# taz.de -- Urteil im Trans-Mordfall in Münster: Offensichtlicher (Selbst-)Hass | |
> Das Gericht wollte in dem tödlichen Angriff auf Malte C. keine | |
> Queerfeindlichkeit erkennen. Es ist ein Fehler, diese Motivlage | |
> auszublenden. | |
Bild: Das Grab des verstorbenen Malte C | |
Das Urteil lautete erwartungsgemäß: 5 Jahre Jugendstrafe samt Unterbringung | |
in einer therapeutisch orientierten Entziehungsanstalt verhängte das | |
Landgericht Münster gegen den Mann, der vor gut einem halben Jahr den | |
[1][trans Mann Malte C.] beim CSD in Münster so aggressiv geschlagen hatte, | |
dass dieser zu Boden fiel und dabei tödliche Verletzungen erlitt. Der | |
Täter, so formulierte das Gericht eindrücklich, müsse von seiner Drogen- | |
und Alkoholsucht abgebracht werden, um nach der Freiheitsstrafe überhaupt | |
als ein gewaltfrei zurechnungsfähiger Mensch leben zu können. | |
Das ist problematisch, weil der aus Tschetschenien geflüchtete Mann nach | |
allem, was die gutachterliche Expertise enthüllt, ein schwuler Mann ist. | |
Aus Gründen des in seiner Geburtsheimat mörderisch grassierenden Hasses auf | |
vor allem männliche Homosexuelle legte er sich einen emotionalen Panzer zu, | |
bereit zu jedweder Aggression im Moment von Gefahr. | |
Beim CSD in Münster, dem er vom Rande aus und unter Drogen stehend | |
zuschaute, erkannte er das, was ihm zu leben in seiner Heimat nicht möglich | |
ist und womit er sich in tödliche Schwierigkeit brächte. Malte C.’s | |
„Vergehen“ war, dass er, zumal als [2][trans Mann,] eine lebenszugewandte | |
Queerness ausstrahlte, die offensichtlich furiosen Selbsthass beim Täter | |
auslöste. | |
Die am Gericht Beteiligten, Richterschaft, Staatsanwaltschaft und | |
Verteidigung, wollten in der Tat keine Queerfeindlichkeit erkennen – und | |
das ist ein juristischer Fehler sondergleichen: [3][Hass auf Queers] ist | |
eine Motivlage, die des Öfteren von verkappten, aber sich selbst nicht | |
anerkennenden Homosexuellen ausgeht. | |
Eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht hat immer therapeutische Mühen zur | |
Folge. Wichtig wäre jetzt, dem Verurteilten eine positive Selbstanerkennung | |
als schwuler Mann zu ermöglichen. Und ihm als Asylbewerber nach | |
Strafverbüßung eine Zukunft in Deutschland zu ermöglichen. Müsste er zurück | |
nach Tschetschenien, käme das für ihn einem Todesurteil gleich. | |
22 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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