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# taz.de -- Verkehrswende in Osnabrück: Weniger Autos, mehr Straßenbahn
> 1960 hat Osnabrück seine Straßenbahn abgeschafft. Jetzt lässt die
> niedersächsische Stadt prüfen, ob es sich lohnt, eine neue zu bauen.
Bild: So könnte die Stadtahn in Osnabrück aussehen
Osnabrück taz | Es gibt ja Leute, die sagen: Früher war alles besser. Meist
ist ein solches Lob der Vergangenheit verklärender Unsinn. Aber es gibt
Fälle, da stimmt es ein wenig. Ein solcher Fall tritt derzeit in Osnabrück
zutage.
Es geht um die Machbarkeitsstudie für den Bau einer Stadtbahn, in Auftrag
gegeben und finanziert von Stadt und Landkreis Osnabrück. Bis Ende 2022
sollen die Dresdner Verkehrsplaner Köhler und Taubmann (VKT) ihre
Potenziale bewerten, ihre Wirtschaftlichkeit, ihre Ausbaubarkeit zur
Stadt-Umland-Bahn, die städtebaulichen Konsequenzen.
Ein großer Erfolg für die Osnabrücker Stadtbahn-Initiative (SBI). Seit
Anfang der 1990er kämpft sie für ihre Idee einer neuen Straßenbahn.
Mitentscheidend war eine Petition von Ende 2020, die über 3.100
Unterzeichner fand, an Infoständen, auf Wochenmärkten, über die Plattform
openPetition. Auch AktivistInnen von Fridays for Future hatten
Unterschriften gesammelt.
Osnabrück hatte schon einmal eine Stadtbahn. Eine elektrische Straßenbahn,
ab 1906. Aber 1960 war damit Schluss. Das System wurde demontiert, die
Stadt mehr und mehr zur Autostadt. „Heute sagen fast alle, dass das ein
fataler Fehler war“, sagt Johannes Bartelt von der SBI zur taz. „Aber es
ist noch nicht zu spät, den Erfolg von damals wieder aufzugreifen.“
## Staus, Lärm, Abgase, Stress
Dass Osnabrücks Straßen primär Autoverkehrsraum sind, rächt sich: Staus,
[1][Lärm, Abgase, Stress, Feinstaub,] zugeparkter öffentlicher Raum,
Unfallgefahr für Radfahrer. Eine Stadtbahn könnte das entzerren, meint die
SBI. Zudem braucht Osnabrück zusätzlichen ÖPNV: [2][Der Umstieg vom
motorisierten Individualverkehr auf klimafreundlichere Verkehrsmittel müsse
vorangetrieben werden], so der Osnabrücker „Masterplan 100 % Klimaschutz“.
Die SBI ist überzeugt: Die Bahn würde dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
150 bis 200 Millionen Euro könnte die Stadtbahn kosten, schätzt Bartel. Die
Förderquote aus Land, Bund und EU könne bis zu 90 Prozent betragen. Liefe
alles optimal, könne sie in acht bis zehn Jahren in Betrieb gehen. „In
allen Städten, in denen es eine Stadtbahn gibt, bildet sie das Rückgrat des
ÖPNV“, so Bartelt. „Auch in Bremen, Hannover, Braunschweig, Rostock und
Schwerin.“
Alles liegt jetzt an der Studie der VKT. „Wir hoffen, dass das
Mitbestimmungsrecht, das uns für den Beirat zugesichert wurde, zukünftig
auch eingehalten wird“, mahnt Bartelt an. „Im Moment ist die Stadt da ja im
Rückstand: Beim Erstgespräch waren wir nicht eingeladen. Ende März, Anfang
April steht eine ausführliche Besprechung mit dem Gutachterbüro an. Wir
erwarten, dass wir dann mit am Tisch sitzen.“
Sven Jürgensen, Sprecher der Stadt, weist Bartelts Kritik zurück: „Die
Stadt hat damit nichts zu tun“, sagt er der taz. „Das liegt nicht in
unserem Verantwortungsbereich.“ Zuständig seien vermutlich die Stadtwerke
Osnabrück. „Das ist falsch“, wundert sich Bartelt. „Es ist die Stadt, die
dazu einlädt.“
Die Stadtwerke, eine AG im Eigentum der Kommune, sind aber auch ein
wichtiger Akteur. Nicht nur, dass die Planungsgesellschaft Nahverkehr
Osnabrück (PlaNOS), die mit der SBI als Experte am VKT-Beiratstisch sitzt,
eine Tochter der Stadtwerke ist. Die Stadtwerke sind Teil der
[3][Verkehrsgemeinschaft Osnabrück (VOS), die in Osnabrück den Busverkehr
sicherstellt]. Würde die Straßenbahn das Rückgrat des ÖPNV bilden, bliebe
ihr womöglich nur das Zubringergeschäft.
Eine Konstellation zu Lasten der Stadtbahn, fürchtet Bartelt: „Die
Stadtwerke haben uns jahrelang Knüppel zwischen die Beine geworfen.“
Stadtwerke-Sprecher Marco Hörmeyer sieht das anders: Die Stadtwerke,
versichert er, seien „völlig ergebnisoffen“, es gehe „ganz grundlegend um
die beste Art der Mobilität“. Von einer Ausgrenzung der SBI weiß er nichts.
Die Steuerung liege bei Stadt und Landkreis. „Die Stadt und der Lankreis
laden daher auch zu etwaigen Sitzungen und Treffen ein“, sagt Hörmeyer.
Die [4][VKT-Studie] ist noch nicht die endgültige Entscheidungsgrundlage.
Es könne dadurch „nur eine Tendenz aufgezeigt werden“, gab Stadtbaurat
Frank Otte Mitte 2021 im Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt zu
Protokoll. Die „Standardisierte Bewertung“ muss noch folgen. Erst wenn auch
sie pro Bahn ausfällt, können Fördermittel beantragt werden. Eine
Zitterpartie also noch für die SBI, trotz aller Hoffnung.
14 Feb 2022
## LINKS
[1] /Abgasprobleme-in-Osnabrueck/!5491118
[2] /Osnabruecker-Massnahme-zum-Klimaschutz/!5637738
[3] /E-Busse-fuer-Hannover-und-Osnabrueck/!5518955
[4] https://vkt-gmbh.de/
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
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