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# taz.de -- Israel bei Corona-Impfungen vorn: Jeder Zehnte schon geimpft
> Israel sieht sich als Testballon in der Bekämpfung der Pandemie. Der
> angeschlagene Ministerpräsident versucht so auch vor den Neuwahlen zu
> punkten.
Bild: Ministerpräsident Netanjahu und Regierungsmitglieder mit dem millionsten…
Tel Aviv taz | „Impfweltmeister Israel“, schallt es derzeit aus den
internationalen Medien. Tatsächlich legt Israel einen erstaunlichen Sprint
hin: Mehr als eine Million Menschen sind dort seit dem Start der
Impfkampagne vor zwei Wochen mit der ersten von zwei Spritzen geimpft
worden – mehr als ein Zehntel der Bevölkerung. Nach den über 60-Jährigen,
dem medizinischem Personal und den Risikogruppen sollen im nächsten Schritt
schon Impfungen für alle Israelis offen gestellt werden.
Es ist eine Erfolgsmeldung aus dem Land, über das in Pandemiezeiten selten
Positives zu hören war. [1][Israel ist schwer von der Coronapandemie
betroffen] und befindet sich seit einer Woche im dritten Lockdown. Über
eine weitere Verschärfung der Maßnahmen, etwa eine komplette Schließung der
Schulen, wird derzeit diskutiert, denn die Zahlen steigen weiterhin an.
Mehr als 5.800 Neuinfektionen an einem Tag wurden zuletzt registriert, für
das kleine Land mit seinen knapp 9 Millionen Einwohner*innen ist das sehr
viel.
In der Impfkampagne jedoch kommen dem Land seine übersichtliche Größe und
Einwohner*innenzahl entgegen – und auch das moderne und digitalisierte
Gesundheitssystem.
Im globalen Wettrennen um Impfstoffe dienen diese Vorteile Israel auch als
Argument im Versuch, den Konzern Pfizer davon zu überzeugen, vorzeitig
Impfstoffe an das kleine Land zu liefern. Mit Israel könne ein Testballon
kreiert werden, argumentieren die israelischen Gesundheitsbehörden. So
könne die Frage beantwortet werden, ob ein gesamtes Land bei effektivem
Impfprogramm aus der Coronamisere herauskommen kann.
## Netanjahu verkündet schon das Ende der Krise
Der angeschlagene Ministerpräsident Benjamin Netanjahu scheint wieder voll
in seinem Element. Nach seinen Angaben hat Israel mit Pfizer die Lieferung
von acht Millionen Impfdosen und mit Moderna von sechs Millionen Impfdosen
vereinbart. Laut Medienberichten hat Israel deutlich höhere Preise an
Biontech-Pfizer gezahlt als die USA oder Europa.
„Ende Februar“, kündigte Neantjahu an, werde Israel die Coronakrise hinter
sich gelassen haben. Laut dem israelischen Fernsehsender Channel 12 soll er
am Wochenende zum wiederholten Mal den Chef des amerikanischen
Pfizer-Konzerns angerufen und um eine Beschleunigen der Lieferungen gebeten
haben.
Mit einer Corona-Erfolgsgeschichte will er, so glauben viele Israelis,
Stimmen wiedergewinnen, die er angesichts der schlechten Performance der
Regierung in der Coronapandemie verloren hat. Nachdem Ende Dezember die
Regierungskoalition geplatzt ist, werden die Israelis am 23. März [2][zum
vierten Mal in zwei Jahren an die Urnen gebeten]. Ob der Ministerpräsident,
der derzeit [3][in drei Korruptionsfällen angeklagt ist,] nach den Wahlen
eine Mehrheit zustande bringen wird, ist alles andere als ausgemacht.
Eine Einigung mit Pfizer über eine vorzeitige Lieferung konnten bisher
allerdings weder der Regierungschef noch das Verhandlungsteam erreichen.
Möglicherweise werden einige Über-60-Jährige doch noch einmal ihren
Impftermin verschieben und die Allgemeinheit noch länger auf ihre Injektion
warten müssen.
Auch die Bereitschaft der Bevölkerung, sich impfen zu lassen, wird wohl
über den weiteren Erfolg entscheiden. Arabische Israelis sind bisher
zögerlicher, ihre Ärmel hochzukrempeln, wenn auch laut Medienberichten in
den letzten Tagen in arabischen Zentren ein größerer Zulauf zu beobachten
war.
## Viele Palästinenser*innen bleiben außen vor
Auf lange Sicht könnte auch die Situation in den palästinensischen Gebieten
den Erfolg des Impfprojektes beeinflussen. Die Palästinenser*innen sind
nicht in die Impfaktion einbezogen. Das könnte den Weg zur Herdenimmunität
möglicherweise verlangsamen, denn Tausende Palästinenser*innen arbeiten in
Israel und in den jüdischen Siedlungen.
Internationale Gesundheits- und Menschenrechtsorganisationen wie Physicians
for Human Rights werfen Israel außerdem vor, moralische, humanitäre und
rechtliche Verpflichtungen zu umgehen. Sie fordern, dass Israel die
Palästinenser*innen mit Impfdosen versorgt. Derweil arbeitet die WHO mit
dem Programm Covax daran, den Palästinenser*innen Impfstoffe zukommen zu
lassen. Der Büroleiter der Weltgesundheitsorganisation in Jerusalem, Gerald
Rockenschaub, rechnet jedoch mit ersten Impfungen für die
Palästinenser*innen erst gegen Mitte des Jahres 2021.
3 Jan 2021
## LINKS
[1] /Israel-und-das-Corona-Virus/!5717321
[2] /Schon-wieder-Neuwahlen-in-Israel/!5740387
[3] /Neue-Vorwuerfe-gegen-Israels-Premier/!5717621
## AUTOREN
Judith Poppe
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