# taz.de -- Verbieten oder laufen lassen: Streit um Nahost-Demos | |
> Für Freitag ist in Hamburg eine Nahost-Kundgebung untersagt, für Mittwoch | |
> eine weitere angemeldet. Vertreter der Opposition fordern auch dafür | |
> Verbot. | |
Bild: Unterstützung für die palästinensische Sache: Autokorso auf der Hambur… | |
HAMBURG taz | Die Oppositionsparteien CDU und FDP fordern, eine für | |
Mittwoch geplante Nahost-Demonstration auf dem Hamburger Rathausmarkt zu | |
verbieten. „Es ist mit volksverhetzenden und antisemitischen Parolen, | |
Gewaltausbrüchen und Gewaltverherrlichung zu rechnen“, warnt | |
CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Ob das zutrifft, war am Donnerstag | |
allerdings keineswegs klar. Die Anmeldung werde noch geprüft, erklärt die | |
Innenbehörde. | |
Thering verwies auf das Beispiel Berlin. Der dortige Senat hat | |
pro-palästinensische Demonstrationen verboten, nachdem der [1][Überfall auf | |
Israel aus dem Gaza-Streifen gefeiert worden] war. Mehr als 30 Straftaten | |
und fast ebenso viele Ordnungswidrigkeiten hat die Berliner Polizei nach | |
eigenen Angaben im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der | |
[2][islamistischen Hamas] seither erfasst. | |
Allerdings scheint die Lage in Hamburg weniger brisant zu sein. Zwar kam es | |
im Zusammenhang mit pro-israelischen Demonstrationen zu vereinzelten | |
Übergriffen. Zudem hat der NDR im multikulturellen Stadtteil St. Georg | |
antisemitische Stimmen eingefangen. Doch der Aufruf für Mittwoch wirkt | |
harmlos: „Im Gedenken an die Opfer der jüngsten Ereignisse“ soll schweigend | |
und mit Kerzen demonstriert werden. 500 Teilnehmer werden erwartet. | |
Wie die Polizei bestätigte, hat ein Privatmensch die stationäre Versammlung | |
angemeldet. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts hat dieser schon | |
am 15. Mai eine Demonstration zum Gedenken an die Nakba angemeldet, die | |
Vertreibung von Palästinensern aus dem heutigen Israel vor 75 Jahren. | |
## Innenbehörde verweist auf hohe Hürden eines Verbots | |
Für CDU-Fraktionschef Thering ist die Sache klar: „Wenn Bürgermeister | |
Tschentscher seine Aussage ernst meint, dass in Hamburg ‚kein Millimeter | |
Platz für Antisemitismus und Feindseligkeit gegenüber Israel‘ sei, dann | |
muss auch der Hamburger Senat dafür sorgen, dass diese angemeldete | |
Pro-Palästina-Demo in Hamburg keine Genehmigung erhält“, teilte er mit. Der | |
Bürgermeister hatte bei einer Demonstration am Montag auf dem Jungfernstieg | |
Israel seiner Solidarität versichert. | |
Die FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein erwartet vom | |
rot-grünen Senat, „dass er ganz genau nachprüft, dass es nicht so eine Demo | |
ist, wie wir sie in anderen Städten erleben“. Zwar sei gerade für sie als | |
Liberale das [3][Demonstrationsrecht ein hohes Gut], doch wenn der | |
geringste Verdacht bestehe, dass es zu antisemitischen Vorfällen kommen | |
könnte, sollte die Kundgebung verboten werden. Natürlich sei die Lage in | |
den israelisch besetzten Gebieten schlimm. Sie findet jedoch: „Jetzt ist | |
nicht der richtige Zeitpunkt, mit Ermahnungen zu kommen.“ | |
Daniel Schaefer, Sprecher der Innenbehörde, versichert: „In der Haltung | |
sind wir klar.“ Er verwies aber auf die hohen Maßstäbe, die an eine | |
Einschränkung des Versammlungsrechts anzulegen seien. Es müsste | |
nachgewiesen werden, dass die Versammlung die öffentliche Sicherheit und | |
Ordnung gefährde. „Das ist nichts, was man politisch entscheiden kann“, | |
sagt Schaefer. | |
„Wir prüfen jede Versammlungsanmeldung sehr intensiv und schöpfen dabei | |
alle rechtlichen Möglichkeiten aus“, teilte ein Sprecher der Hamburger | |
Polizei mit. Mit Blick auf Aufrufe in den sozialen Netzwerken sei jederzeit | |
auch mit spontanen oder nicht angemeldeten Versammlungen zu rechnen, bei | |
denen es auch zu Straftaten wie Volksverhetzung kommen könnte. Dagegen | |
halte sich die Polizei bereit. | |
## Bremen verbietet Palästina-Demos | |
Auch Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) teilte der Neuen | |
Osnabrücker Zeitung mit, die Polizei werde bei Versammlungen konsequent | |
gegen jede Form der Befürwortung kriegerischer Handlungen durch die Hamas | |
sowie das Zeigen verbotener Symbole einschreiten. | |
Zu einem weitaus drastischeren Schritt hat sich der Bremer rot-rot-grüne | |
Senat entschlossen. Per Allgemeinverfügung verbot er am heutigen Freitag | |
Versammlungen zur „Unterstützung der Hamas“ oder deren Angriffe auf Israel. | |
Das Verbot gelte auch bei sogenannten „Spontan- oder Eildemonstrationen“. | |
Hintergrund der Verfügung ist ein weltweiter Aufruf der [4][Hamas] zu Demos | |
und Aktionen, wobei sie ihre Anhänger auffordern, zu Opfern bereit zu sein. | |
„Bei einer die Hamas unterstützenden Versammlung ist mit der Begehung einer | |
erheblichen Anzahl von Straftaten zu rechnen“, sagte SPD-Innensenator | |
Ulrich Mäurer. Das mache ein Verbot notwendig. | |
Eine für Freitag angekündigte kleinere pro-palästinensische Kundgebung | |
„Solidarität mit Rojava und Palästina“ hat die Hamburger Polizei derweil | |
kurzfristig untersagt. „Die Versammlungsbehörde wird die für morgen am | |
Hauptbahnhof angemeldete Versammlung verbieten“, teilte die Polizei am | |
Donnerstagabend mit. | |
12 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Israelfeindlichkeit-in-Berlin/!5966053 | |
[2] /Sorge-vor-Eskalation-in-Deutschland/!5966117 | |
[3] /Pro-palaestinensische-Demos/!5962520 | |
[4] https://www.bpb.de/themen/islamismus/dossier-islamismus/36365/hamas-und-pal… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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