# taz.de -- Unterdrückte Proteste in Kuba: Letzter Ausweg Madrid | |
> Der Künstler Yunior García Aguilera hat die jüngst von Kubas Behörden | |
> verhinderten Proteste organisiert. Nun ist er mit Frau nach Spanien | |
> ausgereist. | |
Bild: Gebrochen, aber kämpferisch: Yunior García Aguilera vor der Presse in M… | |
HAMBURG taz | [1][Yunior García Aguilera] war auf alles vorbereitet: Der | |
kubanische Dramatiker und Organisator des eigentlich für den 15. November | |
geplanten „friedlichen Marschs für den Wandel“ rechnete mit Festnahme, mit | |
Gefängnis, mit einem Prozess. Darauf, komplett isoliert, abgenabelt und | |
angefeindet zu werden, war er nicht vorbereitet. | |
Einen Tag vor dem „15N“, bereits am Sonntag, hatte er allein, in weiß | |
gekleidet und mit einer weißen Rose in der Hand, durch Havanna laufen | |
wollen. Doch seine Straße war abgeriegelt, vor seiner Haustür defilierten | |
Dutzende Zivilisten und zivil gekleidete Mitarbeiter der Staatssicherheit | |
und verhinderten, dass er das Haus verließ. Ein Foto von ihm am Fenster | |
wurde jetzt schon ikonisch – aufgenommen, bevor die Behörden sein Fenster | |
mit kubanischen Fahnen bedeckten. So ähnlich ging es den meisten bekannten | |
Aktivist*innen, und auch auf den zentralen Plätzen waren vor allem | |
Sicherheitskräfte in Uniform und in zivil präsent – [2][kaum jemand traute | |
sich so zu demonstrieren]. | |
Von jeglicher Kommunikation abgeschnitten, in der eigenen Wohnung gefangen, | |
umgeben von Menschen, die ihn an der eigenen Haustür als Konterrevolutionär | |
beschimpfen, das war zu viel für den 39-jährigen Dramatiker. Da stieg in | |
ihm zum ersten Mal die Angst auf, dass die kubanischen Polizeipsychologen | |
ihn genau analysiert hatten, dass sie wussten wie sie ihn klein kriegen | |
könnten: Ihn verstummen lassen, ihm seiner einzigen Waffe berauben: dem | |
Wort. | |
Am Sonntag, den 14. November, sei ihm diese Angst zum ersten Mal | |
aufgestiegen so García Aguilera in einem [3][Interview] mit dem kubanischen | |
Kinoregisseur Ian Padron – wenige Stunden, nachdem er zusammen mit seiner | |
Frau in Madrid gelandet war. | |
## Weitermachen – aber von außen | |
Angefragt hatte er bereits ein paar Tage zuvor in der spanischen Botschaft, | |
wo die beiden Touristenvisa am Montag ausgestellt worden waren. Einen Tag | |
später, am Abend checkten Yunior García Aguilara und seine Frau Dayana | |
Prieto dann ein. | |
Ohne die Sonderbehandlung der spanischen Diplomaten hätte der Künstler, der | |
in Kubas Staatsmedien binnen weniger Wochen vom etablierten Künstler zum | |
„Politik-Lotsen im Dienste der USA“ mutiert war, kaum so schnell die Insel | |
verlassen können. Doch auch von kubanischer Seite, von den | |
Sicherheitskräften und den Grenzbeamten wurde das Paar offenbar ohne | |
Probleme durchgewunken. Nachvollziehbar, denn das offizielle Kuba scheint | |
froh, den unbequemen Theatermann los zu sein. | |
Regierungssprecher Humberto López postete wie zum Beweis ein Foto der | |
Abreise. Doch dieser Sieg und der Whisky, den die Verantwortlichen in Kuba | |
darauf trinken werden, sei eben nur das Ende eines Aktes, nicht des ganzen | |
Stückes, merkte Yunior García Aguilera im Interview kämpferisch an. | |
Priorität habe für ihn, die festgenommen Freunde freizubekommen, die mit | |
ihm gemeinsam die Facebook-Plattform [4][Archipiélago] auf die Beine | |
stellten und aktuell hielten. Das hat ihm und auch Archipiélago in Kuba | |
viel positive Resonanz eingebracht. Genauso die Tatsache, dass er erklärte, | |
keine Maschine zu sein und kein Märtyrer. Damit, so [5][Juan Elias | |
Navarro], einer der am 15. November in Santiago de Cuba auf die Straße | |
gehen wollte, sei keinem geholfen. Es sei richtig gewesen zugehen und von | |
draußen weiter zu machen. | |
Genau damit hat Yunior García Aguilera bereits angefangen. Bei einem | |
[6][Pressegespräch] in Madrid prangerte er das unter vielen Linken immer | |
noch positive Image der Insel an. Er habe sich selbst sein Leben lang als | |
Linken angesehen – die Machthaber auf der Insel seien hingegen konservative | |
Bürokraten, die eine Diktatur errichtet hätten. | |
18 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kulturaktivist-ueber-Demos-in-Kuba/!5806582 | |
[2] /Repressionen-gegen-Opposition-auf-Kuba/!5815385 | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=1pFFEf9Xs7U | |
[4] https://www.facebook.com/groups/870004956941838 | |
[5] /Kuba-vor-geplanten-Oppositionsdemos/!5811047 | |
[6] https://www.youtube.com/watch?v=-mKdzrT1VC0 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
## TAGS | |
Kuba | |
Opposition | |
Diktatur | |
Repression | |
Spanien | |
Kuba | |
Kuba | |
Kuba | |
Antiimperialismus | |
Kuba | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Covid-Impfstoff aus Kuba: Havanna wartet auf die WHO | |
Kuba setzt Impfstoffe aus eigener Produktion ein. Die funktionieren, wie | |
die Infektionszahlen zeigen. Doch die WHO hat die Vakzine nicht | |
registriert. | |
Unabhängiger Journalismus in Kuba: Auszeit vom Dauerarrest | |
Der Journalist Augusto César San Martín Albistur hat Verhöre durch die | |
kubanische Staatssicherheit hinter sich. In Berlin kann er Luft holen. | |
Repressionen gegen Opposition auf Kuba: Uniformierte kontrollieren Städte | |
Aktivist*innen hatten auf Kuba zum „Marsch für den friedlichen Wandel“ | |
aufgerufen. Viele wurden verhaftet oder ihr Internet abgestellt. | |
Demonstrationsverbote auf Kuba: Primitiver Antiimperialismus | |
Kubas Staatsmedien polemisieren gegen die fortschrittlichen Kräfte im Land. | |
Ausgerechnet Linke und Menschenrechtler stimmen mit ein. | |
Kulturaktivist über Demos in Kuba: „Ein Clan kontrolliert Kuba“ | |
Yunior García Aguilera hatte einen „friedlichen Marsch für den Wandel“ in | |
Kuba angemeldet. Der wurde verboten. Was bedeutet das? |