# taz.de -- Urteil zu Ferienwohnungen in Berlin: Kein Schutz für Airbnb | |
> Im Kampf gegen Ferienwohnungen gibt es ein wegweisendes Urteil. Bis zu | |
> 10.000 Ferienappartements könnten bald schon wieder Mietwohnungen werden. | |
Bild: Korrekt | |
BERLIN taz | Nach zweijähriger Umbauzeit waren 2013 die ehemals 27 | |
Mietwohnungen in einem Altbau im Weinbergsweg 25 in Mitte verschwunden. | |
Entstanden waren stattdessen 37 möblierte Ferienappartements, darunter zwei | |
Penthouses, buchbar für mehr als 2.000 Euro für drei Nächte. Die Gorki | |
Appartements sind ein klassisches Beispiel für die Vernichtung von Wohnraum | |
zugunsten einer deutlich lukrativeren touristischen Nutzung, die vor allem | |
in dieser Zeit vor rund zehn Jahren massenhaft und unreguliert um sich | |
griff. | |
Der Gesetzgeber reagierte im Folgejahr. Mit dem | |
[1][Zweckentfremdungsverbotsgesetz] ist seit 2014 die Nutzung einer | |
Berliner Wohnung zu anderen als Wohnzwecken untersagt. Ausnahmen müssen | |
kostenpflichtig beantragt und von den Bezirksämtern genehmigt werden. Für | |
Vermieter:innen von Ferienwohnungen galt eine zweijährige | |
Übergangsfrist. Am Problem Airbnb mit Tausenden Angeboten in der Stadt | |
[2][samt preistreibender Effekte für die Nachbarschaft] änderte das Gesetz | |
jedoch zunächst wenig. | |
Am Weinbergsweg hätte die touristische Vermietung bereits 2016 ihr Ende | |
finden können. Nachdem sich das Bezirksamt Mitte geweigert hatte, dem | |
Objekt mit einem sogenannten Negativzeugnis Bestandsschutz zu gewähren, war | |
die Pächterin des Hauses und Vermieterin der Appartements vor Gericht | |
gezogen. [3][Diese Klage schmetterte das Berliner Verwaltungsgericht ab]. | |
Das Geschäftsmodell basiere auf der Entziehung von Wohnraum; dies dürfe der | |
Staat im Hinblick auf den angespannten Wohnungsmarkt untersagen, hieß es. | |
Eine Umstellung auf eine Vermietung zur üblichen Wohnnutzung sei zumutbar. | |
Doch was folgte, war ein weiterer fast achtjähriger Rechtsweg. Nachdem der | |
Fall jahrelang beim Bundesverfassungsgericht lag, wurde er 2022 zurück ans | |
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg überwiesen. Dessen Entscheid aus | |
dem September vergangenen Jahres wurde dem Bezirk Mitte Ende vergangener | |
Woche zugestellt. Es ist, wie man dort frohlockt, ein „wegweisendes | |
Grundsatzurteil“. | |
Letztinstanzlich entschieden ist damit, „dass nun auch rückwirkend | |
Eigentümer belangt werden können, die Wohnraum bereits vor Inkrafttreten | |
des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes in Ferienwohnungen umgewandelt | |
hatten“, wie es in einer Mitteilung heißt. Das gilt zunächst für Wohnungen | |
in reinen Wohngebieten. Für Ferienappartements in Mischgebieten führt der | |
Bezirk noch ein weiteres Musterverfahren. | |
## Rechtsweg erschöpft | |
Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) sagte der taz, das Urteil | |
sei „rechtskräftig“ – und der Rechtsweg quasi ausgeschöpft. Zwar könne… | |
Klägerin noch gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einlegen, | |
doch ein nächsthöheres Gericht, das sich des Falls annehmen würde, fehle. | |
Laut Remlinger hat sich bereits in einem ähnlich gelagerten Fall das | |
Bundesverwaltungsgericht für die Berliner Landesgesetzgebung für nicht | |
zuständig erklärt. Im Bezirk habe man daher bereits begonnen, die Altfälle | |
abzuarbeiten. | |
Im Fachbereich Zweckentfremdung des Bezirksamts Mitte, das dringend weitere | |
Mitarbeiter:innen sucht, geht man derzeit von 10.000 Ferienwohnungen | |
allein im Bezirk aus und von bis zu 30.000 stadtweit. Abgearbeitet werden | |
nun 1.700 bekannte Fälle, teilweise mit mehreren Wohnungen, die schon vor | |
2014 zweckentfremdet wurden. Sofern diese weiter touristisch genutzt werden | |
und in reinen Wohngebieten liegen, sind sie von dem Urteil betroffen. | |
In der ganzen Stadt könnten so bis zu 10.000 Wohnungen zusammenkommen, die | |
bald wieder dem Mietmarkt zur Verfügung gestellt werden müssen – eine Zahl, | |
die an jene der Neubauwohnungen in diesem Jahr heranreichen könnte. Für | |
Remlinger eine relevante Größenordnung, vor allem „angesichts der extremen | |
Wohnungsnot in der Innenstadt“. | |
Sie hofft, dass auch die anderen Bezirke „jetzt handeln“. Vom Senator für | |
Stadtentwicklung, Christian Gaebler (SPD), kam bereits Unterstützung: Dem | |
RBB sagte er: „Grundsätzlich ist es richtig, dass alle Wege gegangen | |
werden, um Ferienwohnungen wieder für den regulären Mietmarkt | |
zurückzugewinnen.“ | |
## 3 Monate Zeit | |
Die Bezirksbürgermeisterin kündigt an: „Wir werden die Vermieter jetzt | |
schnell anschreiben.“ Festgelegt werde dann die Rückumwandlung in Wohnraum | |
innerhalb von drei Monaten. Nach zehn Jahren der Prozessführung sei eine | |
„strenge Frist“ angebracht, so Remlinger. | |
Ein Wermutstropfen allerdings bleibt: Die zukünftigen Mietpreise können die | |
Bezirke nicht regulieren; auch die Mietpreisbremse greift nicht, nachdem | |
die Wohnungen mindestens ein Jahrzehnt lang nicht vermietet waren. Im | |
Angebot demnächst sind dann wohl viele alte Wohnungen mit | |
Neuvermietungspreisen. | |
19 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Zweckentfremdung-von-Wohnraum/!5872012 | |
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[3] https://openjur.de/u/893329.html | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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