Entspannung laut RKI wahrscheinlich auf eine
Datenlücke zurückzuführen. Bund und Länder wollen diesen Wert mit ihren
Maßnahmen wieder auf unter 50 drücken. Wie die Lage tatsächlich ist und ob
Besuche zwischen Weihnachten und Neujahr zur mehr Infektionen geführt
haben, wird sich also erst ab kommender Woche zeigen. Über die Feiertage
jedenfalls sind vielerorts Wintersportler*innen zum Rodeln oder Skifahren
an Ausflugsorte gepilgert. So etwa im sauerländischen Winterberg, wo wegen
des hohen Andrangs mittlerweile Straßen gesperrt wurden und die Polizei
Dutzende von Verstößen festgestellt hat.
## Keine Entwarnung an Schulen
Wahrscheinlich wird es auch weiterhin Schul- und Kitaschließungen geben.
Denn an der grundsätzlichen Einschätzung der Wissenschaft über das
Infektionsgeschehen dort hat sich nichts geändert. So hat sich die
Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina im Dezember klar für einen
Schließung der Schulen eingesetzt. „Man sieht durchaus, dass es ein
erhebliches Infektionsgeschehen in Schulen gibt. Das muss man einfach
langsam mal anerkennen“, sagte der Virologe Christan Drosten im Dezember.
Zwar gebe es keinen exponentiellen Anstieg der Infektionen dort, wohl aber
einen linearen.
Doch nach wie vor gibt es in Deutschland kaum systematische Studien dazu,
wie viele Menschen sich in Schulen und Kitas anstecken. Das RKI erfasst
zwar Daten darüber, doch die gelten als lückenhaft, weil gerade unter
jungen Menschen Covid-19 oft fast ohne Symptome verläuft und deshalb
Infektionen übersehen werden können.
## Einfluss der Mutation
Die gute Nachricht ist, dass sich eine beunruhigende Meldung aus
Großbritannien offenbar nicht bestätigt: Dort hatte eine Intensivpflegerin
in einem BBC-Radiointerview von einem beängstigenden Anstieg von schweren
Covid-Verläufen bei Kindern und jungen Erwachsenen berichtet, hervorgerufen
möglicherweise durch die neue Coronavirusmutation, die seit einigen Wochen
in Großbritannien grassiert. Die BBC selbst recherchierte an mehreren
britischen Kinderkliniken nach, alle gaben Entwarnung: Junge Menschen
würden nicht vermehrt erkranken.
Das deckt sich auch mit einer [2][Studie] einer britischen
Forschungsgruppe, die allerdings noch keiner unabhängigen Prüfung
unterzogen wurde: Demnach ist die Mutation zwar um 50 Prozent ansteckender,
verursache aber nicht häufiger schwere Verläufe von Covid-19. Dennoch sei
wegen der höheren Ansteckungsgefahr mit einem starken Anstieg von
Fallzahlen und Opfern zu rechnen. Großbritannien kündigte deshalb am
Sonntag eine Verschärfung des Lockdowns an – in Deutschland ist die neue
Virusvariante bisher nur in Einzelfällen aufgetreten.
## Und der Impfstoff?
Bislang sind in Deutschland 1,3 Millionen Impfdosen des Wirkstoffs von
Biontech und Pfizer ausgeliefert worden, bis Ende Januar sollen weitere
2,68 Millionen Dosen hinzukommen. Bis Samstag hatten rund 188.500 Menschen
ihre erste von zwei Dosen erhalten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
versprach im TV-Sender RTL, bis Ende des Monats seien alle Bewohner*innen
von Pflegeheimen geimpft. Das heißt: Aktuell entlastet der Impfstoff die
Situation in Deutschland noch nicht.
3 Jan 2021
## LINKS
[1] /Corona-Lockdown-in-Deutschland/!5741123
[2] https://cmmid.github.io/topics/covid19/uk-novel-variant.html
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Kitas
Sandra Scheeres
Schule
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