| # taz.de -- Urteil zur „Judensau“ in Wittenberg: Auf die Absicht kommt es an | |
| > Die antisemitische Schmähplastik darf an der Wittenberger Kirche bleiben. | |
| > Sie ist nicht beleidigend, weil sie in ein Gedenkkonzept eingebettet ist. | |
| Bild: Sau des Anstoßes in Wittenberg | |
| Die „Judensau“ bleibt. Die [1][antisemitische Schmähplastik aus dem 13. | |
| Jahrhundert] kann an der Wittenberger Stadtkirche sichtbar bleiben, weil | |
| sie in ein Gedenkkonzept mit einer Bodenplatte und einer Informationsstele | |
| eingebunden ist. Das entschied am Dienstagnachmittag das Oberlandesgericht | |
| Naumburg, das oberste Gericht des Landes Sachsen-Anhalt. Es liege keine | |
| Beleidigung der in Deutschland lebenden Juden durch die Wittenberger | |
| Kirchengemeinde vor. | |
| Das Urteil überzeugt. Die evangelische Kirchengemeinde wollte bei ihrer | |
| [2][Entscheidung, die Schmähplastik zu belassen], eben nicht Juden | |
| verächtlich machen – und hat das auch nicht billigend in Kauf genommen. | |
| Vielmehr wollte sich die Kirchengemeinde der eigenen Geschichte stellen: | |
| Der historische christliche Antisemitismus sollte sichtbar bleiben, gerade | |
| auch an der Wittenberger Kirche Luthers, der selbst ein übler Antisemit | |
| war. | |
| Ob die konkrete Auseinandersetzung in der Lutherstadt Wittenberg geglückt | |
| ist, steht auf einem anderen Blatt. Die Bewertung von Gedenkkonzepten | |
| sollte aber der gesellschaftlichen Diskussion überlassen bleiben und nicht | |
| durch Gerichte entschieden werden. Die Kritik an der umständlichen | |
| Distanzierung der Wittenberger Christen ist ein Fall fürs Feuilleton und | |
| seine Debatten, nicht für juristische Unterlassungsklagen. | |
| [3][„Eine Beleidigung bleibt eine Beleidigung, ob man sie kommentiert oder | |
| nicht“], sagte Landesbischof Friedrich Kramer im Vorjahr. Das klingt gut, | |
| ist aber kurzschlüssig. Denn dann wäre es sogar verboten, die | |
| Judensauplastik – pädagogisch aufbereitet – in einem Museum zu zeigen. Und | |
| genau das hatte der Kläger des Naumburger Verfahrens – ein konvertierter | |
| Bonner Jude – ja gefordert. | |
| Zu Recht kommt es also immer auf die Absicht und den Kontext an. Deshalb | |
| ist auch das durchgestrichene und zertretene Hakenkreuz als Symbol der | |
| Antifa-Bewegung durchaus erlaubt – obwohl das Zeigen von NS-Symbolen an | |
| sich strafbar ist. Nazis können deshalb weder das durchgestrichene | |
| Hakenkreuz noch die Judensau für ihre Zwecke nutzen. | |
| 4 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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