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# taz.de -- Zank um die Impfstoff-Verteilung: Europa trägt keine Schuld
> Es war richtig, dass ein Großteil des Impfstoffs zentral von der EU
> geordert wurde. Nur das ermöglicht eine faire Verteilung.
Bild: Italienische Pflegerin mit Biontech-Impfstoff
Wenn es nur sehr begrenzte Mengen eines Stoffs gibt, auf den die ganze Welt
scharf ist, dann führt das zu einer Verknappung. Nichts anderes ist beim
Corona-Impfstoff der Fall, der global Millionen Leben retten kann, dessen
Menge derzeit aber nicht ausreicht, um sofort in Millionen Dosen in
Deutschland gespritzt zu werden.
Ein solcher Mangel führt zu Schuldzuweisungen. Weil ein Großteil der
Bestellungen dieses Impfstoffs über die EU erfolgt ist, so die einfache
Schlussfolgerung, muss Brüssel auch verantwortlich für diesen deutschen
Missstand sein. Doch diese Logik ist falsch und gefährlich.
Tatsächlich konnte im Herbst, als die Bestellungen erfolgt sind, niemand
wissen, welcher Impfstoff als erster eine Zulassung erhalten wird. Die EU
hat also weise gehandelt, als sie bei verschiedenen Herstellern
Vorbestellungen getätigt hat. Von den Kritikern, die jetzt neunmalklug
behaupten, es sei schon früh absehbar gewesen, dass Biontech dieses
Hasenrennen gewinnen würde, war damals im Herbst seltsamerweise kein
einziges Wort zu vernehmen. Aber hinterher ist man bekanntlich immer
klüger.
Zweitens war es eine richtige Entscheidung, dass ein Großteil des
Impfstoffs [1][zentral von der Europäischen Kommission geordert wurde].
Wenn Ressourcen knapp sind, buhlen in aller Regel viele Nationen darum, sei
es um Wasser, um Rohstoffe oder um medizinische Produkte. Es sind deswegen
schon Kriege geführt worden. In ärmeren Ländern wie Peru oder Chile werden
die Menschen noch lange – viel zu lange – darauf warten müssen, dass sie
mit Impfstoff versorgt sind.
## Wir brauchen keinen Corona-Chauvinismus
Man stelle sich nur einmal vor, welche nationalen Gefühlsaufwallungen in
Warschau aufgekommen wären, wenn das reichere Deutschland dem ärmeren Polen
den Impfstoff vor der Nase weggekauft hätte. Man möge bedenken, welche
Folgen es für den Staatenbund gehabt hätte, wenn 27 Nationen um einen
Impfstoff gekämpft hätten. Europa ist schon genug mit engstirnigen
Nationalismen geschlagen, da brauchen wir keinen Corona-Chauvinismus.
Drittens sind die Bundesdeutschen die Letzten, die sich über den EU-Ankauf
des Impfstoffs beschweren können. Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen ist bekanntlich Deutsche. Die EU wurde zum Zeitpunkt des Kaufs von
einer deutschen Ratspräsidentschaft geführt, mit Jens Spahn als
Vorsitzendem des EU-Gesundheitsrats. Wenn es also so sein sollte, dass
Europa zu wenig von dem einen und zu viel von dem anderen Impfstoff gekauft
haben sollte, dann sind es zuallererst die Deutschen, die dafür
Mitverantwortung tragen.
3 Jan 2021
## LINKS
[1] /Weltweit-beginnen-die-Impfkampagnen/!5736326
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
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Schwerpunkt Coronavirus
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