# taz.de -- Union Berlin trennt sich von Urs Fischer: Eisern, aber normal | |
> Trainer Urs Fischer und Union Berlin gehen getrennte Wege. Damit opfert | |
> der Tabellenletzte beim Kampf um den Klassenerhalt ein Stück Identität. | |
Bild: Liebling der Fans: Urs Fischer genießt Kultstatus bei den Fans von Union… | |
Es ist nichts Besonderes passiert drunten im Südosten Berlins, wo der 1. FC | |
Union Berlin beheimatet ist. Der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga | |
[1][hat sich von seinem Trainer getrennt]. Nach fünfeinhalb Jahren im Amt | |
beenden der Klub und Cheftrainer Urs Fischer die Zusammenarbeit. Es sei | |
eine „gemeinsame Entscheidung“ gewesen, die schon am Montag getroffen | |
worden sei. Am Mittwochvormittag wurde dann die Öffentlichkeit darüber | |
informiert, dass der Köpenicker Verein doch nichts anderes ist als ein | |
stinknormaler Bundesligaklub, bei dem der Trainer ersetzt wird, wenn der | |
sportliche Erfolg ausbleibt. | |
Es ist noch keine zwei Wochen her, da hat Union-Präsident Dirk Zingler via | |
Stadionmagazin hochoffiziell verkündet, [2][dass man Urs Fischer für den | |
Richtigen halte], wenn es darum geht, Union Berlin zum Klassenerhalt zu | |
verhelfen. Auch das gehört zur Normalität im Bundesligabusiness: Auf ein | |
Treuebekenntnis folgt beinahe unweigerlich die Trennung vom Trainer. Auch | |
hier ist Union Berlin in der Normalität angekommen. | |
Und nicht einmal die Art der Trennung, die als einvernehmlich bezeichnet | |
wird, ist etwas Besonderes. Als sich vor zwei Wochen der FSV Mainz 05 von | |
Bo Svensson getrennt hat, da seien sich Klub und Trainer auch einig | |
gewesen, dass es besser für die Zukunft des Klubs sei, getrennte Wege zu | |
gehen. Svensson, der Mainz nach seinem Amtsantritt vom 17. Platz zum | |
souveränen Klassenerhalt geführt hat, ist wie Fischer eine | |
Identifikationsfigur bei den Fans gewesen. So einen schmeißt man nicht | |
einfach raus, man einigt sich auf eine Trennung. | |
Seit dem 1. Juli 2018 war Fischer Trainer in Köpenick und hat die | |
Mannschaft von einem Wunder zum nächsten geführt. Dem Aufstieg in die Erste | |
Liga folgte der Klassenerhalt, die Qualifikation für die Uefa Conference | |
League, die Teilnahme an der Europa League und schließlich in der Vorsaison | |
[3][die Qualifikation für die Champions League]. Es wurde viel geweint im | |
Stadion an der Alten Försterei und in ganz Köpenick. | |
## Heimat der Fußballromantik | |
Und anderswo in der Republik kehrte der Glaube an das Gute im Fußball | |
zurück, weil dieser Klub aus dem Osten Berlins den Beweis anzutreten | |
schien, dass es eben doch möglich ist, mit ehrlicher Arbeit auch mal gegen | |
Investoren- und Konzernklubs bestehen zu können. Dabei wurden Fans und Klub | |
nicht müde zu betonen, dass der natürliche Platz des Klubs im deutschen | |
Fußballgefüge nicht ganz oben ist, dass es auch mal wieder nach unten gehen | |
kann. Die Fußballromantik hatte in Köpenick ihre Heimat gefunden. | |
Auch deshalb haben viele Fans das Treueversprechen von Präsident Zingler | |
für Fischer nicht als leeres Gerede empfunden. Sie haben daran geglaubt, | |
Teil eines besonderen Projekts zu sein. Nun mussten sie mitansehen, wie | |
ihr Klub mit zunehmendem sportlichen Erfolg immer normaler geworden ist. | |
Nachdem die Qualifikation zur Champions League erreicht war, freute sich | |
die eiserne Gemeinde noch über die Verpflichtung des Nationalspielers Robin | |
Gosens und des italienischen Altinternationalen Leonardo Bonucci. Sie | |
nahmen billigend in Kauf, dass der Klub damit sein bewährtes Transferschema | |
aufgegeben hat, bei dem es in erster Linie darum gegangen war, günstig | |
Spieler anzuwerben, die sich in Urs Fischers Defensiv- und | |
Umschaltphiliosophie einfügen lassen. | |
Union, der klubgewordene Underdog, der nie zu denen da oben gehören wollte, | |
legte mit einem Mal das handelsübliche Verhalten eines Klubs an den Tag, | |
der alles darauf ausrichtet, wieder um die Qualifikation für einen | |
europäischen Wettbewerb mitzuspielen. | |
[4][Nach 14 sieglosen Spielen], von denen 13 verloren gegangen sind, wird | |
daraus wohl nichts. Es geht ums Überleben in der Liga. Dem Ziel wird nun | |
alles untergeordnet. Irgendein Trainer soll jetzt die Wende schaffen. Wer | |
auch immer auf den interimsmäßig beförderten U19-Trainer Marco Grote und | |
dessen Co-Trainerin Marie-Louise Eta folgen wird, er wird wissen, dass von | |
ihm der Klassenerhalt erwartet wird. Und er wird sich nicht wundern, wenn | |
man sich von ihm trennt, sollte dieses Ziel akut gefährdet sein. So ist das | |
eben, in der Fußballnormalität, in der Union nun angekommen ist. | |
15 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.fc-union-berlin.de/de/union-live/news/profis/Urs-Fischer-und-Un… | |
[2] /Historiker-Kowalczuk-ueber-Union-Berlin/!5968004 | |
[3] /Union-Berlin-in-der-Champions-League/!5968111 | |
[4] /Negativlauf-von-Union-Berlin/!5968222 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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